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Text des Urteils
5 Sa 884/10;
Verkündet am: 
 16.02.2011
LAG Landesarbeitsgericht
 

München
Vorinstanzen:
7 Ca 678/10
Arbeitsgericht
Augsburg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Satzung des Landesverbandes des Bayerischen Einzelhandels (jetzt: Handelsverband Bayern Der Einzelhandel e.V.) enthält für Tarifangelegenheiten eine klare und eindeutige Trennung der Befugnisse von Mitgliedern mit und ohne Tarifbindung
Leitsatz des Gerichts:
Art. 9 Abs. 3 GG

Die Satzung des Landesverbandes des Bayerischen Einzelhandels (jetzt: Handelsverband Bayern Der Einzelhandel e.V.) enthält für Tarifangelegenheiten eine klare und eindeutige Trennung der Befugnisse von Mitgliedern mit und ohne Tarifbindung.
In dem Rechtsstreit
A.
A-Straße, A-Stadt
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtssekretäre B.
B-Straße, B-Stadt

gegen
Firma E.
C-Straße, C-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D.
D-Straße, B-Stadt

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Wanhöfer und die ehrenamtlichen Richter Kießling und Balkheimer für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 16.07.2010 – Az. 7 Ca 678/10 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin ab 01.09.2009 einen Anspruch auf eine tarifliche Lohnerhöhung hat.

Die Klägerin ist seit 01.11.1987 bei der Beklagten, die zahlreiche Gartencenter in Deutschland betreibt, als Verkäuferin beschäftigt.

In Ziffer 1 des „Dienstvertrages“ vom 24.03.2001 heißt es unter Anderem: „Für das Dienstverhältnis gelten die Bestimmungen des örtlich maßgeblichen Tarifvertrages für den Einzelhandel einschließlich der entsprechenden Zusatzabkommen.“

Am 04.09.2001 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di einen Tarifvertrag „für alle Betriebe und Betriebsteile der Firma E. in A-Stadt ausgenommen F.“. In dessen § 2 („Anhebung der Löhne und Gehälter“) ist geregelt:

„Die Löhne und Gehälter betragen ab dem 01.01.2002 98,75 %, ab 01.07.2002 99,25 % und ab dem 01.01.2003 100 % der Ortsklasse I nach den für das jeweilige Datum gültigen Tarifverträgen für den Bayerischen Einzelhandel.“ (Anlage K3 zum klägerischen Schriftsatz vom 29.06.2010).

Die Beklagte ist seit vielen Jahren Mitglied des Landesverbandes des Bayerischen Einhandels e.V. (im folgenden LBE; jetzt umbenannt in Handelsverband Bayern Der Einzelhandel e.V.). Mit Schreiben vom 20.03.2009, beim LBE eingegangen am 24.03.2009, erklärte die Beklagte den Ausschluss der Tarifbindung und damit den Wechsel in eine sogenannte OT-Mitgliedschaft. Die Satzung des LBE enthält im Zusammenhang mit OT-Mitgliedschaften folgende Bestimmungen:

„§ 4 a

Bei Tarifverträgen, die nicht für allgemeinverbindlich erklärt sind, können die Mitglieder den Ausschluss der Tarifbindung erklären. Die Erklärung ist schriftlich an die für den Sitz der gewerblichen Niederlassung des Mitglieds zuständigen Bezirksgeschäftsstelle zu richten. Sie wirkt zum Ablauf der jeweils geltenden Tarifverträge. Die Erklärung kann jederzeit widerrufen werden.

Nicht tarifgebundene Mitglieder sind nicht berechtigt, an der Abstimmung über tarifpolitische Entscheidungen mitzuwirken.

…

§ 14
Die Landesdelegiertenversammlung

…

4.a) Zu den regelmäßigen Aufgaben der Landesdelegiertenversammlung gehören:

…

ff) die Wahl der Tarifkommission gemäß § 32; nicht tarifgebundene Delegierte sind nicht wahlberechtigt.

…

§ 32
Die Tarifkommission

Die Tarifkommission besteht aus bis zu 40 Mitgliedern sowie bis zu 10 Stellvertretern, die von der Landesdelegiertenversammlung gewählt werden. Nicht tarifgebundene Mitglieder können nicht Mitglied der Tarifkommission sein. Sie ist zuständig für alle tarifpolitischen Fragen, insbesondere für den Abschluss von Tarifverträgen. Die Zuziehung weiterer sachverständiger Mitglieder zu den Beratungen ist möglich.

Die Tarifkommission wählt aus ihrer Mitte den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter.

