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Text des Beschlusses
4 W 65/11;
Verkündet am: 
 07.02.2011
OLG Oberlandesgericht
 

Jena
Vorinstanzen:
3 O 1066/10
Landgericht
Jena;
Rechtskräftig: unbekannt!
Beschwerdegericht kann Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO nur eingeschränkt überprüfen; eigene Handhabung des Ermessens ist dem Beschwerdegericht entzogen
Leitsatz des Gerichts:
§§ 91 a, 840 ZPO

1. Das Beschwerdegericht kann eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO nur eingeschränkt überprüfen; eine eigene Handhabung des Ermessens ist dem Beschwerdegericht entzogen. Es hat daher nur zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Ermessens-entscheidung vorlagen (das ist unzweifelhaft bei § 91 a ZPO der Fall), ob das Ermessen ausgeübt worden und die Grenzen der Ermessensausübung eingehalten wurden, ferner, ob hierbei das Ausgangsgericht alle wesentlichen Umstände beachtet hat.

2. Im Rahmen einer Drittschuldnerklage (Stufenklage auf Auskunft und Zahlung) hat der Kläger - bei Zweifel an der Richtigkeit der Drittschuldnererklärung - keinen einklagbaren Anspruch (auf Auskunft); vielmehr kann er in diesem Fall nur auf Schadensersatz klagen. Denn bei Vorliegen einer Drittschuldnererklärung fehlt es schon an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Auskunftsklage.

Mangels einer für den Kläger - wegen seiner Zweifel - aber befriedigenden Auskunft ist auch dem Zahlungsantrag (auf der 2. Stufe) die Grundlage entzogen, so dass dem Kläger in diesem Fall nur die Schadensersatzklage bleibt. Die Haftung des Drittschuldners erschöpft sich in seiner Schadensersatzpflicht (bei tatsächlich fehlerhafter Drittschulderklärung).
In dem Verfahren
Dr. Th. D.
- Kläger und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

gegen
Eheleute
1. J. K.,
2. J. K.,
beide Brändströmstraße 11, 07749 Jena
- Beklagte und Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
C. K., Brändströmstraße 11, 07749 Jena
- Streitverkündete -

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller als Einzelrichter (gemäß § 568 ZPO) auf die (sofortige) Beschwerde der Kläger vom 04.01.2011 gegen den Kostenbeschluss des Landgerichts Gera vom 13.12.2010/Nichtabhilfe vom 27.01.2011 ohne mündliche Verhandlung am 07.02.2011 beschlossen:

Die Beschwerde wird aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung/Nichtabhilfe zurückgewiesen.

Dem Kläger fallen (auch) die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Last.

Den Wert des Beschwerdeverfahrens setzt der Senat auf einen Betrag bis zu 700,- € fest.



Gründe:


I.

Mit Stufenklage vom 10.09.2010 erhob der Kläger Klage auf Auskunft über alle auf dem Konto der Beklagten Nr. 603838785 bei der Hypo Vereinsbank in Jena für die Streitverkündete (die Tochter der Beklagten) eingehenden Beträge, insbesondere Mietzahlungen eines Herrn Nikolaus Roman Graf von Berswordt-Wallrabe (Mieter einer Penthousewohnung Bergstraße 155-157 in Bochum), ferner auf Auszahlung solcher eingehenden Zahlungen an sich bis zur Höhe der Verurteilungssumme aus dem Urteil des LG Bochum vom 17.03.2010 – Az.: I-4 O 276/09.

In diesem Urteil war die Streitverkündete zu Gunsten des (im Bochumer Verfahren und auch hiesigen) Klägers zur Zahlung von 9.637,34 € verurteilt worden. Ferner hatte der Kläger mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Jena vom 06.05.2010 – 52 M 644/10 – sämtliche Mietansprüche der Streitverkündeten (und Eigentümerin der genannten Penthousewohnung) gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen.

Der Drittschuldner, der Mieter von Berswordt-Wallrabe hatte dem Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 17.06.2010 mitgeteilt, dass die Mietforderungen bereits seit dem 27.02.2004 an eine Bank abgetreten seien, er daher an den Kläger keine Zahlungen leisten könne.

Der Kläger zweifelte diese Drittschuldnererklärung an und war der Meinung, die Hauptschuldnerin (die Streitverkündete) nutze bewusst das Konto ihrer Eltern (der Beklagten) als Empfängerkonto für an sie gerichtete Zahlungen, weshalb der Kläger einen weiteren PfÜB des Amtsgerichts Jena auf Pfändung auch der aus dem Auftragsverhältnis sowie der aus der Verwaltung für die Schuldnerin eingehenden Gelder pfändete (PfÜB v. 18.08.2010 – 52 M 986/10.

