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Text des Urteils
7(4) Sa 702/07;
Verkündet am: 
 29.03.2011
LAG Landesarbeitsgericht
 

Nürnberg
Vorinstanzen:
29.03.2011
Arbeitsgericht
Würzburg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Verjährung wird auch dann gehemmt, wenn für nachfolgenden Prozess gegen den Streitverkündeten ein anderer Rechtsweg eröffnet ist
Leitsatz des Gerichts:
§ 204 Absatz 1 Nr. 6 BGB

Die Verjährung wird auch dann gehemmt, wenn für den nachfolgenden Prozess gegen den Streitverkündeten ein anderer Rechtsweg eröffnet ist.
In dem Rechtsstreit
H…-J… D… als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma B… Bank AG
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte/r:
Rechtsanwälte D…, M…& Partner

gegen
1. T… J…
2. O… S…
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte zu 1:
Rechtsanwälte F…
Prozessbevollmächtigte zu 2:
Rechtsanwälte K…

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 08. November 2010 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Weißenfels und die ehrenamtlichen Richter Bengel und Beer für Recht erkannt:

1. Die Klage gegen den Beklagten zu 2 wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt – vorbehaltlich der Regelung in Ziffer 3 des Vergleichs vom 07.02.2011 zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 – die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche.

Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der B… Bank in D… (i.F. Schuldnerin).

Der Beklagte zu 1 war vom 01.07.1998 bis 31.01.2002 bei der Schuldnerin beschäftigt. Er war Leiter der Wertpapierabteilung und als „Betreuer vermögender Kunden bzw. Depotverwalter“ tätig. Im Dezember 1998 wurde ihm Prokura verliehen.

Der Beklagte zu 2 war vom 01.04.1999 bis 30.06.2002 bei der Schuldnerin als „Betreuer vermögender Kunden“ beschäftigt.

Verschiedene Kunden betrieben bei der Schuldnerin Vermögensbildung, indem sie Geld in Wertpapierdepots anlegten. Zu diesem Zweck eröffneten sie bei der Schuldnerin neben dem Wertpapierdepot sog. Pluskonten. Über diese Konten wurden die Geldbewegungen (Zinsen, Ausschüttungen usw.) bezüglich der Wertpapierdepots abgewickelt. Die Konten wurden als Kontokorrentkonto geführt. Der jeweilige Kunde und die Schuldnerin schlossen darüber hinaus einen Vermögensverwaltungsvertrag. Danach war die Schuldnerin berechtigt, die Vermögenswerte nach eigenem Ermessen ohne vorherige Weisungen zu verwalten. In Ziffer 1 des Vermögensverwaltungsvertrags heißt es:

„Die Vermögensverwaltung erfolgt grundsätzlich auf Guthabenbasis. Eine kurzfristige Kontoüberziehung ist möglich, insbesondere bei Überschneidungen von Buchungen.“

Unter den Kunden, die in dieser Weise mit der Schuldnerin Geschäftsbeziehungen hatten, befanden sich Frau A… E…, Frau K… M…, Herr J… O…, Frau R… R…, Frau C… Z…, Frau E… R…, Frau und Herr R… und J… S…, Herr K… W… sowie Herr W… B…. Die Kunden wurden von der Firma O…, dort von Herrn E…, betreut. Die Firma O… GmbH – Beratungsgesellschaft für professionelle Kapitalanlagen, hatte mit der Schuldnerin einen Repräsentantenvertrag abgeschlossen, wonach sie damit betraut war, für die Schuldnerin Geschäfte zu vermitteln.

Dem Beklagten zu 2 war für den Zugang zur EDV die Bedienernummer xxxx zugewiesen.

Für die genannten Kunden wurden im Zeitraum 24.03.1999 bis 23.07.2000 Wertpapiere gekauft. Die Konten der Kunden befanden sich zum Zeitpunkt des Ankaufs entweder im Minus oder gerieten durch den Ankauf ins Minus.

Die angekauften Papiere verloren in der Folgezeit an Wert. Soweit die Papiere verkauft wurden, wurde der Verlust realisiert.

Mit Beschluss vom 15.07.2003 eröffnete das Amtsgericht D… mit Wirkung zum 16.07.2003 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren. Zu diesem Zeitpunkt wiesen die Pluskonten der genannten Kunden ein Sollsaldo in unterschiedlicher Höhe aus.

