Text des Urteils
2 U 88/10;
Verkündet am:
24.03.2011
OLG Oberlandesgericht
Naumburg
Vorinstanzen:
11 O 1931/09
Landgericht
Magdeburg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Bestimmungen des § 9 Abs. 2 der Satzung des Kommunalen Schadensausgleichs der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind auch im Lichte der §§ 305 ff BGB wirksam
Leitsatz des Gerichts:
1. Die Bestimmungen des § 9 Abs. 2 der Satzung des Kommunalen Schadensausgleichs der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zum Fortbestehen einer Umlageverpflichtung für die während seiner Teilnahme am Deckungsschutz einer Verrechnungsstelle eingetretenen Schadenfälle nach dem Ausscheiden aus diesem Deckungsschutz sind auch im Lichte der §§ 305 ff BGB wirksam.
2. Die Regelung des § 9 Abs. 3 dieser Satzung verstößt gegen das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB normierte Transparenzgebot, weil für das Mitglied, welches aus dem Deckungsschutz einer Verrechnungsstelle ausscheidet, nicht erkennbar ist, nach welchen Grundsätzen und welcher Berechnungsmethode die Umrechnung der Umlageverpflichtung in eine Einmalzahlung erfolgt, ohne dass es für den KSA unzumutbar oder gar unmöglich wäre, dies hinreichend transparent darzustellen.
In dem Rechtsstreit
…
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel, den Richter am Oberlandesgericht Wiedemann und die Richterin am Oberlandesgericht Joost auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2011 für Recht erkannt:
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 24. August 2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten und der weiter gehenden Anschlussberufung des Klägers teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 520.060,50 € nebst Zinsen i.H.v. 10 % jährlich seit dem 07.08.2007 auf 264.284,26 € zu zahlen.
Die Beklagte wird außerdem verurteilt, an den Kläger 3.251,67 € zu zahlen.
Im Ãœbrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Die Revision des Klägers wird zugelassen.
Gründe
A.
Der Kläger ist ein nicht rechtsfähiger Zusammenschluss von kommunalen Gebietskörperschaften zum solidarischen Ausgleich von Aufwendungen seiner Mitglieder für Schadensfälle.
Der Ausgleich erfolgt in getrennten Verrechnungsstellen für Haftpflicht-, Kraftfahr- und Unfallschäden. Er stellt für die Kommunen und Landkreise eine Alternative zum Abschluss privater Haftpflichtversicherungsverträge dar.
Die Beklagte ist eine privatwirtschaftliche Trägerin eines Krankenhauses in H. . Dieses Krankenhaus wurde als Kreiskrankenhaus der allgemeinen Versorgung zunächst als Eigenbetrieb des Landkreises ohne eigene Rechtspersönlichkeit geführt. Im Rahmen einer stufenweisen Privatisierung erfolgte sodann eine formelle Privatisierung zu einer Eigengesellschaft des Landkreises und zuletzt eine materielle Privatisierung durch den Erwerb von 75 % der Geschäftsanteile durch die A. Gruppe. In der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2005 gewährte der Kläger dem jeweiligen Rechtsträger des Krankenhauses Deckungsschutz.
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger trotz inzwischen beendeter Mitgliedschaft weiter zur Teilnahme am Umlageverfahren für diejenigen Jahre verpflichtet ist, in denen der Deckungsschutz beim Kläger bestand. Gegenstand des Rechtsstreits sind Zahlungsverpflichtungen für die Jahre 2006 und 2007.
Im Einzelnen:
Das S. Krankenhaus H. wurde vom Landkreis H. bis zum 3. April 2003 als Eigenbetrieb geführt. Der Landkreis nahm im Rahmen seiner ohnehin bestehenden Mitgliedschaft beim Kläger ab dem 1. Januar 1992 bis zum 3. April 2003 Versicherungsschutz auch in der Verrechnungsstelle Heilwesen in Anspruch; dieser Versicherungsschutz bezog sich auf seine Stellung als Rechtsträger des S. Krankenhauses. Mit Wirkung zum 4. April 2003 wurde das S. Krankenhaus vom Landkreis vollständig in die S. Krankenhaus H. gGmbH ausgegliedert. Der Landkreis war deren alleiniger Gesellschafter. Der Ausgliederung lag der Vertrag zu UR Nr. 2100/2002 der Notarin P. in H. vom 19. Dezember 2002 zugrunde. In § 1 Abs. 2 des Ausgliederungsvertrages heißt es:
„Der Landkreis H. überträgt die in der Anlage 2 ausgeführten (Gegenstände) ihres Aktiv- und Passivvermögens, also sämtliche Aktiva und Passiva des kommunalen Eigenbetriebes einschl. der in Anlage 2a aufgeführten exakt bezeichneten Grundstücke (Grundbuchauszüge, Lageplan), jeweils als Gesamtheit mit allen Rechten und Pflichten auf die durch Ausgliederung entstehende Gesellschaft und zwar gegen Gewährung eines Geschäftsanteils an der aufnehmenden Gesellschaft. Die Ausgliederung erfolgt in Anwendung der §§ 168 ff., 123 ff. Umwandlungsgesetz.“
Die aufnehmende Gesellschaft wurde am 4. April 2003 im Handelsregister eingetragen. Die Eigengesellschaft erklärte unter dem 10. April 2003 ihren Beitritt zum Kläger mit Wirkung ab dem 4. April 2003 (vgl. Anlage B 1, GA Bd. I Bl. 69). Sie erhielt eine eigene, vom Landkreis verschiedene Mitgliedsnummer – Nr. ... – und nahm neben dem Deckungsschutz der Verrechnungsstelle Heilwesen zusätzlich auch den Deckungsschutz der Verrechnungsstellen Allgemeine Haftpflicht, Kfz-Haftpflicht, Autokasko und Autoinsassenunfall in Anspruch.
Mit Wirkung zum 3. Juni 2004 übernahm die A. Gruppe 75 % der Geschäftsanteile der S. Krankenhaus H. gGmbH vom Landkreis; seitdem firmiert die Gesellschaft als A. Klinikum S. H. GmbH. Diese Gesellschaft bekam eine neue Mitgliedsnummer des Kläger zugeteilt – Nr. ... – und nahm den vorgenannten Deckungsschutz weiter in Anspruch. Die Mitgliedschaft der Beklagten beim Kläger wurde nach Ablauf der in § 2 Abs. 3 der Satzung des Klägers bestimmten Kündigungsfrist mit Wirkung zum 31. Dezember 2005 beendet, weil die Beklagte die nach § 2 Abs. 1 der Satzung des Klägers erforderliche Mindestquote kommunaler Beteiligung von 50 % nicht aufwies.
Der Ausgleich der Aufwendungen des Klägers für seine Mitglieder erfolgt nach einem Umlagesystem. Grundlage für die Zahlungen der Mitglieder an den Kläger ist § 9 der Satzung des Klägers. Dieser lautet in der hier maßgeblichen Fassung vom 26. August 2003:
§ 9
Umlageverfahren
(1) 1Die Schadenbeträge, die Verwaltungskosten und die sonstigen Aufwendungen des KSA werden nach Abschluss des Geschäftsjahres auf die Mitglieder nach den für die Verrechnungsstellen geltenden Schlüsseln umgelegt. 2Für die Verrechnungsstellen wird getrennt Rechnung gelegt. 3Zur Deckung der voraussichtlichen Aufwendungen des Geschäftsjahres wird eine Vorschussumlage erhoben.
(2) Scheidet ein Mitglied aus dem Deckungsschutz einer Verrechnungsstelle ganz oder teilweise aus bzw. reduzieren sich seine Wagnisse, so bleibt es für die während seiner Beteiligung an dieser Verrechnungsstelle eingetretenen Schadenfälle und begründeten Verbindlichkeiten anteilig zur Umlage verpflichtet.