…

§ 32 a Streikfonds

1. Der Streikfonds ist Bestandteil des Verbandsvermögens. Er wird von seinem Verwaltungsrat geführt. Dieser besteht aus dem Vorstand (§ 15) und dem Vorsitzenden der Tarifkommission (§ 32) sowie dessen Stellvertreter. Vorsitzender des Verwaltungsrats ist der Präsident. Nicht tarifgebundene Mitglieder können nicht Mitglieder des Verwaltungsrats sein. …“


(zum Inhalt der Satzung im Übrigen wird auf die Anlage zur Berufungsbegründung der Klägerin vom 17.11.2010 Bezug genommen).

Am 29.04.2009 begannen Tarifverhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag. Im August 2009 informierte die Beklagte den Betriebsrat über den Wechsel in die OT-Mitgliedschaft. Ab 01.09.2009 erhöhte der neue Tarifvertrag vom 19.06.2009, den der LBE mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen hatte, die Gehälter. Bei Anwendung dieses Tarifvertrages würde sich die Vergütung der Klägerin monatlich um € 30,00 brutto erhöhen. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass der Tarifvertrag vom 19.06.2009 auf die Klägerin nicht zur Anwendung kommt und zahlt ihr ein unverändertes Gehalt in Höhe von € 1.262,82 brutto.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe ab 01.09.2009 einen Anspruch auf eine höhere Vergütung nach dem zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Gehaltstarifvertrag vom 19.06.2009. Auch die Jahressonderzahlung 2009 wäre höher ausgefallen. Der Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft sei unwirksam, da er dem Gesamtbetriebsrat erst am 20.08.2009 mitgeteilt worden sei. Beim Wechsel der Beklagten handele es sich um einen rechtsunwirksamen „Blitzaustritt“. Die nach dem Transparenzgebot notwendige rechtzeitige Information der Arbeitnehmerseite sei nicht erfolgt (zum erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 08.03.2010, 26.04.2010 und 29.06.2010 Bezug genommen).

Die Klägerin hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, € 286,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 30,00 seit dem 01.10.2009, 01.11.2009, 01.12.2009, 01.01.2010, 01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010 und 01.06.2010 sowie € 16,00 seit dem 01.12.2009 an die Klägerin zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und sich darauf berufen, der Wechsel in die OT-Mitgliedschaft sei rechtmäßig erfolgt. Die Satzung des LBE sehe eine Frist nicht vor. Eine besondere Informationsobliegenheit habe nicht bestanden, denn der Wechsel sei bereits am 24.03.2009 erfolgt und die Tarifverhandlungen hätten erst am 29.04.2009 begonnen. Auch ein arbeitsvertraglicher Anspruch sei nicht gegeben, denn die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel sei als sogenannte Gleichstellungsabrede zu interpretieren, wonach lediglich die Gleichstellung der nicht tarifgebundenen mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern hergestellt werden solle (zum erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten im Einzelnen wird auf deren Schriftsätze vom 12.05.2010 und 14.07.2010, nebst Anlagen, Bezug genommen).

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.07.2010 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der zum 01.09.2009 in Kraft getretene Gehaltstarifvertrag finde auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, denn die Beklagte sei bei Abschluss des Tarifvertrages nicht mehr tarifgebunden gewesen. Sie sei vor Abschluss des Tarifvertrages in Übereinstimmung mit der Satzung des LBE rechtswirksam in die Mitgliedschaft ohne Tarifbindung gewechselt. Die Satzung sehe eine klare und eindeutige Trennung der Befugnisse von Mitgliedern mit und solchen ohne Tarifbindung vor und entspreche damit dem Erfordernis des Gleichlaufs von Verantwortlichkeit und Betroffenheit. Eine Frist habe die Beklagte bei ihrem Wechsel nicht einhalten müssen und dieser sei deshalb mit Eingang des Schreibens beim LBE am 24.03.2009 wirksam geworden. Eine Frist für den Wechsel sei in der Satzung nicht vorgesehen. Soweit nach deren § 4 a S. 3 der Wechsel zum Ablauf der jeweils geltenden Tarifverträge wirke, gebe sie hier lediglich die Rechtslage des § 3 Abs. 3 TVG wieder. Aufgrund der grundgesetzlich gewährleisteten Satzungsautonomie stehe es den Verbänden auch frei, die Fristen für den Austritt oder den Wechsel von einer Mitgliedschaft mit Tarifbindung in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung frei zu bestimmen. Die Beklagte habe die Gewerkschaft oder den Betriebsrat auch nicht über den Statuswechsel informieren müssen. Es sei höchstrichterlich klargestellt, dass das Erfordernis der Transparenz nur den Zeitraum der Tarifverhandlungen betreffe. Die Klägerin habe auch aus ihrem Arbeitsvertrag keinen Anspruch auf Umsetzung der tariflichen Lohnerhöhung. Vor dem 01.01.2002 abgeschlossene Arbeitsverträge seien aus Gründen des Vertrauensschutzes entsprechend der früheren Rechtsprechung des BAG als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Klägerin partizipiere hiernach nach dem Wegfall der Tarifbindung der Beklagten nicht mehr an in der Folgezeit vereinbarten tariflichen Lohnerhöhungen (zur Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf das Urteil vom 16.07.2010 Bezug genommen).