Der Kläger versuchte, die Kunden gerichtlich zum Ausgleich der Pluskonten verpflichten zu lassen. In den jeweiligen Verfahren verkündete der Kläger den Beklagten den Streit. Die Schriftsätze, mit denen der Kläger dem Beklagten zu 2 in den Verfahren gegen die o.g. Kunden den Streit verkündete, gingen am 30.12.2004 beim Landgericht Regensburg ein und wurden dem Beklagten zu 2 im Januar 2005 zugestellt.

Die Klagen gegen die Kunden wurden allesamt abgewiesen.

Der Kläger erhob am 02.12.2005 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Würzburg und nimmt die Beklagten wegen der nicht ausgeglichenen Konten in Anspruch.

Das Erstgericht wies die Klage mit Urteil vom 10.05.2007 ab. Zur Begründung führte es aus, die Ansprüche seien verjährt.

Das Urteil wurde dem Kläger am 01.10.2007 zugestellt.

Der Kläger legte gegen das Urteil am 30.10.2007 Berufung ein und begründete sie am 24.12.2007. Die Berufungsbegründungsfrist war bis 02.01.2008 verlängert worden.

Der Kläger trägt vor, bei der Schuldnerin habe es eine „Arbeitsanweisung Wertpapierkredite (Pluskonto)“ gegeben. Wegen des Inhalts wird auf die vorgelegte Kopie Bezug genommen (Bl. 111 d.A.). Außerdem habe die Schuldnerin eine Arbeitsanweisung mit der Ordnungsnummer xxxxx70 „Depotgeschäft“ erstellt gehabt. In der Fassung vom 16.04.1999 sei unter Punkt 2. „Beratung und Handel“ geregelt. Unter 2.5.1 (Orderannahme) heiße es beim 5. Spiegelstrich: “Prüfung der Kontodeckung bei Käufen“.

In einer weiteren Arbeitsanweisung mit der Ordnungsnummer xxxxx80 vom 22.4.1999 bezüglich des „Depotgeschäfts über die D… A… B… (DAB)“ sei in Punkt 1 der „Markt“ geregelt. Unter 1.3.4 sei ausgeführt: „Prüfung der Kontodeckung bei Käufen in Zusammenarbeit mit der DAB“.

Der Kläger führt aus, bei der Schuldnerin habe ein Bankprogramm „nbs“ bestanden. Dieses habe dem Nutzer die Abfrage des aktuellen Saldos sowie des vorhandenen Limits ermöglicht. Die Beklagten hätten die Kompetenz für das Einrichten und Freigeben von Konten besessen.

Der Kläger macht geltend, die Beklagten hätten unter Missachtung jeglicher Sorgfaltspflichten die Vermögensbetreuung der Kunden ausgeführt und unkontrolliert ohne Berücksichtigung der Kontostände und der Verursachung von Sollständen „blind“ Aktiengeschäfte, vorwiegend im „Neuen Markt“, getätigt.

Der Kläger trägt vor, der Leiter der Kreditabteilung, Herr H…, habe wegen der Überschreitung der genehmigten Kreditlinien im Zusammenhang mit dem Wertpapier- und Depotgeschäft stets mit dem Beklagten zu 1 Rücksprache gehalten und dabei regelmäßig die Auskunft erhalten, der Kontoausgleich sei angesichts eines bereits ausgelösten Wertpapierverkaufsauftrags zu erwarten. Ab Frühjahr 1999 sei die Bearbeitung der Überziehungslisten bezüglich der Pluskonten vollständig in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu 1 gelegt worden.

Der Kläger hat den mit Schriftsatz vom 21.12.2007 gestellten Antrag in Ziffer 2 um 14.434,44 € und in Ziffer 3 um 20.949,72 € zurückgenommen.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 10.05.2007, Az. 8 Ca 2823/05, wird aufgehoben.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger EUR 38.589,04 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Der Beklagte zu 1 wird verurteilt, an den Kläger weitere EUR 42.867,63 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner dem Kläger den Wertverlust aus folgenden Wertpapier-Käufen zu erstatten haben:


5. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1 darüber hinaus dem Kläger den Wertverlust aus folgenden Wertpapier-Käufen zu erstatten hat:


Der Beklagte zu 1 beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte zu 2 beantragt:

Die Berufung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Beklagte zu 2 wendet Verjährung ein.