(3) 1Diese in Abs. 2 genannte Verpflichtung kann nach Maßgabe des Satzes 4 auch durch Einmalzahlung abgegolten werden. 2Die Höhe dieser Einmalzahlung errechnet sich auf der Grundlage der jährlich vom Verwaltungsrat festgesetzten Umlagequote für Einmalzahlungen. 3Die Umlagequote wird auf der Basis der zukünftigen Schadenaufwendungen entsprechend § 341g Abs. 1, 2 und 5 HGB und dem Verhältnis dieser zu den Schadenaufwendungen der Umlagequote des laufenden Geschäftsjahres ermittelt. 4Für die Verrechnungsstellen Haftpflicht-, Kraftfahrt- und Unfallschäden ist die Abgeltung durch eine Einmalzahlung, für die Verrechnungsstelle Heilwesenschäden die weitere anteilige Umlageverpflichtung der Regelfall.
(4) ...
(5) 1Die Umlagen sind innerhalb eines Monats nach Aufforderung zu zahlen. 2Erfolgt die Zahlung nicht innerhalb dieser Frist, werden Verzugszinsen in Höhe von 10 v. H. pro Jahr erhoben; im Übrigen finden die §§ 38 und 39 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG) Anwendung.
(6) 1Die Ansprüche auf Entrichtung und Erstattung der Umlagen verjähren gemäß § 12 VVG in zwei Jahren. 2Die Verjährungsfrist beginnt unbeschadet der Meldepflicht gemäß Abs. 3 mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Umlage erhoben wird.
Die Beklagte zahlte für die Geschäftsjahre 2003, 2004 und 2005 vorbehaltlos die vom Kläger jeweils geforderte Umlage für die in Anspruch genommenen Verrechnungsstellen.
Der Kläger stellte der Beklagten wegen der Kündigung des Deckungsschutzes für die Verrechnungsstellen Allgemeine Haftpflicht, Kfz-Haftpflicht, Autokasko und Autoinsassenunfall einen Betrag in Höhe von 5.284,47 € als Einmalzahlung i.S. von § 9 Abs. 2 und 3 der Satzung in Rechnung und forderte zur Zahlung des Rechnungsbetrages bis zum 2. Februar 2007 auf (vgl. Anlage K 1, GA Bd. I Bl. 10 f.). Mit weiterem Schreiben vom 5. Juli 2007 verlangte der Kläger von der Beklagten die Zahlung der Umlage für das Jahr 2006 für die Verrechnungsstelle Heilwesen in Höhe von 264.284,26 € und setzte hierfür eine Frist bis zum 6. August 2007 (vgl. Anlage K 2, GA Bd. I Bl. 13 f.). Die Beklagte leistete hierauf keine Zahlungen. Die Parteien des Rechtsstreits verhandelten jeweils in anwaltlicher Vertretung über die Berechtigung und die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche nach der Beendigung der Mitgliedschaft der Beklagten beim Kläger. Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2007 (Anlage K 3, GA Bd. I Bl. 15) erklärte der damalige Vertreter der Beklagten, Rechtsanwalt K. aus H. , u.a. für die Beklagte,
„... dass unsere Mandantschaft bereit ist, zur Erledigung gegen Kostenaufhebung die Forderung zwischen den Parteien den Betrag von 533.736,99 € zu zahlen und zwar in 12 gleichen Raten beginnend ab dem 15.02.2008 jeweils i.H.v. 44.478,08 €. ...“
Hierbei berücksichtigte der Vertreter der Beklagten sowohl die Umlageforderung Heilwesen für 2006 als auch die Umlageforderung Heilwesen für das Jahr 2007 und die Einmalzahlung für die weiteren Verrechnungsstellen.
Nach einem generellen Einverständnis des Klägers übersandte der Vertreter der Beklagten zur Umsetzung unter dem 8. Januar 2008 eine von ihm vorbereitete Ratenzahlungsvereinbarung, die nur noch elf Monatsraten vorsah (vgl. Anlage K 4, GA Bd. I Bl. 16 f.). Der Kläger unterzeichnete diese Ratenzahlungsvereinbarung und übersandte sie am 10. März 2008 an die Beklagte zur Gegenzeichnung. Die Beklagte verweigerte die Unterzeichnung und leistete auch keinerlei Zahlungen.
Mit Schreiben vom 28. April 2008 (vgl. Anlage K 7, GA Bd. I Bl. 36 f.) rechnete der Kläger der Beklagten gegenüber die Umlage für das Jahr 2007 für die Verrechnungsstelle Heilwesen in Höhe von 255.776,24 € ab und setzte für die Zahlung eine Frist bis zum 29. Mai 2008.
Der Kläger hat seine Klageforderungen auf die Bestimmungen in § 9 seiner Satzung gestützt. Er hat die Ansicht vertreten, hinsichtlich des von ihm ab dem 4. April 2003 gewährten Deckungsschutzes ergebe sich die Einstandspflicht der Beklagten aus ihrer Stellung als Mitglied des Klägers, für den Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis 3. April 2003 aus §§ 168 ff. i.V.m. 123 bis 137 UmwG. Insoweit hat er behauptet, dass es sich bei der Ausgliederung des S. Krankenhauses aus dem Vermögen des Landkreises um eine Vollausgliederung einschließlich der Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Kläger gehandelt habe. Die Satzungsbestimmungen unterlägen keiner Inhaltskontrolle als Allgemeine Geschäftsbedingungen, weil es sich um Regelungen zur Mitgliedschaft handele und der Kläger zudem angesichts der Mitwirkung aller Mitglieder an der Beschlussfassung über Satzungsbestimmungen auch nicht als Verwender anzusehen sei. Für die Frage der Verjährung der Ansprüche sei auf § 12 Abs. 1 VVG a.F. abzustellen. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 25. Januar 2010 nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz hat er behauptet, dass die Parteien in der Zeit vom 10. September 2007 bis zum August 2008 über die streit-gegenständlichen Ansprüche in – den Lauf der Verjährung hemmenden – Verhandlungen gestanden hätten.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass Ansprüche auf Zahlung von Umlagen für die Verrechnungsstelle Heilwesen ab dem Jahre 2006 schon dem Grunde nach nicht gerechtfertigt seien. Die Satzungsbestimmung des § 9 Abs. 2 sei unwirksam, weil sie die Beklagte unangemessen i.S. von § 307 BGB benachteilige. Hilfsweise hat sie sich darauf berufen, dass jedenfalls Umlageforderungen im Hinblick auf Aufwendungen für die Jahre 1992 bis 2003 nicht berücksichtigungsfähig seien, weil insoweit nach wie vor der Landkreis passivlegitimiert sei. Die Positionen seien kein der Ausgliederung zugänglicher Posten gewesen, weil sie handelsrechtlich nicht bilanzierungsfähig gewesen seien. Dafür spreche auch, dass der Landkreis seine Mitgliedsnummer beim Kläger behalten habe.
Den geltend gemachten Ansprüchen auf Einmalzahlung für die weiteren Verrechnungsstellen fehle eine Rechtsgrundlage, weil § 9 Abs. 3 der Satzung wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam sei.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und hierzu die Meinung vertreten, dass in ihrem Schriftsatz vom 17. Dezember 2007 kein Anerkenntnis enthalten sei.
Soweit die Beklagte ursprünglich die Berechnung der Höhe der Umlageforderungen des Klägers sowie der Einmalzahlung bestritten hat, ist sie von ihr kurz vor Abschluss der ersten Instanz unstreitig gestellt worden (vgl. GA Bd. II Bl. 55 f.).
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben hinsichtlich der Zahlungsansprüche wegen der Umlageverpflichtungen für Heilwesenschäden für die Jahre 2006 und 2007 in Höhe von insgesamt 520.060,50 € nebst Verzugszinsen für einen Teilbetrag von 264.284,26 € und die Klage abgewiesen hinsichtlich der begehrten Einmalzahlung und der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten des Klägers.
Das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Umlageforderungen für die Verrechnungsstelle Heilwesen für die Jahre 2006 und 2007 aus § 9 Abs. 2 der Satzung begründet seien. Die Satzungsbestimmung zur Nachhaftung ausgeschiedener Mitglieder halte bei einer Gesamtschau der Inhaltskontrolle ihrer Regelungen stand. Der Anspruch sei unter Berücksichtigung der Satzungsbestimmungen i.V.m. § 12 VVG a.F. auch nicht verjährt. Die Klageerhebung – hinsichtlich der Umlage für 2006 mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2009 und hinsichtlich der Umlage für 2007 mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2009 – sei noch rechtzeitig vor dem Eintritt der Verjährung erfolgt. Hilfsweise hat sich das Landgericht auf die Annahme eines Anerkenntnisses durch den Schriftsatz vom 17. Dezember 2007 gestützt. Das Landgericht ist auch von einer vollständigen Übertragung der Verpflichtungen aus der Mitgliedschaft beim Kläger vom Landkreis auf die S. Krankenhaus H. gGmbH ausgegangen.