In ihrer Berufungsbegründung führt die Klägerin aus, die Satzung des LBE habe die geforderte klare und eindeutige Trennung der Befugnisse von Mitgliedern mit und ohne Tarifbindung nicht ausreichend umgesetzt. Zwar könnten OT-Mitglieder nicht Mitglieder des Verwaltungsrats des Streikfonds sein. Diese Wahlrechtsbeschränkung sei jedoch unvollständig, denn der Verwaltungsrat bestehe nach § 32 a der Satzung aus dem Vorstand.

Dieser werde von allen Mitgliedern der Landesdelegiertenkonferenz gewählt, also auch von solchen, die sich für die OT-Mitgliedschaft entschieden hätten. Darüber hinaus könnten OT-Mitglieder auch in den Vorstand gewählt werden; eine entsprechende Unvereinbarkeit sehe die Satzung bezüglich des Vorstandes jedenfalls nicht vor, sondern allein bezüglich des Verwaltungsrates des Streikfonds. Die Regelung, wonach nicht tarifgebundene Mitglieder nicht Mitglieder des Verwaltungsrats sein können, sei also nicht umsetzbar. Die Satzungsregelungen würden auch nicht ausschließen, dass OT-Mitglieder über ihr aktives und passives Wahlrecht im Vorstand maßgeblichen Einfluss auf die Arbeitskampfführung ausüben könnten. Zudem werde nochmals darauf hingewiesen, dass sich der geltend gemachte Anspruch bereits aus dem Haustarifvertrag vom 04.09.2001 ergebe. § 2 dieses Tarifvertrages könne nur dahingehend verstanden werden, dass nach dem 01.01.2003 der jeweils gültige Tarifvertrag für den Bayerischen Einzelhandel zu 100 % zur Anwendung komme (zur Berufungsbegründung der Klägerin im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 17.11.2010 und 10.02.2011, nebst Anlagen, Bezug genommen).

Die Klägerin stellt den Antrag:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 16.07.2010 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, € 286,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 30,00 seit dem 01.10.2009, 01.11.2009, 01.12.2009, 01.01.2010, 01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010 und 01.06.2010 sowie € 16,00 seit dem 01.12.2009 an die Klägerin zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Bereits durch § 4 a der Satzung werde hinreichend deutlich ausgeschlossen, dass OT-Mitglieder unmittelbaren Einfluss auf tarifpolitische Entscheidungen haben könnten. § 32 a Nr. 1 S. 5 schließe ausdrücklich aus, dass nicht tarifgebundene Mitglieder als Vorstände Mitglied des den Streikfonds führenden Verwaltungsrates sein könnten. Die Beteiligung von OT-Mitgliedern an der Wahl des Vorstandes sei als höchst mittelbare Möglichkeit einer Einflussnahme ebenso zulässig wie die beratende Teilnahme nicht tarifgebundener Verbandsmitglieder an Sitzungen, in denen tarifpolitische und arbeitskampfrechtliche Entscheidungen getroffen würden. § 2 des Tarifvertrages vom 04.09.2001 enthalte nach seinem klaren Wortlaut lediglich eine statische Verweisung auf die zu den genannten Daten gültigen Tarifverträge (zur Berufungserwiderung der Beklagten im Einzelnen wird auf ihren Schriftsatz vom 24.01.2011 Bezug genommen).


Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Beklagte ist nicht nach § 3 Abs. 1 TVG an den zwischen dem LBE und ver.di abgeschlossenen Gehaltstarifvertrag gebunden, denn zum Zeitpunkt des Tarifabschlusses bestand bei ihr keine Tarifbindung. Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Tarifvertrag vom 04.09.2001, denn dieser enthält nur einen Verweis auf die zu den genannten Daten gültigen Tarifverträge. Schließlich ist auch die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede auszulegen.