Er trägt vor, er sei mit einer Vielzahl von Aufgaben befasst gewesen, die in gleicher Weise auch durch seinen Arbeitskollegen Herrn J… L… oder Frau M… G… erledigt worden seien. Der Beklagte zu 2 macht geltend, er sei für die in der Anlage K 6 zusammengestellten Verluste nicht verantwortlich. Die dort aufgeführten Wertpapiertransaktionen seien nicht von ihm getätigt worden. Teilweise seien die Orders auf telefonische Veranlassung des Repräsentanten E… arbeitsteilig auf Zuruf der Arbeitskollegen von ihm in die EDV eingepflegt worden. Die Order seien auf Kopien erfasst worden, die für die Mitarbeiter der Wertpapierabteilung gefertigt worden seien. Im Vorfeld der online-Transaktionen seien diese mit dem Direktkunden bzw. Repräsentanten abgestimmt worden. Dann sei eine Liste mit allen Kunden einer bestimmten Aktie in der EDV aufgerufen und auf Zuruf abgearbeitet worden. Er habe im Zeitpunkt des Depotaufrufs davon ausgehen können, dass die vertraglichen Grundlagen ordnungsgemäß geregelt bzw. die Konten gedeckt gewesen seien bzw. die Überziehung des Kontos dem Willen der Schuldnerin entsprochen habe.

Der Beklagte zu 2 führt aus, sobald eine Wertpapiertransaktion durch Eingabe in der EDV ausgelöst worden sei, sei die konkrete Order auf die im Drucker vorrätigen und bereits mit kopierter Unterschrift und Stempel versehenen Kopiervorlagen aufgedruckt worden.

Der Beklagte zu 2 macht geltend, er habe nach den Vorgaben und Arbeitsanweisungen der Vorstandschaft und seiner Vorgesetzten gearbeitet. Bereits beim Vorstellungsgespräch sei ihm seitens des Vorstands der Schuldnerin, Herrn F… S…, erklärt worden, dass die B…-Repräsentanten als Anlageberater ihrer vermögenden Kunden tätig würden und im Auftrag ihrer Kunden Wertpapiergeschäfte und Vermögensverwaltung bei der Schuldnerin fernmündlich tätigten. Er trägt vor, ihnen sei aufgegeben worden, den fernmündlichen Anweisungen der Anlageberater hinsichtlich gewünschter Börsengeschäfte Folge zu leisten. Insbesondere hätten deren Orders telefonisch entgegengenommen, EDV-technisch erfasst und an andere Mitarbeiter der Schuldnerin weitergeleitet werden sollen, wo die Orders auf Plausibilität und Vollständigkeit hätten überprüft werden sollen. Den Mitarbeitern sei durch Herrn S… aufgegeben worden, den Weisungen des Herrn E… bzw. anderer B…-Repräsentanten Folge zu leisten. Mehrfach sei den Mitarbeitern von Vorgesetzten bzw. der Vorstandschaft erklärt worden, die B…-Bank verfüge über kein bundesweites Netz von Filialen, die Filialen der B…-Bank seien ihre Repräsentanten.

Der Beklagte zu 2 führt aus, die Sollstände und wachsenden Belastungen der gegenständlichen Konten seien jeweils aktuell bekannt gewesen. Die Kontenentwicklung sei an jedem Geschäftstag durch die Schuldnerin gebilligt worden. Die Schuldnerin habe täglich die ins Minus geratenen Konten auf Rückführungsnotwendigkeit überprüft. Weder die Kreditabteilung noch die Innenrevision oder der Vorstand, die allesamt Kenntnis von den Wertpapiertransaktionen ohne Kontendeckung gehabt hätten, hätten interveniert. Der Leiter der Kreditabteilung, Herr H…, habe täglich auf den Saldenlisten bestätigen sollen, dass die Kontoüberziehung durch das Kreditinstitut akzeptiert werde, bzw. intervenieren sollen, wenn er die Sollstände für rückführungswürdig erachtete.

Der Beklagte zu 2 trägt vor, Herrn S… seien die gegenständlichen Sollstände regelmäßig zur Einsicht und Stellungnahme vorgelegt worden; sie seien gegenüber dem Leiter der Kreditabteilung nicht beanstandet worden. Ende 1999 habe sich deshalb Herr H… geweigert, für die Überziehungen der Kunden des Repräsentanten E… weiter zu zeichnen. Herr S… habe ihm dann die Bearbeitung und Verantwortung bezüglich der Kunden des Herrn E… entzogen und auf den Beklagten zu 1 übertragen.