Hinsichtlich des Anspruchs auf Einmalzahlung, den das Landgericht als unbegründet angesehen hat, hat es sich auf die Unwirksamkeit von § 9 Abs. 3 der Satzung wegen unzureichender Transparenz der Regelung, insbesondere der Methode zur Ermittlung der Umlagequote, gestützt. Eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne der Klageforderung komme ebenfalls nicht in Betracht.
Ein Anspruch auf Zahlung vorprozessual entstandener Rechtsanwaltsgebühren sei nicht begründet, weil der Kläger versäumt habe, Einzelheiten zur außergerichtlichen Beauftragung sowie zur Befriedigung etwaiger Honoraransprüche durch den Kläger näher darzulegen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 30. August 2010 zugestellte Urteil mit einem am 28. September 2010 beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese Berufung innerhalb der ihr bis zum 1. Dezember 2010 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
Sie hält an ihrer Ansicht zur Unwirksamkeit von § 9 Abs. 2 der Satzung unter dem Aspekt der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen fest und vertieft ihre Argumentation hierzu. Zugleich verstoße die Satzungsregelung gegen § 39 Abs. 2 BGB. Hinsichtlich der Umlageforderung für 2006 sei bereits Verjährung vor Klageerhebung eingetreten. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr Vorbringen zur fehlenden Rechtfertigung der Berücksichtigung der Aufwendungen des Klägers für Schadensfälle aus der Zeit von 1992 bis 2003.
Die Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist auf einen ihm günstigen Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 14.07.2010 (IV ZR 250/09).
Der Kläger hat zudem Anschlussberufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist ihm am 11. November 2010 zugestellt worden; seine Anschlussberufung ist vorab per Fax am 13. Dezember 2010 (Montag) eingegangen.
Er bekräftigt seine Rechtsauffassung, wonach § 9 Abs. 3 der Satzung keine Allgemeine Geschäftsbedingung, sondern eine gesellschaftsrechtliche Regelung sei, die nicht der Inhaltskontrolle unterliege. Nicht er habe die Klausel gestellt, vielmehr sei sie Ergebnis einer Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung. Die Klausel sei auch nicht intransparent, weil für den Ausscheidenden jederzeit die Möglichkeit der Wahl einer anteiligen Umlage bestehe.
Mit seiner Anschlussberufung beantragt der Kläger,
unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 5.284,47 € nebst 10 % Zinsen hierauf seit dem 3. Februar 2007 sowie weitere 3.251,67 € zu zahlen.
Insoweit beantragt die Beklagte,
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Senat hat am 19. Januar 2011 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom selben Tage (vgl. GA Bd. II Bl. 208 f.) Bezug genommen.
B.
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig; insbesondere sind sie jeweils form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden.
Sie haben jedoch mit Ausnahme der Anschlussberufung hinsichtlich der geltend gemachten Nebenforderung in der Sache jeweils keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erfüllung der Umlageverpflichtungen für die Teilnahme der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgänger an der Verrechnungsstelle Heilwesen in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2005 für die Jahre 2006 und 2007 nach § 9 Abs. 2 seiner Satzung hat. Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Beklagten in ihrer Berufung sind unbegründet.
Das Landgericht hat die weiter gehende Klage zu Recht abgewiesen, weil es für die Berechnung der Höhe der Einmalzahlung der Beklagten zur Ablösung ihrer Umlageverpflichtungen für die Teilnahme an den Verrechnungsstellen Allgemeine Haftpflicht, Kfz-Haftpflicht, Autokasko und Autoinsassenunfall an einer wirksamen Bestimmung der Berechnungsmethode mangelt. Das Berufungsvorbringen des Klägers vermag eine andere Entscheidung nicht zu rechtfertigen.
I. Berufung der Beklagten
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Umlage für die Verrechnungsstelle Heilwesen für das Jahr 2006 in Höhe von 264.284,26 € sowie für das Jahr 2007 in Höhe von 255.776,24 €. Der Anspruch ergibt sich aus § 9 Abs. 2 der Satzung des Klägers in der hier maßgeblichen Fassung vom 26. August 2003.
1. Die Beklagte war unstreitig Mitglied des Klägers und ist infolge der Kündigung der Mitgliedschaft mit Wirkung zum 31. Dezember 2005 aus dem Deckungsschutz des Klägers vollständig ausgeschieden.
Die vorherige Mitgliedschaft und das Ausscheiden betrafen u.a. den Deckungsschutz in der Verrechnungsstelle Heilwesen.
2. Nach § 9 Abs. 2 der Satzung hat das Ausscheiden aus der Verrechnungsstelle Heilwesen des Klägers zur Folge, dass die Beklagte trotz ihres Ausscheidens weiter zum Ausgleich derjenigen anteilig auf sie umgelegten Aufwendungen dieser Verrechnungsstelle für Schadensfälle verpflichtet bleibt, die sich auf die Jahre ihres Deckungsschutzes beziehen.
Diese Satzungsbestimmung ist auch gegenüber der Beklagten wirksam.
a) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist die von ihr angeführte Unvorhersehbarkeit der künftigen finanziellen Belastungen sowohl eines (noch aktiven) Mitglieds als auch eines ehemaligen Mitglieds nicht Folge der Beendigung des Versicherungsverhältnisses, sondern Ausfluss der betriebswirtschaftlichen Verfassung des Klägers, auf die sich das Mitglied durch die Inanspruchnahme von Deckungsschutz beim Kläger, also zu Beginn des Versicherungsverhältnisses, eingelassen hat.
aa) Allerdings ist der Beklagten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise darin zu folgen, dass für sie der Umfang der jährlichen Leistungspflichten gegenüber dem Kläger schwer kalkulierbar und vorhersehbar ist.
Nach der Regelung des § 9 Abs. 2 der Satzung kommt eine Inanspruchnahme der Beklagten mit anteiligen Umlageverpflichtungen zeitlich grundsätzlich unbegrenzt in Betracht, nämlich bis zum vollständigen Abschluss der Regulierung von Schäden, die während der Zugehörigkeit der Beklagten zur Verrechnungsstelle Heilwesen entstanden sind und für die der Kläger Ausgleichsleistungen gegenüber den Geschädigten erbringt. Auch die Höhe der jährlichen Zahlungsverpflichtungen der Beklagten nach ihrem Ausscheiden aus dem Kläger ist allenfalls schätzbar, weil sie sich allein an den künftigen tatsächlichen Ausgaben des Klägers für den vorgenannten Schadensausgleich orientiert und nicht etwa an Rückstellungspauschalen.
bb) Diese Unsicherheiten in der Ermittlung künftiger Belastungen der Beklagten sind systemimmanent und wurden mit der erstmaligen Inanspruchnahme von Deckungsschutz der Verrechnungsstelle Heilwesen begründet.