Das Arbeitsgericht hat deshalb zu Recht die Klage abgewiesen. Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe wird zunächst Bezug genommen, § 69 Abs.2 ArbGG. Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Rahmen ihrer Berufungsbegründung wird folgendes bekräftigt und ergänzt:


I.

1. Die Möglichkeit, in der Satzung eines Arbeitgeberverbandes eine sogenannte OT-Mitgliedschaft (Mitgliedschaft ohne Tarifbindung) vorzusehen, ist zwischenzeitlich in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt.

Aufgrund der ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG verliehenen Satzungsautonomie sind die Verbände befugt, in ihren Satzungen eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung in Form des sogenannte Stufenmodells vorzusehen. Hierdurch wird nicht gegen § 3 Abs. 1 TVG verstoßen (ausführlich vgl. beispielsweise BAG vom 04.06.2008 – 4 AZR 419/07).

Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie erfordert im Hinblick auf den Abschluss von Tarifverträgen und deren normative Wirkung für hiervon betroffene Dritte allerdings grundsätzlich den Gleichlauf von Verantwortlichkeit und Betroffenheit.

Daraus ergeben sich Anforderungen an eine Verbandssatzung, die die Möglichkeit einer Verbandsmitgliedschaft ohne Tarifbindung vorsieht. Die Satzung kann für OT-Mitglieder nicht lediglich die Rechtsfolge des § 3 Abs. 1 TVG abbedingen. Sie muss vielmehr für Tarifangelegenheiten eine klare und eindeutige Trennung der Befugnisse von Mitgliedern mit und ohne Tarifbindung vorsehen. Eine unmittelbare Einflussnahme von OT-Mitgliedern auf tarifpolitische Entscheidungen ist nicht zulässig. OT-Mitglieder dürfen daher nicht in Tarifkommissionen entsandt werden, den Verband im Aussenverhältnis nicht tarifpolitisch vertreten und nicht in Aufsichtsorganen mitwirken, die die Streikfonds verwalten. Zudem sind sie von Abstimmungen auszuschließen, in denen die tarifpolitischen Ziele festgelegt oder Ergebnisse von Tarifverhandlungen angenommen werden. Teilweise wird gefordert, die Verbandssatzung müsse vorsehen, dass ein Wechsel in die OT-Mitgliedschaft zum Verlust entsprechender Ämter führe. Demgegenüber stehen den OT-Mitgliedern die allgemeinen Mitwirkungsrechte eines „gewöhnlichen“ Vereinsmitglieds zu, die keinen originären Bezug zur Tarifpolitik des Verbandes haben. Die Beteiligung bei der Erörterung tarifpolitischer Fragen mit beratender Stimme ist ebenfalls unbedenklich (vgl. BAG vom 20.05.2009 – 4 AZR 179/08; vom 22.04.2009 – 4 AZR 111/08 und vom 04.06.2008 – 4 AZR 316/07).

2. Diesen Anforderungen wird die Satzung des LBE gerecht.

Es trifft zwar zu, dass die Satzung des LBE nicht jeglichen Einfluss nicht tarifgebundener Mitglieder im Verband unterbindet. Die hier vorgesehenen Mitwirkungsrechte der OT-Mitglieder gefährden aber nicht die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie.

Die vom BAG herausgearbeiteten Anforderungen an die Satzung von Tarifvertragsparteien zur Abgrenzung des Einflusses von Mitgliedern mit und ohne Tarifbindung (vgl. oben) gestehen den OT-Mitgliedern die allgemeinen Mitwirkungsrechte eines normalen Vereinsmitglieds zu, soweit sie keinen originären Bezug zur Tarifpolitik des Verbandes haben. Nur eine „unmittelbare“ Einflussnahme von OT-Mitgliedern auf tarifpolitische Entscheidungen ist unzulässig.

Der Ausschluss einer unmittelbaren Einflussnahme von OT-Mitgliedern ist nach der Satzung des LBE insbesondere dadurch gewährleistet, dass nicht tarifgebundene Mitglieder nicht Mitglieder der Tarifkommission, die nach § 32 S. 3 für alle tarifpolitischen Fragen, insbesondere für den Abschluss von Tarifverträgen, zuständig ist, sein können (§ 32 S. 2). Nach § 14 Nr. 4 lit. a) ff) sind nicht tarifgebundene Delegierte zur Wahl der Tarifkommission auch nicht wahlberechtigt.