Der Beklagte zu 2 führt aus, Herr E… habe bei sich abzeichnenden Kursverlusten entgegen den Ratschlägen der Wertpapierabteilung keine Verkaufsorders erteilt. Er sei eher geneigt gewesen, in fallende Kurse einzukaufen, um durch von ihm erwartete positive Börsengegenbewegungen Gewinne zu generieren. Herr E… habe bevorzugt und mit großer Vorliebe für seine Kunden mit hochspekulativen Aktien gehandelt.

Der Beklagte zu 2 macht geltend, die Vermögensverwaltungsverträge seien ihm nicht bekannt gewesen.

Gemäß Beweisbeschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 08.11.2010 (Bl. 572/573 d.A.) sind Frau S… G…, Herr M… H…, Herr F… S… und Herr J… L… uneidlich als Zeugen vernommen worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 08.11.2010 Bezug genommen (Bl. 573 bis 582 d.A.).

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 ist am 07.02.2011 ein Vergleich zustande gekommen. Wegen des Inhalts, insbesondere der Kostenregelung in Ziffer 3, wird auf das Protokoll gemäß § 278 Absatz 6 ZPO (Bl. 617 d.A.) Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig.

Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1, Absatz 2 Nr. 4 ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Absatz 6, 66 Absatz 1 Satz 1 und 2 ArbGG iVm §§ 519, 520 ZPO.

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Erstgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Allerdings ist die geltend gemachte Forderung nicht verjährt.

Wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, beträgt die Verjährung für die streitgegenständlichen Ansprüche gemäß Art. 229 § 6 Absatz 4 EGBGB iVm § 195 BGB n.F. drei Jahre und begann am 01.01.2002. Insoweit wird auf die Ausführungen des Erstgerichts Bezug genommen, § 69 Absatz 2 ArbGG. Der Kläger hat die diesbezüglichen Urteilsgründe nicht beanstandet.

Die Verjährung ist indes gemäß § 204 Absatz 1 Nr. 6 BGB gehemmt worden. Der Kläger hat dem Beklagten zu 2 in den Verfahren gegen Frau A… E…, Frau K… M…, Herrn J… O…, Frau R… R…, Frau C… Z…, Frau E… R…, Frau und Herrn R… und J… S…, Herrn K… W… sowie Herrn W… B… jeweils mit Schriftsatz vom 30.12.2004 den Streit verkündet. Diese Schriftsätze gingen, wie sich aus der Auskunft des Landgerichts Regenburg ergibt, am 30.12.2004, also vor Ablauf der Verjährungsfrist, beim Landgericht Regensburg ein. Die Zustellung der Schriftsätze an den Beklagten zu 2 erfolgte zwar erst im Januar 2005. Die Zustellung im Januar wirkt indes auf den Tag des Eingangs beim Landgericht Regensburg zurück, vgl. § 167 ZPO.

Der Hemmung der Verjährung steht nicht die Rechtsansicht entgegen, die Interventionswirkung einer Streitverkündung könne dann nicht eingreifen, wenn für den Prozess gegen den Streitverkündeten ein anderer Rechtsweg eröffnet sei. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.06.1993 (VIII 222/92 = BGHZ 123/44 und NJW 1993/2539). In dieser Entscheidung setzt sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinander, ob die Interventionswirkung gemäß §§ 74, 68 ZPO rechtswegübergreifend eintritt, was verneint wird. Zur Verjährung hat sich der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung indes nicht geäußert.

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts hemmt die Streitverkündung die Verjährung auch dann, wenn für den Rechtsstreit gegen den Streitverkündeten ein anderer Rechtsweg gegeben ist.

Dies folgt zum einen aus der eindeutigen Regelung der Norm, die insoweit nicht differenziert.