(1) Das Wesen der Versicherung über den Kläger besteht unter Berücksichtigung der Satzungsbestimmungen des § 9 darin, dass die Sicherstellung der Ausgabendeckung des Klägers über ein bedarfsgesteuertes Umlagesystem erfolgt. Der Versicherungsnehmer zahlt also nicht etwa eine feste Prämie als direktes Entgelt für die Risikoübernahme des Klägers für einen bestimmten Zeitraum. In einem solchen Falle läge das Risiko der Ausgabendeckung und der Gewinnerwirtschaftung beim Kläger selbst. Der Kläger könnte dieses Risiko allein durch die Kalkulation der jährlichen Prämien beherrschen, d.h. dass er auf der Grundlage versicherungsmathematischer Prognosemodelle den möglichen Schadensumfang pro Geschäftsjahr schätzt, Rücklagen für künftige Ausgleichsleistungen bildet und Wagnis- und Gewinnzuschläge kalkuliert. Hieraus folgt, dass für den Versicherungsnehmer die Preisbildung ebenfalls nicht transparent ist, wohl aber das Ergebnis der Preisbildung, und somit eine Vergleichbarkeit der Prämien verschiedener Anbieter besteht. Ein Prämiensystem schließt die Gefahr einer – gemessen an den tatsächlichen Leistungen des Versicherers zum Schadensausgleich – zu hoch kalkulierten Prämie ein. Der Versicherungsnehmer trägt neben den Leistungen zur Ausgabendeckung weitere Kosten, vor allem die Kosten der Vornahme von Rückstellungen. Dem gegenüber zahlt der Versicherungsnehmer beim Kläger grundsätzlich nur für die konkreten Ausgaben zum Schadensausgleich und auch erst zu demjenigen Zeitpunkt, in welchem dem Kläger diese Aufwendungen entstehen. Das umlagefinanzierte Beitragssystem beruht letztlich auf dem Selbstversicherungsgedanken und verbindet diesen mit dem Solidaritätsprinzip zwischen allen Teilnehmern am Deckungsschutz einer Verrechnungsstelle. Das System soll dazu dienen, bei einer Gesamtbetrachtung die finanziellen Belastungen der Versicherungsnehmer zu reduzieren, allerdings um den „Preis“, dass Zeitpunkte und Beträge der Einzelleistungen des Versicherungsnehmers zur Ausgabendeckung des Klägers ungewiss sind und allein davon abhängen, wann und in welcher Höhe berechtigte Haftpflichtansprüche beim Kläger geltend gemacht und fällig werden.
(2) Diese Art des Beitragssystems ist rechtlich zulässig. Das ergibt sich für aufsichtspflichtige Versicherungsunternehmen i.S. von § 1 Abs. 1 VAG aus der Vorschrift des § 24 Abs. 1 Alt. 3 VAG, wobei dem Versicherungsunternehmen nach § 24 Abs. 3 VAG eine Dispositionsfreiheit für die Gestaltung des Beitragssystems eingeräumt wird. Der Kläger, der im Hinblick auf § 1 Abs. 3 Nr. 3 VAG kein solches aufsichtspflichtiges Unternehmen ist, darf sich für seine Ausgabendeckung erst recht auf ein bedarfsbezogenes Umlagesystem stützen (vgl. dazu auch OLG Dresden, Urteil v. 19.02.2009, 4 U 1721/08 – VersR 2009, 1260, hier zitiert nach juris und nachfolgend BGH, Beschluss v. 14.07.2010, IV ZR 250/09 – VersR 2010, 1598, hier zitiert nach juris ). Die Zulässigkeit des Systems wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass für den einzelnen Versicherungsnehmer die Höhe der künftigen Belastungen individuell kaum zu beeinflussen sind. Der Senat vermag zwar die Kritik der Beklagten nachzuvollziehen, dass in einem solchen System, insbesondere in einer zahlenmäßig großen Solidargemeinschaft, die wirtschaftlichen Anreize für einzelne Teilnehmer der Verrechnungsstelle Heilwesen für eine individuelle Schadensvermeidung, z. Bsp. durch Einführung von Qualitäts-Management-Systemen der medizinischen Versorgung, gering sein mögen und dass in Einzelfällen auch im Rahmen der Schadensregulierung durch den Kläger anderen als wirtschaftlichen Erwägungen, etwa einer leichten Vermittelbarkeit der Unabwendbarkeit der Aufwendungen, Vorrang eingeräumt werden könnte. Diese – ebenfalls systemimmanenten – Nachteile sind jedoch Folge der ursprünglichen Entscheidung zur Inanspruchnahme des Deckungsschutzes und werden bereits vom Versicherungsnehmer damit in Kauf genommen.
(3) Im Falle eines Ausscheidens des Mitglieds aus dem Deckungsschutz einer Verrechnungsstelle des Klägers besteht die Verpflichtung zur weiteren Teilnahme am solidarischen Ausgleichssystem für die während der Zugehörigkeit zur Verrechnungsstelle entstandenen Schäden fort. Gleiches gilt für die von Anfang bestehende Ungewissheit über die Zeitpunkte und Beträge der einzelnen Umlageverpflichtungen und andere voraufgeführte etwaige Nachteile des konkreten Beitragssystems. Die Beitragspflicht überlebt das Ende der Mitgliedschaft und das Ende des Versicherungsverhältnisses. Insoweit, nämlich im Hinblick auf das Fortbestehen der Beitragspflicht nach dem Ausscheiden wegen des Zusammenhangs mit der betriebswirtschaftlichen Verfassung des Versicherers, entspricht dieses Auslegungsergebnis dem Gedanken des § 25 Abs. 1 S. 1 VAG (vgl. auch Weigel in: Prölss, VAG, 12. Aufl. 2005, § 25 Rn. 1 und 2). Dem steht nicht entgegen, dass diese Rechtsfolge nicht unmittelbar aus § 25 VAG abzuleiten ist, worauf die Beklagte zu Recht verweist. Die Vorschrift enthält Regelungen für andere Beitragssysteme, bei denen durch die jährlichen Beitragszahlungen unmittelbar eine Ausgabendeckung erzielt werden soll. Sie erfasst nicht die Besonderheiten des in der Satzung des Klägers geregelten rein bedarfsbezogenen Beitragssystems, entwirft aber ein gesetzliches Leitbild, dem die beanstandete Satzungsregelung entspricht (vgl. BGH, Beschluss v. 14.07.2010, a.a.O.; ebenso schon BGH, Urteil v. 16.11.1967, II ZR 259/64 – VersR 1968, 138). Die in § 25 Abs. 1 VAG enthaltene zeitliche Begrenzung auf das Versicherungsjahr ist Ausfluss des in der Praxis der VVaG üblichen Beitragssystems.
cc) Die Leistungspflicht der Beklagten, die nach ihrem Ausscheiden bei der Verrechnungsstelle Heilwesen anfallenden und anteilig auf sie umgelegten Ausgleichsbeträge für Altschadensfälle zu zahlen, wird mithin nicht durch das Ausscheiden als eine besondere Nachhaftung, sondern durch die vorherige Teilnahme an der Solidargemeinschaft als originäre, auch nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses fortbestehende Beitragspflicht begründet.
Der Kläger hat zudem zutreffend darauf verwiesen, dass künftige Leistungen der Beklagten nach ihrem Ausscheiden als Versicherungsnehmerin nicht ohne Gegenleistung erfolgen. Vielmehr bleibt der Beklagten der Deckungsschutz für alle Altfälle erhalten, so dass sie für ein neu abzuschließendes Versicherungsverhältnis ab dem 1. Januar 2006 keiner Absicherung des Haftungsrisikos aus Altfällen bedurfte und bedarf.
b) Eine Unwirksamkeit der o.a. Satzungsbestimmung lässt sich auch nicht aus §§ 305 ff BGB ableiten, insbesondere liegt hierin auch keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten i.S. von § 307 Abs. 1 BGB.
aa) Allerdings sind die Vorschriften zur Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch auf Satzungsbestimmungen des Klägers anwendbar, soweit diesen Satzungsbestimmungen eine – im Hinblick auf das Versicherungsverhältnis – produktkonstituierende Wirkung zukommt, d.h. soweit durch sie Rechte und Pflichten der Vertragsparteien definiert werden.
Das ist bei der Beitragspflicht durch eine bedarfsbezogene Umlage der Fall.
(1) Es ist allgemein anerkannt, dass Satzungsbestimmungen, die entsprechend der in § 10 Abs. 2 VAG ausdrücklich vorgesehenen Gestaltungsvariante sowohl das körperschaftliche als auch das versicherungsrechtliche Verhältnis betreffen, der Inhaltskontrolle als Allgemeine Versicherungsbedingungen unterliegen (vgl. für einen VVaG BGH, Urteil v. 23.11.1994, IV ZR 124/93 – BGHZ 128, 54, hier zitiert nach VersR 1995, 77, 78; BGH, Urteil v. 08.10.1997, IV ZR 220/96 – BGHZ 136, 394, hier zitiert nach VersR 1997, 1517, vgl. auch Benkel, Der VVaG, 2002, Kap. 20, Abschnitt VII. Ziffer 2 m.w.N. in Fn. 66; Beckmann in: Beckmann / Matusche-Beckmann, Versicherungshandbuch, 2009, § 10 Rn. 40 u. 42). Dem schließt sich der erkennende Senat an. Denn der Charakter dieser Bestimmungen als Allgemeine Versicherungsbedingungen, die der Versicherer vorgibt, ändert sich allein dadurch nicht, dass diese Bestimmungen in die Satzung integriert werden. Hinsichtlich des Schutzbedürfnisses des jeweiligen Versicherungsnehmers besteht kein Unterschied. Der Ausschlussgrund des § 310 Abs. 4 S. 1 BGB greift in diesen Fällen nicht ein.
