Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Pressemitteilung
T-185/06;
T-186/06;
T-191/06;
T-192/06;
T-194/06;
T-195/06;
T-196/06;
T-197/06;
Verkündet am: 
 16.06.2011
EuG-1. Inst. Europäisches Gericht erster Instanz
 

Rechtskräftig: unbekannt!
In den Rechtssachen betreffend das Wasserstoffperoxid- und Natriumperborat-Kartell erklärt das Gericht die Entscheidung der Kommission für nichtig, soweit sie L’Air liquide und Edison betrifft
Leitsatz des Gerichts:
In den Rechtssachen betreffend das Wasserstoffperoxid- und Natriumperborat-Kartell erklärt das Gericht die Entscheidung der Kommission für nichtig, soweit sie L’Air liquide und Edison betrifft

Außerdem wird die Geldbuße gegen Solvay von ursprünglich 167,06 Millionen Euro auf 139,50 Millionen Euro herabgesetzt
Mit Entscheidung vom 3. Mai 20061 verhängte die Kommission gegen mehrere Gesellschaften für deren Beteiligung an einem Kartell auf dem Markt für Wasserstoffperoxid und Natriumperborat (Bleichmittel) Geldbußen in Höhe von insgesamt 388,13 Millionen Euro. Zu den mit einer Geldbuße belegten Unternehmen gehörten Edison und ihre damalige Tochtergesellschaft (Ausimont SpA, nunmehr Solvay Solexis), Solvay, FMC und ihre Tochtergesellschaft (FMC Foret) sowie SNIA und ihre Tochtergesellschaft (Caffaro). Die Beteiligung von L’Air liquide an dem Kartell hatte fünf Jahre vor den ersten Ermittlungsmaßnahmen der Kommission geendet. Daher wurde aufgrund der Verjährung gegen sie keine Geldbuße verhängt, sie gehörte aber gleichwohl zu den Adressaten der Entscheidung.

Das Kartell, das vom 31. Januar 1994 bis 31. Dezember 2000 dauerte, umfasste vor allem den Austausch vertraulicher Markt- und Unternehmensinformationen durch die Wettbewerber, die Einschränkung und Kontrolle der Produktion, die Aufteilung der Marktanteile und der Kunden sowie die Festsetzung und Überwachung der Preise.

Die betroffenen Gesellschaften haben beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission oder Herabsetzung ihrer jeweiligen Geldbuße erhoben.

Das Gericht erklärt die Entscheidung für nichtig, soweit sie L’Air liquide und Edison betrifft, da die Kommission zu den Gesichtspunkten, die diese Gesellschaften zur Widerlegung der Vermutung, dass sie einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer zu 100 % beherrschten Tochtergesellschaften ausübten, vorgetragen haben, nicht eindeutig Stellung genommen hat. Das Gericht weist darauf hin, dass sich die Verpflichtung der Kommission zur Begründung ihrer Entscheidung darüber eindeutig aus der Widerlegbarkeit dieser Vermutung ergibt, deren Widerlegung erforderte, dass die Muttergesellschaften den Beweis bezüglich sämtlicher wirtschaftlicher, organisatorischer und rechtlicher Verbindungen zu ihren jeweiligen Tochtergesellschaften erbringen.

Folglich wird die Entscheidung der Kommission für nichtig erklärt, soweit sie diese beiden Gesellschaften betrifft, was insbesondere zur Aufhebung der gegen Edison verhängten Geldbuße von 58,13 Millionen Euro führt. In Bezug auf L’Air liquide, gegen die keine Geldbuße festgesetzt worden ist, bewirkt die Entscheidung des Gerichts, dass die Feststellung der Beteiligung dieser Gesellschaft an der Zuwiderhandlung hinfällig wird.

In Bezug auf Solvay befindet das Gericht, dass die Kommission einen Beurteilungsfehler hinsichtlich des Zeitraums der Beteiligung des Unternehmens an der Zuwiderhandlung, der nach Auffassung der Kommission vom 31. Januar 1994 bis 31. Dezember 2000 dauerte, begangen hat. Die Beweismittel, über die die Kommission verfügt, stellen kein hinreichendes Indizienbündel dar, um ihre Feststellung zur Beteiligung von Solvay an der Zuwiderhandlung im Zeitraum vom 31. Januar 1994 bis Mai 1995 zu begründen. Folglich entscheidet das Gericht, die gegen Solvay verhängte Geldbuße herabzusetzen, um der kürzeren Dauer ihrer Beteiligung an dem Kartell Rechnung zu tragen.

Im Übrigen weist das Gericht das Vorbringen von Solvay zurück, dem zufolge ihr Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung2 als zu dem Zeitpunkt eingelegt gelten muss, in dem sie telefonisch Kontakt mit der Kommission aufgenommen und ein Treffen beantragt hat, um eine mündliche Erklärung abzugeben. Das Gericht weist darauf hin, dass das Unternehmen, um eine Herabsetzung der Geldbuße geltend machen zu können, Beweismittel liefern muss, die einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln darstellen, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz der Kommission befanden. Indem sich das Unternehmen entscheidet, die Informationen mündlich zu übermitteln, muss es daher das Risiko berücksichtigen, dass ein anderes Mitglied des Kartells der Kommission schriftlich und vor ihm solche Beweise zukommen lässt.

Überdies weist das Gericht darauf hin, dass Solvay aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit der Kommission im Lauf der Untersuchung eine Ermäßigung der Geldbuße um 10 % gewährt wurde. Das Gericht stellt jedoch fest, dass die Kommission zu Unrecht befunden hat, dass die von der Klägerin gelieferten Beweisstücke im Wesentlichen bestimmte von zwei anderen Mitgliedsunternehmen des Kartells schon mitgeteilte Angaben belegten. Das Gericht ist vor allem der Auffassung, dass die von Solvay übermittelten Informationen in der Entscheidung der Kommission in weitem Umfang verwendet worden sind und dass die Gesellschaft die Erste war, die Beweisstücke hinsichtlich einer Reihe von Zuwiderhandlungen beigebracht hat, die es der Kommission ermöglicht haben, bestimmte Hauptmerkmale des fraglichen Kartells festzustellen. Das Gericht entscheidet daher, die Solvay aufgrund ihrer Zusammenarbeit gewährte Ermäßigung der Geldbuße auf 20 % festzusetzen.

Folglich setzt das Gericht die Geldbuße von Solvay in Höhe von ursprünglich 167,06 Millionen Euro auf 139,50 Millionen Euro herab.

In Bezug auf die anderen betroffenen Gesellschaften weist das Gericht deren Vorbringen insgesamt zurück und entscheidet, die gegen sie verhängten Geldbußen aufrechtzuerhalten.


-----------------------------------------------------
1 Entscheidung K (2006) 1766 endg. vom 3. Mai 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F/38.620 – Wasserstoffperoxid und Perborat) (ABl. 2006, L 353, S. 54).
2 Gemäß der Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2002 über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3).

_____________________________________
HINWEIS: Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden.
HINWEIS: Eine Nichtigkeitsklage dient dazu, unionsrechtswidrige Handlungen der Unionsorgane für nichtig erklären zu lassen. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen von Mitgliedstaaten, Organen der Union oder Einzelnen beim Gerichtshof oder beim Gericht erhoben werden. Ist die Klage begründet, wird die Handlung für nichtig erklärt. Das betreffende Organ hat eine durch die Nichtigerklärung der Handlung etwa entstehende Regelungslücke zu schließen.
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).
       URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS ÜBER UNS IMPRESSUM