Zum anderen ist die Frage, ob die Interventionswirkung des § 68 ZPO rechtswegübergreifend erfolgen kann, von der zu unterscheiden, ob eine (zulässige) Streitverkündung die Verjährung unterbricht. Ob § 68 ZPO in einem späteren Prozess gegen den Streitverkündeten anzuwenden ist, ist für den Umfang der Prüfungspflicht des nachfolgenden Gerichts von Bedeutung. Dagegen geht es bei der Frage der Verjährung darum, ob der Kläger, um die Verjährung zu hemmen, gemäß § 204 Absatz 1 Nr. 1 alle potentiellen Anspruchsgegner klageweise in Anspruch zu nehmen hat. Die Ablehnung der Interventionswirkung wird damit begründet, dass, ließe man eine Bindungswirkung zu, die Parteien den speziellen Ausgestaltungen des für sie gegebenen Verfahrens entzogen werden könnten. Dieser Gesichtspunkt ist bei der Frage, ob der Anspruch verjährt, unerheblich.

Die Hemmung der Verjährung endete frühestens mit Ablauf des 19.12.2005, vgl. § 204 Absatz 2 Satz 1 BGB. Die Urteile, mit denen das Landgericht Regensburg die Klagen gegen die Kunden abgewiesen hat, wurden am 19.05.2005 verkündet. Rechtskraft trat somit frühestens am 19.06.2005 ein. Die vorliegende Klage wurde am 02.12.2005 eingereicht.

Von den ursprünglich gegen den Beklagten zu 2 erhobenen Ansprüchen waren zu diesem Zeitpunkt nur die Forderungen bereits verjährt, die sich auf den Kunden F… M… bezogen. Insoweit ist die Klage zurückgenommen worden.

Soweit die geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt sind, ist die Klage gegen den Beklagten zu 2 gleichwohl unbegründet.

Der Beklagte zu 2 ist nicht verpflichtet, den der Schuldnerin entstandenen Schaden zu ersetzen, §§ 611, 241 Absatz 2, 254 BGB.

Allerdings geht das erkennende Gericht davon aus, dass der Beklagte zu 2 seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat. Er hat jedenfalls für die Kunden Frau A… E…, Frau K… M…, Frau C… Z…, Frau E… R…, Herrn K… W… sowie Herrn W… B… Wertpapiere angekauft, obwohl deren Pluskonto nicht die erforderliche Deckung aufwies.

Dies ergibt sich aus der als Anlage BK 2 (Bl. 280 d.A.) vorgelegten Aufstellung des Klägers in Verbindung mit der Anlage K 9 (Bl. 43 ff d.A.) und dem Ergebnis der Beweisaufnahme.

Die Aufstellung BK 2 enthält den jeweiligen Kunden, das Kaufdatum, das angekaufte Wertpapier und den Kontostand nach dem Ankauf.

Der Beklagte zu 2 bestreitet zwar, dass er die Ankäufe durchgeführt hat. Die vom Kläger als Anlage K 9 zum Schriftsatz vom 02.12.2005 vorgelegten Ordererfassungen belegen indes, dass für die Kunden Frau A… E…, Frau K… M…, Frau C… Z…, Frau E… R…, Herrn K… W… sowie Herrn W… B… unter der Bedienernummer des Beklagten zu 2, xxxx, Order ausgelöst wurden.

Der Beklagte zu 2 macht zwar insoweit geltend, es habe jeder unter seiner Bedienernummer Order auslösen können. Es widerspricht indes dem Ergebnis der Beweisaufnahme, dass die Mitarbeiter nicht an ihrem, sondern am Arbeitsplatz eines Kollegen gearbeitet haben. Insbesondere lässt sich dies weder der Aussage der Zeugin G… noch der des Zeugen L… entnehmen.

Der Beklagte zu 2 hat es bei den genannten Kunden unterlassen, vor dem Kauf der Wertpapiere eine Prüfung der Kontodeckung vorzunehmen. Er hat nicht kontrolliert, ob die Konten der Kunden ein ausreichendes Guthaben aufwiesen bzw. ob eine entsprechende Kreditlinie eingeräumt war. Dies bestätigt der Beklagte zu 2 mit seinem eigenen Vorbringen.

Der Beklagte zu 2 wäre indes verpflichtet gewesen, eine derartige Prüfung vorzunehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob ihm die Verträge mit den Kunden und die Arbeitsanweisungen bekannt gewesen sind.

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts entspricht es der sorgfältigen Ausführung der Tätigkeit eines Bankangestellten, der in der Wertpapierabteilung eingesetzt ist, die genannten Parameter abzufragen, da davon auszugehen ist, dass nicht die Bank das Risiko einer Spekulation tragen wollte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach dem eigenen Sachvortrag des Beklagten zu 2 Herr E… bevorzugt und mit großer Vorliebe für seine Kunden mit hochspekulativen Aktien handelte. Die Entwicklung der angekauften Wertpapiere war daher noch weniger vorhersehbar als in anderen Fällen und für die Schuldnerin hoch riskant.