(2) Soweit der Kläger seine Stellung als „Verwender“ i.S. von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB in Zweifel zieht, ist er darauf zu verweisen, dass es für ein „Stellen“ der Vertragsbedingungen allein darauf ankommt, dass die Vertragspartei die Einbeziehung der vorformulierten Bedingungen in das Versicherungsverhältnis verlangt (vgl. nur Grüneberg in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 305 Rn. 10 m.w.N.). Hier ist es der Kläger, der für die Inanspruchnahme von Deckungsschutz verlangt, dass der Versicherungsinteressent seine Satzungsbestimmungen zur Umlageverpflichtung in § 9 anerkennt. Dem Mitglied ist keine Wahlfreiheit eingeräumt, ob er den Versicherungsschutz zu den in den Satzung festgelegten Bedingungen oder zu völlig anderen Vertragsbedingungen in Anspruch nehmen möchte. Insoweit ist es auch unerheblich, ob und inwieweit das Mitglied eine Mitwirkungsmöglichkeit an der Gestaltung der Satzung hatte bzw. ob und ggf. inwieweit es hiervon Gebrauch gemacht hat. Die Mitwirkung an der Formulierung der Satzungsbestimmungen beseitigt weder das Einbeziehungsverlangen des Klägers, noch ist sie mit einem individuellen Aushandeln der Vertragsbedingungen vergleichbar (vgl. BGH, Urteil v. 08.10.1997, IV ZR 220/96, a.a.O.). Im Übrigen ist die Mitgliederversammlung ein Organ des Klägers; deren Entscheidungen sind im Vertragsverhältnis dem Kläger als dessen Handeln zuzuordnen.
bb) Mit der Bestimmung des § 9 Abs. 2 der Satzung des Klägers wird jedoch das Verbot der unangemessenen Benachteiligung nicht verletzt.
(1) Die von der Beklagten gerügte Unvorhersehbarkeit der künftigen finanziellen Lasten des ausscheidenden Mitglieds ist, wie vorausgeführt, keine durch den Austritt veranlasste Rechtsfolge i.S. einer nachträglichen Haftung, sondern rechtlich eine Fortsetzung der Unvorhersehbarkeit der Höhe der jährlichen originären Beitragspflichten. Sie steht im Zusammenhang mit der vom Mitglied bei Eintritt in den Kläger anerkannten betriebswirtschaftlichen Verfassung des Klägers.
(2) Die Einwendung der Beklagten, dass für die vermeintlich nachträgliche Verpflichtung zum Ausgleich anteilig umgelegter Ausgaben des Klägers zumindest eine zeit- bzw. betragsmäßige Obergrenze hätte festgelegt werden müssen, um dem Transparenzgrundsatz zu genügen, ist unbegründet. Eine solche Verpflichtung besteht lediglich für eine über die reguläre Beitragsschuld hinausgehende Umlagepflicht (vgl. BGH, Urteil v. 24.09.2007, II ZR 91/06 – NJW-RR 2008, 194, hier zitiert nach juris ; auch BGH, Beschluss v. 14.07.2010, a.a.O. ). Die Höhe der regelmäßigen Beiträge muss dem gegenüber nicht in der Satzung bestimmt werden (vgl. BGH, Urteil v. 10.07.1995, II ZR 102/94 – BGHZ 130, 243, hier zitiert nach juris ; Urteil v. 24.10.1988, II ZR 311/87 – BGHZ 105, 306, hier zitiert nach juris ). Damit soll auf das praktisches Bedürfnis Rücksicht genommen werden, dass der Verein bzw. hier der Kläger zur Sicherstellung der Kostendeckung die Möglichkeit haben muss, seine Kosten bedarfsbezogen auf die Mitglieder umzulegen.
(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt in § 9 Abs. 2 der Satzung auch keine Regelung, die insbesondere diejenigen Mitglieder unangemessen benachteiligt, deren Mitgliedschaft im Hinblick auf eine Unterschreitung der in § 2 Abs. 1 der Satzung aufgeführten, jedoch aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 VAG resultierenden kommunalen Mindestbeteiligungsquote zwangsläufig endet. Die Satzungsbestimmung betrifft alle Mitglieder, bei denen die Inanspruchnahme des Deckungsschutzes einer konkreten Verrechnungsstelle endet, gleich aus welchem Grunde. Das sind weit mehr Mitglieder als diejenigen, die – wie die Beklagte – ihre Vollmitgliedschaft wegen überwiegender materieller Privatisierung beenden. Im Übrigen hätte für die Beklagte rechtlich auch die Möglichkeit bestanden, im Innenverhältnis mit dem Landkreis als Veräußerer im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen über die materielle Privatisierung abweichende Regelungen zum Ausgleich der Umlageverpflichtungen zu treffen.
c) Die Regelung in § 9 Abs. 2 der Satzung des Klägers verstößt schließlich auch nicht gegen § 39 Abs. 2 BGB.
aa) In § 39 Abs. 2 BGB ist eine zeitliche Höchstbegrenzung für die Frist zur Kündigung des Mitgliedschaftsverhältnisses in einem Verein vorgesehen; die Regelung dient dazu, den Austritt aus einem Verein nicht sachlich unangemessen zu erschweren (vgl. Ellenberger in: Palandt, a.a.O., § 39 Rn. 2).
Eine solche sachliche Erschwerung des Austritts eines Mitglieds des Klägers wird durch § 9 Abs. 2 der Satzung nicht bewirkt.
bb) Die Verpflichtung zur Zahlung der anteiligen Umlage für Altschadensfälle jeweils im Jahr des Kostenanfalls ist bereits zu Zeiten des Mitgliedschaftsverhältnisses durch die Inanspruchnahme des Deckungsschutzes entstanden.
Sie ist nicht austrittsbezogen (so auch OLG Dresden, a.a.O. ). Sie ist Folge des Selbstversicherungsgedankens und der Inanspruchnahme der Solidargemeinschaft durch die Beklagte bzw. durch deren Rechtsvorgänger und besteht völlig unabhängig davon, ob der Verpflichtete in späteren Geschäftsjahren ausscheidet oder nicht.
3. Die Leistungspflicht der Beklagten erfasst den Ausgleich von Aufwendungen der Verrechnungsstelle Heilwesen für Schadensfälle im Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2005.
Entgegen der Auffassung der Beklagten bezieht sich ihre Leistungspflicht auch auf Umlagen für Schadensfälle aus der Zeit von 1992 bis 2003.
a) Für den Umfang der Leistungspflicht des Beklagten kommt es allein darauf an, ob die Beklagte als ausscheidendes Mitglied lediglich für den unter eigener Mitgliedschaft – Nr. ... – in Anspruch genommenen Deckungsschutz oder aber auch für denjenigen Deckungsschutz einzustehen hat, den „der Krankenhausbetrieb“ als Eigenbetrieb des Landkreises sowie danach als Eigengesellschaft des Landkreises in Anspruch genommen hat.
Insoweit sind der Inhalt der Privatisierungsvereinbarung aus dem Jahre 2004 zwischen dem Landkreis und der A. Gruppe sowie derjenige des Ausgliederungsvertrages vom 19. Dezember 2002 maßgeblich.
b) Bei der anteiligen Übernahme von 75 % der Geschäftsanteile der S. Kranken-haus H. gGmbH durch die A. -Gruppe im Jahre 2004 handelt es sich um einen bloßen Gesellschafterwechsel; die Identität der Unternehmung war hiervon nicht betroffen.