Die Beklagten teilten dem Kläger schriftlich unter dem 23.08.2010 mit, dass auf ihrem Konto eingehende Mietzahlungen des Mieters Berswordt-Wallrabe nicht an den Kläger ausgezahlt werden könnten, da diese bereits an die Bank abgetreten seien.

Der Kläger ist der Meinung, die Schuldnerin (die Streitverkündete) entziehe sich ganz bewusst dem Zugriff des Klägers.

Unmittelbar nach Klagezustellung – 14.10.2010 – erklärten die Beklagten mit Schriftsatz ihres PV vom 18.10.2010, dass die Forderung, aus der vollstreckt werde, erfüllt sei. Mit Schriftsatz vom 21.10.2010 erklärte der Kläger Erledigung der Hauptsache und beantragte, die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten aufzuerlegen.

Die Beklagten schlossen sich der Erledigungserklärung (des Klägers) mit Schriftsatz ihres PV vom 23.11.2010 an und stellten ihrerseits Kostenantrag. Sie erklärten, dem Kläger habe nie ein Auskunftsanspruch zugestanden; der Streitverkündeten habe ein Geldanspruch gegen ihre Eltern nie zugestanden. Diese hätten lediglich aus familiären Gründen ihr Konto der Tochter zur Verfügung gestellt, um Geldzahlungen an eine Gläubigerbank sicherzustellen.

Mit Beschluss vom 13.12.2010 legte das Landgericht dem Kläger die Kosten auf. Der Kläger habe sich nicht auf § 840 ZPO berufen dürfen; einen einklagbaren Anspruch gegen den schweigenden Drittschuldner habe der Kläger nicht, er könne lediglich auf Schadensersatz klagen. Im Übrigen sei bei übereinstimmender Erledigungserklärung nicht auf das erledigende Ereignis abzustellen; bei unklarer Rechtslage treffe das Gericht eine (Kosten) Entscheidung nach überwiegender Wahrscheinlichkeit. Auch ein Zahlungsanspruch der Streitverkündeten gegen die Beklagten sei auf der Grundlage des Sachvortrags beider Parteien nicht gegeben. Für ein entsprechendes Auftrags- oder Verwaltungsverhältnis (zwischen der Schulderin und ihren Eltern) fehle es im Übrigen an einem Beweisantritt. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 21.12.2010 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit Schriftsatz vom 04.01.2011 – Eingang beim Ausgangsgericht am gleichen Tag – sofortige Beschwerde eingelegt. Er ist der Meinung, dass die Kosten jedenfalls gegeneinander aufzuheben gewesen seien, da es nicht mehr zu einer Beweisaufnahme komme. Im Rahmen des hypothetischen Prozessausgangs sei bei unaufgeklärtem Sachverhalt eine Kostenteilung sachgerecht. Obwohl der Kläger der Auffassung des Erstgerichts zu § 840 ZPO beitritt, sei es ihm nicht um die Drittschuldnererklärung gegangen, sondern um die Durchsetzung des gepfändeten und überwiesenen Auszahlungsanspruchs.

Das Landgericht hat in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 27.01.2011 an seiner Rechtsauffassung festgehalten und dies ergänzend mit einer Nichterweislichkeit des dem Kläger obliegenden Beweises begründet.


II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft; auch der Beschwerdewert des § 567 Abs. 2 ZPO ist erreicht.

Insoweit ist bei der Statthaftigkeit (dieser Kostenbeschwerde) zunächst nach § 91 a Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Wert der Hauptsache abzustellen, der hier mit 6.000, - € deutlich die Berufungsstreitwertgrenze (von 600,- €, s. § 511 Abs. 2 ZPO) übersteigt. Der Wert der Beschwer richtet sich hier aber nach dem Kosteninteresse nach dem Ergebnis des mit der Beschwerde angestrebten Erfolgs – hier der Kostenaufhebung. Dieses Kosteninteresse ergibt sich aus der Hälfte der Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers, also insgesamt ca. 663, - €.

Die mithin zulässige Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffene Ermessensentscheidung des Erstgerichts lässt – auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens – keine Rechtsfehler erkennen.

Zunächst kann das Beschwerdegericht das (ausgeübte) Ermessen nur (eingeschränkt) auf Ermessensfehler und/oder Ermessensfehlgebrauch überprüfen. Die Handhabung des Ermessens (selbst) ist dem Beschwerdegericht im Allgemeinen entzogen (allg. Grundsatz). Das Beschwerdegericht hat aber zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Ermessensentscheidung vorgelegen haben – hier unzweifelhaft (§ 91 a ZPO), ob das Ermessen überhaupt ausgeübt worden ist – auch das ist unstreitig gegeben, ob die Grenzen der Ermessensausübung eingehalten wurden und ob alle wesentlichen Umstände Beachtung gefunden haben (so der BGH für den Bereich der revisionsrechtlichen Ermessensüberprüfung, vgl. BGHZ 23, 183; BGH WM 1981, 799).