Danach liegt ein Verhalten des Beklagten zu 2 vor, das grundsätzlich geeignet ist, einen Haftungstatbestand zu begründen.

Allerdings wäre dem Beklagten zu 2 kein Vorwurf zu machen, wenn er anweisungsgemäß gehandelt hätte, insbesondere wenn, wie er darstellt, Herr S… die Anweisung erteilt hätte, den Weisungen des Herrn E… und anderer Repräsentanten Folge zu leisten.

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts erscheint dies zwar nicht ausgeschlossen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass es offensichtlich bei den vom Beklagten zu 2 betreuten Direktkunden keinen Fall gegeben hat, in dem der Beklagte zu 2 Wertpapiere ohne Deckung angekauft hat. Der vom Kläger geltend gemachte Schaden ist vielmehr nur bei den Kunden des Herrn E… entstanden.

Es ist dem Beklagten zu 2 aber nicht gelungen, das Gericht von der Richtigkeit seines Vorbringens zu überzeugen. Weder Frau G… noch Herr S…, die hierzu als Zeugen vernommen worden sind, haben den Sachvortrag des Beklagten zu 2 bestätigt. Die Zeugin G… hatte ihren Bekundungen nach nichts weiter mit den Repräsentanten zu tun, so dass etwaige Anweisungen sie nicht betrafen.

Die Aussagen des Zeugen S… hierzu blieben schwammig. So verneinte er die ausdrückliche Frage des Klägervertreters, ob es eine konkrete Anweisung an die Mitarbeiter gab, die Anweisungen des Herrn E… auszuführen. Nach den Aussagen des Zeugen S… kam die Initiative zum Ankauf einer Aktie zwar von Herrn E…, die Entscheidung, zu kaufen oder nicht zu kaufen, lag nach den Bekundungen des Zeugen S… indes in den Händen der Bank bzw. deren Mitarbeiter.

Gleichwohl hat der Beklagte zu 2 für den entstandenen Schaden nicht einzustehen.

Bei der Frage, ob und in welchem Umfang der Beklagte zu 2 haftbar gemacht werden kann, sind die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Haftungsgrundsätze heranzuziehen, wonach unter analoger Anwendung des § 254 BGB zu prüfen ist, inwieweit der eingetretene Schaden dem betreffenden Arbeitnehmer zuzurechnen ist. Maßgebend ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass der Arbeitgeber die tatsächliche Organisations- und Personalhoheit besitzt, insbesondere den Arbeitnehmer, der aufgrund des dem Arbeitgeber zustehenden Weisungsrechts persönlich abhängig ist, anweisen kann, die ihm obliegenden Aufgaben in einer bestimmten Art und Weise durchzuführen. Dies rechtfertigt es, dem Arbeitgeber auch das Organisationsrisiko als Element des allgemeinen Unternehmensrisikos aufzubürden. Der Arbeitgeber stellt den Betrieb mit der von ihm vorgegebenen Organisation zur Verfügung. Damit kann er den Arbeitsprozess organisatorisch und technisch steuern. Der Arbeitgeber kann den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs eigenverantwortlich bestimmen, die Betriebsorganisation nach seinen Plänen und Bedürfnissen gestalten und auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers einwirken (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. Bundesarbeitsgericht – Großer Senat – Vorlagebeschluss vom 12.06.1992 – 1/89 = BAGE 70/337 und NZA 1993/547).

Bei Anwendung dieser Grundsätze kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass der entstandene Schaden vorwiegend von der Schuldnerin selbst verursacht worden ist.

Der Schuldnerin war bekannt, dass der Ankauf von Wertpapieren bei Kunden von Herrn E… dazu führte, dass Konten in den Sollstand gerieten, obwohl, wie der Kläger vorträgt, die Vermögensverwaltung nach den Vermögensverwaltungsverträgen, die mit den Kunden geschlossen wurden, grundsätzlich auf Guthabenbasis erfolgte und eine Kontoüberziehung (nur) kurzfristig, insbesondere bei Überschneidungen von Buchungen möglich war. Das Gericht folgt insoweit dem Vorbringen des Beklagten zu 2, wonach die Sollstände und wachsenden Belastungen der gegenständlichen Konten dem Vorstand jeweils aktuell bekannt gewesen sind. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist es von der Richtigkeit dieses Sachvortrags überzeugt.

