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Text des Beschlusses
2 W 19/11;
Verkündet am: 
 18.04.2011
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
4 O 1351/10
Landgericht
Halle;
Rechtskräftig: unbekannt!
Gegen die Zurückweisung eines Antrages auf Bewilligung einer Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nicht statthaft
Leitsatz des Gerichts:
1. Gegen die Zurückweisung eines Antrages auf Bewilligung einer Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nicht statthaft.

2. Ob das ablehnende Gericht seiner materiellen Prozessleitungspflicht gerecht geworden ist oder durch die Nichtberücksichtigung von Vorbringen einer Partei in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat, ist nicht in einem separaten Beschwerdeverfahren, sondern allenfalls im Zusammenhang mit der Hauptsache in einem Berufungsverfahren zu prüfen.
In dem Rechtsstreit
…

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Wiedemann als Einzelrichter am 18. April 2011 beschlossen:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 29. März 2011 wird verworfen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen; außergerichtliche Auslagen der Beteiligten werden nicht erstattet.



Gründe


A.

Die Klägerin betreibt in D. eine bzw. mehrere Photovoltaikanlagen und speist den dort erzeugten Strom in das Elektrizitätsnetz der Beklagten ein.

Die Parteien streiten um die Höhe der Vergütung der Stromeinspeisung nach den Vorschriften des EEG 2009.

Nach schriftlichem Vorverfahren hat das Landgericht am 3. März 2011 mündlich in der Sache verhandelt. Im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage hat die Klägerin einen Antrag auf Einräumung einer Schriftsatzfrist im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 22. Februar 2011 gestellt, dann zu diesem Schriftsatz in der Sache Stellung genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 3. März 2011 Bezug genommen. Am Schluss der Sitzung hat das Landgericht einen Termin zur Verkündung der Entscheidung für den 7. April 2011 festgesetzt, der inzwischen auf den 12. Mai 2011 verlegt worden ist.

Die Klägerin hat am Folgetag ihren Antrag auf Schriftsatznachlass wiederholt. Sodann hat sie mit Schriftsatz vom 15. März 2011 weiter vorgetragen. Mit gesondertem Beschluss vom 29. März 2011 hat das Landgericht den Antrag der Klägerin auf Schriftsatznachlass zurückgewiesen. Auf die Gründe der Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 1. April 2011 Beschwerde eingelegt, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

Es hat die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.


B.

I. Das Rechtsmittel der Klägerin ist schon unzulässig.

Nach § 567 Abs. 1 ZPO ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen die im ersten Rechtszuge ergangenen Entscheidungen des Landgerichts nur statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (Nr. 1) oder wenn ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen wird, für dessen Entscheidung eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist (Nr. 2). Beide Alternativen sind nicht erfüllt.

1. Die Frage, ob einer Prozesspartei eine Schriftsatzfrist für Erklärungen zum Vorbringen des Prozessgegners einzuräumen ist, ist in § 283 ZPO geregelt.

Eine Beschwerdemöglichkeit ist in dieser Vorschrift nicht bestimmt.

2. Durch den angefochtenen Beschluss wurde auch nicht ein Gesuch der Klägerin i.S. von § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückgewiesen.

a) In der Literatur wird – soweit ersichtlich – einhellig vertreten, dass eine Beschwerdemöglichkeit schon deshalb ausscheide, weil die Entscheidung stets eine mündliche Verhandlung voraussetzt und regelmäßig auch in mündlicher Verhandlung ergeht (vgl. Prütting in: MüKo-ZPO, 3. Aufl. 2008, § 283 Rn. 24; Foerste in: Musielak, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 283 Rn. 16; Leipold in: Stein-Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 283 Rn. 27 und Saenger in: HK-ZPO, 4.Aufl. 2011, § 283 Rn. 9; i.E. ebenso, jedoch ohne nähere Begründung Greger in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 283 Rn. 4b).