Hieran vermochte auch die nachfolgende Umfirmierung nichts zu ändern. Die Vergabe einer neuen Mitgliedsnummer für die Unternehmung ist ein interner Vorgang des Klägers. Durch die neue Gesellschafterstruktur ist für die Beklagte zwar die Möglichkeit einer weiteren Mitgliedschaft beim Kläger entfallen, auf die Rechte und Pflichten aus der bisherigen Mitgliedschaft hatte dies jedoch keinen Einfluss.
c) Die Leistungspflichten des Landkreises gegenüber dem Kläger, die sich auf den in Anspruch genommenen Deckungsschutz der Verrechnungsstelle Heilwesen während des Betreibens des Krankenhauses als rechtlich unselbständiger Eigenbetrieb beziehen, sind mit Wirkung zum 4. April 2003 auf die S. Krankenhaus H. gGmbH übergegangen.
Die Eigengesellschaft hat die Verpflichtungen gegenüber dem Kläger aus dem versicherungsrechtlichen Verhältnis – hier: Deckungsschutz für Haftpflichtfälle bei der Verrechnungsstelle Heilwesen – im Rahmen einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge i.S. von §§ 174 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 i.V.m. 123 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 2 UmwG vom Landkreis übernommen; diese Sonderrechtsnachfolge ist nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 UmwG mit der Eintragung der Eigengesellschaft im Handelsregister wirksam geworden.
aa) Allerdings hat die Beklagte zutreffend darauf verwiesen, dass der notarielle Ausgliederungsvertrag zu UR Nr. 2100/2002 der Notarin P. in H. vom 19. Dezember 2002 eine entsprechende ausdrückliche und eindeutige Regelung nicht enthält.
Insbesondere ist dem Vertrag ein – nach § 169 UmwG nur fakultativ vorgesehener – Ausgliederungsbericht mit einer Aufstellung der Einzelheiten der Vermögensübertragung nicht beigefügt (vgl. zur Zweckmäßigkeit der Erfassung der übertragenen Vermögensgegenstände im Vertrag selbst bzw. in einem Anhang zum Vertrag Hörtnagl in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, 4. Aufl. 2006, § 174 Rn. 12). Die in § 1 Abs. 2 des Vertrages in Bezug genommene Anlage 2 zum notariellen Ausgliederungsvertrag enthält die Beitragsverpflichtung gegenüber dem Kläger nach dem unstreitigen Parteivorbringen beider Prozessparteien nicht.
bb) Der festgestellte Umfang der Vermögensübertragung ergibt sich jedoch im Ergebnis der Auslegung des notariellen Ausgliederungsvertrages.
(1) Zwar folgt dies nicht allein aus dem Umstand, dass nach § 168 UmwG der Eigenbetrieb stets nur in seiner Gesamtheit ausgegliedert werden kann. Diese Bestimmung beseitigt nicht die Flexibilität des übertragenden Rechtsträgers, hier des Landkreises, bei der Vermögensübertragung. Die Besonderheit der Ausgliederung besteht gerade darin, dass nicht das gesamte Vermögen des übertragenden Rechtsträgers übergeht, sondern nur die im Vertrag festgelegten Vermögensgegenstände (vgl. auch Hörtnagl, a.a.O., § 131 Rn. 4).
(2) Fehlt es an einer eindeutigen Festlegung im Vertrag, wie hier, ist die „Regelungslücke“ vorrangig durch Auslegung des Vertrages einschließlich u.U. einer ergänzenden Vertrags-auslegung zu schließen, worauf § 131 Abs. 3 UmwG ausdrücklich.verweist (vgl. BGH, Urteil v. 08.10.2003, XII ZR 50/02 – NJW-RR 2004, 123, hier zitiert nach juris ; vgl. auch Hörtnagl, a.a.O., § 131 Rn. 108, 115). Die Auslegung des Ausgliederungsvertrages, insbesondere seiner Regelung in § 1 Abs. 2, ergibt, dass die – aufschiebend bedingten bzw. jedenfalls noch nicht fälligen – Verbindlichkeiten gegenüber dem Kläger aus diesem Beitragssystem auf die neu gegründete Eigengesellschaft übertragen worden sind.
(a) Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass es im Rahmen einer Ausgliederung zulässig ist, die übertragenen Vermögensgegenstände jeweils als Sachgesamtheiten aufzuführen (vgl. nur BGH, a.a.O. ), insbesondere auch deshalb, weil der Übertragungsakt selbst als partielle Gesamtrechtsnachfolge allein durch die Eintragung im Handelsregister erfolgt. Danach kommt es darauf an, ob die streitgegenständlichen Verbindlichkeiten vom Begriff „sämtliche Aktive und Passiva des kommunalen Eigenbetriebes“ erfasst werden.
(b) Der Beklagten ist zwar darin zu folgen, dass nach der handelsrechtlichen Bedeutung der verwendeten Begriffe, insbesondere des Begriffes „Passiva“, eine Einbeziehung der Verbindlichkeiten aus einem noch schwebenden Geschäft nicht nahe liegt. Auf den Jahresabschluss von Eigenbetrieben finden nach § 6 Eigenbetriebsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt (GVBl. 1997, S. 758) die allgemeinen handelsrechtlichen Vorschriften über die Bilanz sinngemäß Anwendung. Die in § 266 Abs. 3 HGB aufgeführte Passivseite enthält unter lit. C Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur, soweit diese bereits zum Abschluss-Stichtag fällig sind (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Danach dürfen schwebende Geschäfte und die hieraus künftig entstehenden Verbindlichkeiten nicht bilanziert, sondern allenfalls als Verpflichtungsüberhang gesondert ausgewiesen werden. Die Auslegung der Bestimmungen des Ausgliederungsvertrages darf sich jedoch nicht allein am Wortlaut orientieren.
(c) Die auf beiden Seiten des Ausgliederungsvertrages handelnde Vertragspartei, der Landkreis, hat nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 des Vertrages den kommunalen Eigenbetrieb mit allen Rechten und Pflichten übertragen wollen. Diese Formulierung enthält einen Hinweis darauf, dass die Abgrenzung der zu übertragenden Vermögensgegenstände nicht vorrangig nach bilanzrechtlichen Begrifflichkeiten, sondern nach der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zum Betreiben des Krankenhauses erfolgen sollte. Die wirtschaftliche Zugehörigkeit ist auch generell ein bedeutsames Auslegungskriterium (vgl. BGH, a.a.O., 19,22; Hörtnagl, a.a.O., § 131 Rn. 109). Es unterliegt keinem Zweifel, dass die künftigen Verpflichtungen aus der Inanspruchnahme von Deckungsschutz beim Kläger nicht nur generell zu den übertragbaren Vermögensgegenständen gehören, sondern dass sie hier wegen ihrer Zugehörigkeit zum Krankenhausbetrieb auch übertragen werden sollten. Denn die Beitragszahlungspflicht ist Bestandteil des versicherungsrechtlichen Verhältnisses und damit eindeutig betriebsbezogen und nicht etwa vorrangig körperschaftsrechtlicher Natur.
(d) Eine solche Auslegung wird der objektiven Interessenlage des Landkreises gerecht. Der Landkreis beabsichtigte mit der Ausgliederung des Eigenbetriebes gerade, ein Sondervermögen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu schaffen, welches den allgemeinen Haushalt des Landkreises von allen Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Krankenhausbetrieb entlastete. Dem gegenüber sollte die neue Gesellschaft nicht nur für die Zukunft Deckungsschutz für Haftpflichtschäden aus der Heilbehandlung erlangen, sondern ihr sollte wegen ihrer Sachnähe auch die Schadensabwicklung von Altfällen zugeordnet werden.
(e) Mit der vorgenommenen Auslegung der Ausgliederungsvereinbarung stimmt auch die nachfolgende praktische Umsetzung der Ausgliederungsvereinbarung durch den Landkreis überein. Die Eigengesellschaft und ihr folgend die Beklagte haben in den Jahren 2003 bis 2005 die Beitragspflichten gegenüber dem Kläger unstreitig für den gesamten Zeitraum von 1992 bis 2005 erfüllt.
d) Einer Mitwirkung des Klägers an der Übertragung der Verbindlichkeiten bedurfte es nicht (vgl. Hörtnagl, a.a.O., § 131 Rn. 6).
Die Wirksamkeit der Übertragung des versicherungsrechtlichen Schuldverhältnisses trat mit der Eintragung der neuen Gesellschaft im Handelsregister ein.