Frau G… und Herr L… konnten hierzu zwar nichts Wesentliches aussagen. Aus den Bekundungen des Zeugen H… ergibt sich indes ohne Zweifel, dass täglich Listen bezüglich überzogener Konten angefertigt wurden, von denen zumindest der Zeuge S… sowie der Beklagte zu 1 nicht nur Kenntnis hatten, sondern die Gegenstand von Besprechungen zwischen den genannten Personen waren. Der Zeuge H… war seinerzeit Leiter der Kreditabteilung und daher unmittelbar mit den überzogenen Konten befasst. Der Zeuge konnte sich zwar nicht an alle Einzelheiten erinnern. Insbesondere bereitete ihm die zeitliche Einordnung Schwierigkeiten. Dies ist angesichts der Zeit, die mittlerweile verstrichen ist, indes nichts Außergewöhnliches und stellt die Zuverlässigkeit seiner inhaltlichen Aussagen im Übrigen nicht in Frage.

Hier ist vor allem seine Aussage von Bedeutung, wonach er es nicht mehr verantworten konnte und wollte, die Depotkonten zu disponieren, weil ihm der Überblick über Zahlungseingänge und -ausgänge fehlte, er dies Herrn S… mitteilte und dieser die Zuständigkeit für die Depotkunden auf den Beklagten zu 1 übertrug.

Hieraus ergibt sich vor allem, dass Herr S… als Vorstandsmitglied von den überzogenen Konten Kenntnis hatte und hätte einschreiten können. Dies folgt im Übrigen auch aus der Aussage des Zeugen S… selbst, Kontoüberziehungen seien im Nachhinein von ihm, dem Zeugen H… oder dem Beklagten zu 2 disponiert, also genehmigt worden.

Trotz dieser Kenntnis hat die Schuldnerin von der ihr zustehenden Weisungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht. Insbesondere hat sie es unterlassen, durch entsprechende Weisungen den Ankauf von Wertpapieren ohne Prüfung der Konten zu unterbinden. Durch die nachträgliche Genehmigung von Überziehungen hat sie vielmehr den Eindruck vermittelt, die Vorgehensweise gehe in Ordnung und werde gebilligt.

Dies mag seinen Grund darin gehabt haben, dass, wie der Zeuge H… bekundete, die Überziehungen kurzfristig waren, weil sie durch einen entsprechenden Geldzufluss wieder ausgeglichen wurden. So traten nach der Aussage des Zeugen H… in der Regel die Zahlungseingänge ein, die der Beklagte zu 1 diesbezüglich angekündigt hatte, d.h., das Risiko eines Geldverlusts realisierte sich somit nicht. Dies galt indes nicht mehr, nachdem der Wert der angekauften Papiere nachhaltig sank. Es wäre Sache der Schuldnerin gewesen, nunmehr eine klare gegenläufige Anweisung zu erteilen.

Dies ist nicht erfolgt.

Der Kläger führt zu Recht aus, der Beklagte zu 2 habe entgegen allgemein gültigen kaufmännischen Gepflogenheiten im Bankgeschäft Wertpapierkäufe ohne entsprechendes Guthaben auf den Kundenkonten getätigt, obwohl er es eigentlich besser gewusst habe. Angesichts des Verhaltens seiner Vorgesetzten, das offensichtlich von übersteigertem Optimismus bzw. dem Willen beseelt war, an den vermeintlich grenzenlosen Verdienstmöglichkeiten zu partizipieren, fällt das Versagen des Beklagten zu 2 nach Auffassung des erkennenden Gerichts indes nicht ins Gewicht, sondern der Schaden ist von der Schuldnerin allein zu verantworten.

Das Erstgericht hat somit die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung des Klägers bleibt erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Absatz 1, 100, 269 Absatz 2 Satz 2 ZPO. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger und der Beklagte zu 1 im Vergleich vom 07.02.2011 eine Kostenregelung getroffen haben.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 72 Absatz 2 ArbGG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben; auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Weißenfels Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Bengel ehrenamtlicher Richter Beer Ehrenamtlicher Richter
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