Dem schließt sich der erkennende Senat an.

Zwar ist hier das (zweite) Gesuch erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt worden, so dass tatsächlich eine mündliche Verhandlung über dieses Gesuch nicht stattgefunden hat. Für die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde kommt es jedoch auf die nach dem Gesetz grundsätzlich bestehende Erforderlichkeit einer vorherigen mündlichen Verhandlung an (vgl. nur Heßler in: Zöller, a.a.O., § 567 Rn. 30; Lipp in: MüKo-ZPO, a.a.O., § 567 Rn. 7). Diese Voraussetzung ist hier schon nach dem Wortlaut von § 283 ZPO gegeben, weil dem Gesuch die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit einer sofortigen Erklärung der Partei im Termin der mündlichen Verhandlung vorausgehen muss.

b) Das Recht einer Partei, eine Schriftsatzfrist zu beantragen, stellt auch kein das Verfahren betreffendes Gesuch dar, sondern ist Bestandteil der materiellen Prozessleitungspflicht des Gerichts.

Im materiellen Kern geht es um die Frage der Gewährleistung des Anspruchs der Partei auf rechtliches Gehör. Die mit der Beschwerde von der Klägerin geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Gericht ist allenfalls im Zusammenhang mit der Hauptsache in einem Berufungsverfahren zu überprüfen, nicht aber in einem separaten Beschwerdeverfahren (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss v. 10.11.2003, 4 W 99/03 – OLGR 2004, 198; ebenso Heßler, a.a.O., § 567 Rn. 33).

II. Nur ergänzend ist darauf zu verweisen, dass selbst ein statthaftes Rechtsmittel jedenfalls unbegründet gewesen wäre.

Das Gericht hat über eine Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO nach billigem Ermessen zu entscheiden. Ein Ermessensfehler des Landgerichts ist hier nicht ersichtlich.

1. Das Landgericht ist sich bewusst gewesen, eine Ermessensentscheidung treffen zu müssen; der Einzelrichter hat dieses Ermessen ausgeübt.

2. Das Landgericht ist in seiner Entscheidung von zutreffenden Entscheidungsgrundlagen in tatsächlicher Hinsicht ausgegangen.

Das gilt, soweit es darauf abgestellt hat, dass der Schriftsatz der Beklagten ganz überwiegend Rechtsansichten und solches tatsächliches Vorbringen enthalten hat, welches bereits Gegenstand vorgerichtlicher Korrespondenz und der Klageerwiderung der Beklagten gewesen ist. Das Landgericht hat zutreffend berücksichtigt, dass der Klägerin zehn Tage zur Reaktion zur Verfügung gestanden haben (22. Februar bis 3. März) und dass für den Beginn der Einlassungsmöglichkeit auf die Fax-Übersendung abzustellen ist, die eine inhaltliche Kenntnisnahme ermöglicht hat.

3. Die weiteren Erwägungen des Landgerichts sind sachbezogen und nicht willkürlich.

Das Landgericht hat zu Recht berücksichtigt, dass es der Klägerin freisteht, Rechtsansichten auch ohne Schriftsatzfrist nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu äußern. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Entscheidung des Landgerichts die Einschätzung zugrunde liegt, dass das tatsächliche Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 22. Februar 2011 eine überschaubare Tatfrage betrifft, mit der sich die Klägerin bereits im Rahmen der Schlüssigkeit ihrer Klageforderung auseinanderzusetzen hatte.
III. Abschließend ist die Klägerin darauf hinzuweisen, dass die Ablehnung ihres Gesuchs auf Einräumung einer Schriftsatzfrist lediglich dazu führt, dass das Gericht ihr neues tatsächliches Vorbringen nicht mehr berücksichtigen muss. Die Zurückweisung entbindet das Gericht jedoch nicht von der Pflicht, u.U. die Frage des Wiedereintritts in die mündliche Verhandlung zu prüfen.


C.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

gez. Wiedemann
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