4. Die Klageforderungen sind gerichtlich durchsetzbar; eine Verjährung ist nicht eingetreten.
a) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Ansprüche des Klägers auf Entrichtung der Umlagen nach § 9 Abs. 2 seiner Satzung gemäß § 9 Abs. 6 S. 1 der Satzung innerhalb von zwei Jahren verjähren.
Diese in der Satzung enthaltene Bestimmung, die entsprechend den o.a. Grundsätzen einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB wie eine Allgemeine Versicherungsbedingung unterliegt, ist wirksam; insbesondere stellt sie keine Abweichung von der hier nach Art. 3 Abs. 2 EGVVG anzuwendenden gesetzlichen Regelung des § 12 Abs. 1 VVG i.d.F. vom 1. Januar 1964 dar.
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts trat die Fälligkeit des Anspruchs auf Entrichtung der Umlage für das Jahr 2006 frühestens am 1. Januar 2007 ein.
Vor diesem Stichtag hätte der Kläger eine sofortige Klage auf Leistung nicht erheben können (vgl. BGH, Urteil v. 14.07.2010, IV ZR 208/09 – VersR 2010, 1067, hier zitiert nach juris ). Die tatsächliche Möglichkeit einer Klage auf Leistung setzt die Möglichkeit der Ermittlung der anteiligen Umlage voraus; diese wiederum verlangt die Kenntnis der in der maßgeblichen Versicherungsperiode, hier also im Kalenderjahr 2006 insgesamt gegen die Verrechnungsstelle Heilwesen des Klägers für die Jahre 1992 bis 2005 geltend gemachten Ansprüche (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 18 m.w.N.). Eine solche Kenntnis konnte frühestens nach Abschluss des Kalenderjahres vorhanden sein.
c) Begann aber danach der Lauf der Verjährungsfrist erst am 31. Dezember 2007, so führte die Erhebung der Klage hinsichtlich der Umlageverpflichtung für das Jahr 2006 im November 2009 nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu einer Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist, die bis heute anhält.
Hinsichtlich der Umlageverpflichtung für das Jahr 2007 begann die Verjährungsfrist erst am 31. Dezember 2008 zu laufen. Die hierauf bezogene Klageerweiterung wurde im Dezember 2009 und mithin ebenfalls vor Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist rechtshängig.
d) Selbst wenn – entgegen der Auffassung des erkennenden Senats – die Verjährung des Anspruchs des Klägers für das Jahr 2006 bereits ab dem 31. Dezember 2008 zu laufen begonnen hätte, wäre diese Forderung nicht verjährt.
Denn dem Landgericht ist darin zu folgen, dass der Schriftsatz des ehemaligen Rechtsvertreters der Beklagten vom 17. Dezember 2007 / 8. Januar 2008 als ein Anerkenntnis i.S. von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB anzusehen ist. Sowohl der Wortlaut des Schriftsatzes („bereit zu zahlen“ und „zur Erledigung“) als auch die darin enthaltene Bitte um Stundung der vollständigen Zahlung sowie die nachfolgende Übersendung eines Entwurfs einer Ratenzahlungsvereinbarung sind aus der nach §§ 133, 157 BGB maßgeblichen Sicht eines objektiven Empfängers nur als ein uneingeschränktes Anerkenntnis der Forderung aufzufassen. Eine Rücknahme dieses Anerkenntnisses bzw. seiner Wirkungen ist weder schlüssig vorgetragen noch sonst ersichtlich.
5. Die Höhe der Umlageverpflichtungen für die Jahre 2006 und 2007 ist in erster Instanz unstreitig gestellt worden.
6. Hinsichtlich der Leistungspflicht der Beklagten zur Entrichtung der Umlage für das Jahr 2006 liegen zudem die Voraussetzungen des Verzugs seit dem Ablauf der hierfür mit Schreiben vom 5. Juli 2007 gesetzten Zahlungsfrist vor, so dass sich der Anspruch auf die geltend gemachten Verzugszinsen aus §§ 286 Abs. 1, 288 BGB i.V.m. § 9 Abs. 5 der Satzung des Klägers ergibt.
Hiergegen sind mit der Berufung der Beklagten keine Einwendungen erhoben worden.
II. Berufung des Klägers
Die Berufung des Klägers ist überwiegend unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass der Kläger gegen die Beklagte auf der Grundlage des § 9 Abs. 3 seiner Satzung keinen Anspruch auf Zahlung von 5.284,47 € als Einmalzahlung zur Ablösung der Umlageverpflichtungen der Beklagten hinsichtlich der Verrechnungsstellen Allgemeine Haftpflicht, Kraftfahrhaftpflicht, Autokasko und Autoinsassenunfall hat. Der Nebenanspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten ist im erkannten Umfange begründet.
1. Zwar hat der Kläger gegen die Beklagte auch hinsichtlich der Verrechnungsstellen Allgemeine Haftpflicht, Kraftfahrhaftpflicht, Autokasko und Autoinsassenunfall einen Anspruch auf Entrichtung der Umlage für die Versicherungsjahre 1992 bis 2005.
Insoweit gilt das zur Umlage der Verrechnungsstelle Heilwesen Ausgeführte entsprechend. Für eine Abgeltung dieser Verpflichtung durch eine Einmalzahlung fehlt es jedoch bislang an einer rechtlichen Grundlage. Die Bestimmung des § 9 Abs. 3 der Satzung des Klägers ist unwirksam.
a) Die Satzungsbestimmung unterliegt aus denselben Gründen der Inhaltskontrolle als eine vom Kläger gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung, wie dies für § 9 Abs. 2 der Satzung ausgeführt worden ist.
b) Die Regelung des § 9 Abs. 3 der Satzung des Klägers verstößt gegen das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB normierte Transparenzgebot und führt allein deswegen zu einer unangemessenen Benachteiligung der Beklagten als Partnerin der versicherungsrechtlichen Verhältnisse hinsichtlich der o.a. Schadensrisiken.
aa) Für die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit kann offen bleiben, inwieweit hierfür bereits dem Umstand Bedeutung zukommt, dass sich aus der Zusammenschau von § 9 Abs. 3 S. 1 und S. 4 der Satzung nicht hinreichend klar ergibt, ob die Möglichkeit der Abgeltung der Umlageverpflichtung durch eine Einmalzahlung ein Wahlrecht allein des ausscheidenden Mitglieds oder allein des Klägers oder ein beiderseitiges Wahlrecht begründen und was im Falle fehlenden Einvernehmens hierüber gelten soll.
bb) Jedenfalls ist, wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend und unter Bezugnahme auf die Argumentation des Oberlandesgerichts Dresden in seiner o.g. Entscheidung vom 19.02.2009 ausgeführt hat, für das Mitglied, welches Deckungsschutz bei einer Verrechnungsstelle des Klägers in Anspruch nimmt, nicht erkennbar und ermittelbar, nach welcher Berechnungsmethode die Umrechnung der Umlageverpflichtung in eine Einmalzahlung erfolgen wird.
(1) Anders als das Oberlandesgericht Dresden (vgl. a.a.O., Tz. 20) und – ihm folgend – das Landgericht geht der Senat davon aus, dass die in § 9 Abs. 3 der Satzung enthaltene Abgeltungsklausel keine Sonderumlage anlässlich des Ausscheidens des Mitglieds aus dem Deckungsschutz einer Verrechnungsstelle ist. Seinem Charakter nach ist die Einmalzahlung ein Ersatz für die Umlageverpflichtung und mithin eine andere Form des originären Versicherungsbeitrags. Gegen die Einräumung einer solchen Abgeltungsmöglichkeit bestehen keine Bedenken, weil sie geeignet ist, sowohl für das ausscheidende Mitglied als auch für den Kläger künftigen bürokratischen Aufwand zu vermeiden und einen endgültigen Abschluss des Versicherungsverhältnisses und seiner (Nach-)Wirkungen herbeizuführen.
(2) Das Oberlandesgericht Dresden hat in seiner Entscheidung zur selben Satzungsbestimmung jedoch zu Recht darauf verwiesen, dass es für eine hinreichende Transparenz einer solchen Abgeltungsklausel nicht ausreichend ist, dass sie die Entscheidungskompetenz für die Höhe der Einmalzahlung einem „Vereinsgremium“, hier dem Verwaltungsrat des Klägers, zuweist. Vielmehr muss die Abgeltungsklausel auch die Maßstäbe erkennen lassen, nach denen die Festsetzung der Einmalzahlung erfolgen soll. Diesen Anforderungen genügt die Satzungsbestimmung nicht.