Danach lässt sich ein Ermessensfehlgebrauch oder die Überschreitung des Ermessens hier nicht feststellen. Nach der vom Erstgericht angestellten summarischen Prüfung ist zwar zu berücksichtigen, dass hier wegen unterbliebener Beweisaufnahme die unterschiedlichen Streitpunkte (der Parteien) unaufgeklärt blieben, so dass – nach einer verbreiteten Ansicht – im Regelfall die Kosten gegeneinander aufzuheben sind (s. bei Zöller/Vollkommer, ZPO- Komm., 28. Aufl., § 91 a Rz 26 unter Hinw. auf OLG Ffm. BB 78, 331; OLGR Koblenz 2007, 215; OLGR Oldenburg 2007, 35). Diese Rechtsprechung wird andererseits aber in der Literatur kritisiert (Smid ZZP 98, 278). Steht dagegen die Unaufklärbarkeit (non liquet- Situation) fest, sind die Kosten nach den allgemeinen Grundsätzen der beweisbelasteten Partei aufzuerlegen (BGH NJW 2007, 3429).

Von einer solchen Situation ist das Landgericht hier aber ausgegangen. Es hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass Drittschuldnererklärungen (des Mieters und der Beklagten) hier vorlagen, die Auskunftsklage mithin schon nicht statthaft war. Das räumt selbst der Kläger in seiner Beschwerde ein. Mangels den Kläger befriedigenden Auskunftsanspruch war aber auch dem Zahlungsantrag die Klagegrundlage entzogen; der Kläger hätte gegen die (vermeintlichen) Drittschuldner nur auf Schadensersatz klagen können (BGHZ 91, 126; BGH NJW-RR 2006, 1566); die Haftung des Drittschuldners erschöpft sich in seiner Schadensersatzpflicht. Ihm ist (durch § 840 ZPO) nur auferlegt, vermeidbaren Schaden durch Klarstellung (Offenlegung) der Verhältnisse abzuwenden; einen im Wege der Klage durchsetzbaren Auskunftsanspruch begründet § 84o ZPO darüber hinaus nicht (BGH aaO). Zwar kann der (materielle) Anspruch auf Auskunft sowie Rechnungslegung, auf den sich eine Pfändung als Nebenanspruch erstreckt (vgl. dazu Zöller/Stöber, ZPO-Komm., 28. Aufl., § 829 Rz 20) – unabhängig von § 840 ZPO – geltend gemacht und mit einer Klage verfolgt werden.

Soweit der Kläger hierauf abstellen will, hat das Ausgangsgericht aber die Einlassung der Beklagten berücksichtigt, dass schon die Pfändung der aus einem angeblichen Auftrags- und Verwaltungsverhältnis herrührenden Zahlungsansprüche streitig war und der Kläger schon hinsichtlich eines solchen (behaupteten) Auftrags- und Verwaltungsverhältnisses zwischen der Streitverkündeten und ihren Eltern (den Beklagten) beweisfällig geblieben ist.

Im Übrigen kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die titulierte Forderung – unstreitig – schon im September 2010, also noch vor Eintritt der Rechtshängigkeit der hiesigen Klage (14.10.2010) erfüllt worden ist. Als Erledigungsereignis kann aber eine Erfüllung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung nicht gewertet werden (BGHZ 94, 274 m. Nw.; OLG Saarbrücken NJW-RR 1998 1068; OLG Koblenz NJW-RR 2006, 484, 485 m.w.Nw.; Krüger NJW 1990, 1210). Kann hier daher nicht auf ein Motiv der Beklagten, der hiesigen Klage die Grundlage (durch Erfüllung) zu entziehen, geschlossen werden, war bei Eintritt der Rechtshängigkeit – schon aus anderen Gründen – die Klage unbegründet.

Nach alledem hat es bei der Kostenentscheidung des Landgerichts zu verbleiben.


III.

Die Kosten des (erfolglosen) Beschwerdeverfahrens hat der Kläger als Unterliegender zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Der Beschwerdewert war nach dem Kosteninteresse des Klägers, bezogen auf die zu seinen Gunsten begehrte Abänderung der Kostenentscheidung (s.o.) zu bemessen, also die Differenz der Kosten – wie entschieden – gegenüber der begehrten Kostenaufhebung.

Das bedeutet: Die Hälfte der Gerichtskosten belaufen sich auf 204,- € (3,0 Gebühren nach § 34 GKG aus einem Streitwert von 6.000,- € = 408,- €, GKG-KV 1210; eine Ermäßigung nach KV 1211 findet nicht statt, weil das Landgericht eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO getroffen hat). Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsanwalts (der Gegenseite) belaufen sich auf mindestens 459,- € (1,3 Geb. aus 6.000,- € nach § 13 RVG, Anlage 1 VV 3100 = 439,- € zuzügl. Auslagenpauschale i.H. von 20,- € aus RVG-VV 7002).
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