Auch auf die Verwaltung des Streikfonds haben OT-Mitglieder keinen unmittelbaren Einfluss. Zwar schließt es die Satzung nicht aus, dass ein Repräsentant eines OT-Mitgliedes in den Vorstand (§ 15) gewählt wird; damit wäre diese Person nach § 32 a Nr. 1 S. 3 normalerweise auch Mitglied des für den Streikfonds verantwortlichen Verwaltungsrats. § 32 a Nr. 1 S. 5 enthält demgegenüber aber erkennbar eine Sonderregelung, wonach Repräsentanten nicht tarifgebundener Mitglieder – auch wenn sie Mitglied im Vorstand sein sollten – nicht Mitglied des Verwaltungsrats sein können. Dabei handelt es sich nicht um eine schwer verständliche oder gar in sich widersprüchliche Regelung, sondern um eine Bestimmung, die ausgehend von der allgemeinen Regel eine Ausnahme hierzu vorsieht. Die Regelung steht systematisch an der richtigen Stelle und ist folgerichtig aufgebaut.

Schließlich stellt § 4 a in seinem letzten Satz noch einmal klar, dass nicht tarifgebundene Mitglieder nicht berechtigt sind, an der Abstimmung über tarifpolitische Entscheidungen mitzuwirken.

3. Mit einer etwaigen Wechselfrist von einer Mitgliedschaft mit in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung setzt sich die Berufung der Klägerin nicht mehr auseinander.

Deshalb kann auf die überzeugenden Ausführungen des Arbeitsgerichts voll Bezug genommen werden. Dass es aufgrund der grundgesetzlich gewährleisteten Satzungsautonomie den Verbänden freisteht, die Fristen für den Austritt oder den Wechsel von einer Mitgliedschaft mit Tarifbindung in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung grundsätzlich frei zu bestimmen, ist anerkannt (BAG vom 20.05.2009 – 4 AZR 179/08).

Damit ist der Wechsel der Beklagten in eine OT-Mitgliedschaft mit Zugang des Schreibens vom 20.03.2009 wirksam geworden. Soweit § 4 a der Satzung in Satz 3 ausführt, dass die Erklärung zum Ablauf der jeweils geltenden Tarifverträge wirkt, handelt es sich nur um einen Hinweis auf die sich aus § 3 Abs. 3 TVG ohnehin ergebende Rechtslage (vgl. Presseerklärung des BAG zum Urteil vom 15.12.2010 – 4 AZR 256/09).

4. Mit der Frage einer Offenlegungspflicht setzt sich die Berufung der Klägerin ebenfalls nicht mehr auseinander.

Eine solche kommt nur während laufender Tarifverhandlungen in Betracht (vgl. BAG vom 23.09.2009 – 4 AZR 346/08). Der Statuswechsel der Beklagten erfolgte mehr als einen Monat vor Aufnahme der Tarifverhandlungen zum Gehaltstarifvertrag vom 19.06.2009.


II.

Auch aus dem Tarifvertrag vom 04.09.2001 ergibt sich für die Klägerin kein Anspruch auf Anwendung des Gehaltstarifvertrages vom 19.06.2009.

Während erstinstanzlich Ausführungen der Klägerin zum Verständnis des genannten Tarifvertrages fehlen, konzentriert sich die Berufungsbegründung auf den Tarifwortlaut. Gerade aus dem Tarifwortlaut mit seiner Bezugnahme auf die „für das jeweilige Datum gültigen Tarifverträge“ lässt sich aber keine dynamische Verweisung entnehmen, nachdem im selben Satz drei Daten genannt werden. Gemeint mit dem jeweiligen Datum ist der 01.01.2002, der 01.07.2002 sowie der 01.01.2003 und dementsprechend der zu diesem Datum jeweils gültige Tarifvertrag. Ein zu einem späteren Datum wirksam werdender Tarifvertrag – so auch der Gehaltstarifvertrag vom 19.06.2009 – ist nicht in Bezug genommen.

Nachdem bei der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen ist und auch der tarifliche Gesamtzusammenhang, die Entstehungsgeschichte oder die praktische Übung hier kein anderes Auslegungsergebnis nahelegen, ist auch unter Einbeziehung der Regelungen des Tarifvertrages vom 04.09.2001 die Tariferhöhung des Jahres 2009 nicht weiterzugeben.


III.

Dass die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel nach der früher vom BAG herangezogenen Auslegungsregel als Gleichstellungsabrede auszulegen ist, entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung.

Hiernach ist diese Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 vereinbart worden sind (BAG vom 26.08.2009 – 4 AZR 285/08).


IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Ein Zulassungsgrund im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG liegt nicht vor. Bei der Entscheidung handelt es sich lediglich um die Anwendung der zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechungsgrundsätze auf die Satzung des LBE.
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