(a) In § 9 Abs. 3 S. 2 der Satzung ist bestimmt, dass eine jährlich neu festzusetzende „Umlagequote“ rechnerischer Ausgangspunkt der Ermittlung der Höhe der Einmalzahlung sein soll. Für diese „Umlagequote“ enthält § 9 Abs. 3 S. 3 der Satzung einen Verweis auf die handelsrechtlichen Grundsätze für die Bildung einer Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle nach § 341g Abs. 1 (Begriffsbestimmung), Abs. 2 (Grundsatz der Pauschalbewertung auf der Grundlage bisheriger Erfahrungen) und Abs. 5 (Ausnahme der konkreten Berechnung bei feststehenden Verpflichtungen) HGB. Welche Bedeutung dieser Verweisung zukommt („auf der Basis ... entsprechend § 341g ... HGB ...“), also ob eine Berechnung der in einem solchen Falle von einem privatwirtschaftlichen Versicherungsunternehmen fiktiv gebildeten Rückstellung erfolgt oder ob eine Anwendung der Leitprinzipien der gesetzlichen Regelung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Klägers – bloße Ausgabendeckung nach dem Selbstversicherungsprinzip – gemeint ist und wie dann die Ermittlung konkret erfolgt, bleibt ungewiss.
(b) Hinzu kommt, dass die in § 9 Abs. 3 S. 3 der Satzung unvollkommen beschriebene Ermittlungsgrundlage nicht unmittelbar zur Ermittlung der Umlagequote führt, sondern deren Festsetzung durch den Verwaltungsrat lediglich auf der Basis dieser Ermittlung erfolgt. Ob und ggf. welchen Beurteilungsspielraum der Verwaltungsrat insoweit haben soll, ist nicht erkennbar.
(c) Unklar bleibt schließlich auch, nach welchem System die „Umlagequote“ für die Einmalzahlung mit der „Umlagequote des laufenden Geschäftsjahres“ in Beziehung gesetzt wird und welche Auswirkungen sich hieraus auf die Höhe der Einmalzahlung ergeben.
(d) Der Senat vermag auch unter Heranziehung der Abrechnung des Klägers gegenüber der Beklagten vom 5. Januar 2007 nicht zu erkennen und nachzuvollziehen, wie die Höhe der Einmalzahlung ermittelt worden ist. Das intransparente Verfahren entzieht der Beklagten jegliche Kontrollmöglichkeit hinsichtlich der sachlichen und rechtlichen Richtigkeit der Abrechnung des Abgeltungsbetrages.
(e) Während für die Frage der Höhe der originären Beiträge nach dem Umlageverfahren ein praktisches Bedürfnis für eine Flexibilität und die damit verbundene Intransparenz anzuerkennen ist, gilt dies nicht in gleicher Weise für eine Abgeltungsklausel. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass es dem Kläger etwa unzumutbar oder gar unmöglich wäre, die Berechnungsmethode zur Umwandlung der Umlageverpflichtung in eine Einmalzahlung hinreichend transparent darzustellen.
(f) Der Feststellung der Intransparenz der Satzungsbestimmung steht nicht entgegen, dass es sich lediglich um eine alternative Leistungspflicht handelt. Für die hier abgerechneten versicherungsrechtlichen Verhältnisse soll die Abgeltung durch Einmalzahlung der Regelfall sein, wie sich aus Abs. 3 S. 4 ergibt. Jedenfalls ist - selbst wenn die Abgeltungsklausel dahin zu verstehen sein sollte, dass ausschließlich der Beklagten das Wahlrecht zustehen sollte – einer Ausübung des Wahlrechts der Boden entzogen, weil die Beklagte keine Chance hat, belastbare tatsächliche Grundlagen für ihre Entscheidung selbst zu ermitteln.
c) Ist eine Vertragsbestimmung, wie hier § 9 Abs. 3 der Satzung des Klägers, nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, so treten nach § 306 Abs. 2 BGB an ihre Stelle die gesetzlichen Vorschriften.
Fehlen geeignete Vorschriften, wie hier für die Ablösung künftiger Ver-pflichtungen durch eine Einmalzahlung, so kommt eine Vertragsergänzung durch Auslegung nur dann in Betracht, wenn die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel zu einem Ergebnis führte, welches den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trüge. Eine solche Situation entsteht hier durch die Streichung des § 9 Abs. 3 der Satzung nicht. Für beide Parteien des versicherungsrechtlichen Verhältnisses entfällt lediglich eine Option zur Ablösung, so dass die originären Rechte und Pflichten erhalten bleiben.
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der vorprozessual entstandenen Rechtsverfolgungskosten.
Die insoweit erfolgte Abweisung der Klage ist nicht gerechtfertigt.
a) Wie festgestellt, befand sich die Beklagte seit dem 7. August 2007 mit der Leistung der Umlage für die Verrechnungsstelle Heilwesen für das Jahr 2006 in Verzug; seit dem 30. Mai 2008 befand sie sich auch mit der Entrichtung der Umlage für 2007 in Verzug.
b) Der Kläger beauftragte zur außergerichtlichen Rechtsverfolgung seine jetzigen Prozess-bevollmächtigten.
Diese waren auch entsprechend tätig. Beides manifestiert sich in der Gerichtsakte in der vorgelegten außergerichtlichen Korrespondenz, welche die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers für diesen geführt haben.
c) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dem Kläger auch ein Vermögensschaden entstanden.
Nachdem die Parteien des Rechtsstreits unstreitig gestellt haben, dass der Kläger die Kostenrechnung seiner Prozessbevollmächtigten für deren außergerichtliche Tätigkeit in dieser Angelegenheit bezahlt hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob es einer substantiierten Darlegung dieser Zahlung oder – für den Fall noch nicht erfolgter Zahlung – statt dessen eines ausdrücklichen Antrags auf Freistellung von der Zahlungspflicht bedurft hätte.
d) Die Höhe der Nebenforderung ist begründet. Die Beklagte hat sich gegen die auf Seite 9 der Klageschrift vom 26. Oktober 2009 enthaltene Berechnung der Forderungshöhe nicht gewendet; sie ist auch nicht zu beanstanden.
Der im Hinblick auf den fehlenden Anspruch auf Einmalzahlung in Höhe von 5.284,47 € verminderte Gegenstandswert wirkt sich auf die Gebührenberechnung nicht aus.
C.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 92 Abs. 2 und 97 Abs. 1 ZPO.
Der Senat hat der Beklagten trotz des teilweisen Unterliegens des Klägers – im Hinblick auf seine Anschlussberufung – die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt, weil die in zweiter Instanz vom Kläger weiter verfolgte unbegründete Forderung im Verhältnis zum Gesamtstreitwert geringfügig war und keine höheren Gebühren und Auslagen veranlasst hat.
Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Revision der Beklagten nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache insoweit weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Hingegen ist der Rechtssatz, auf dem die Entscheidung über die Anschlussberufung des Klägers beruht, von grundsätzlicher Bedeutung. Die vom Senat für unwirksam befundene Allgemeine Geschäftsbedingung des Klägers in § 9 Abs. 3 der Satzung gilt seit ihrer Neufassung im August 2003 für alle Fälle des Ausscheidens eines Mitglieds des Klägers aus der Teilnahme an einer Verrechnungsstelle und mithin für eine unbestimmte Vielzahl von Einzelfällen. Von ihrer Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit sind damit nicht allein diejenigen Fälle betroffen, in denen Mitglieder vollständig und endgültig beim Kläger ausscheiden – so rechtlich selbständige Träger kommunaler Einrichtungen und Betriebe im Falle ihrer vollständigen bzw. mehr als 50 %-igen materiellen Privatisierung, wie die Beklagte –, sondern auch solche Fälle, in denen Mitglieder den beim Kläger in Anspruch genommenen Versicherungsschutz einer von mehreren Verrechnungsstellen des Klägers beenden.
gez. Dr. Engel gez. Joost gez. Wiedemann-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).