Text des Urteils
9 Sa 418/10;
Verkündet am:
18.01.2011
LAG Landesarbeitsgericht
München
Vorinstanzen:
7 Ca 11820/07
Arbeitsgericht
München;
Rechtskräftig: unbekannt!
Auslegung des § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TV-L nach Einholung einer Tarifauskunft dahin, dass der Zuschlag nach dieser Vorschrift nur Pflegepersonen und nicht sonstigen Beschäftigten in den dort genannten Bereichen zusteht
Leitsatz des Gerichts:
Auslegung des § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TV-L nach Einholung einer Tarifauskunft dahin, dass der Zuschlag nach dieser Vorschrift nur Pflegepersonen und nicht sonstigen Beschäftigten in den dort genannten Bereichen zusteht.
In dem Rechtsstreit
C.
CStraße, CStadt
Klägerin und Berufungsklägerin
Prozessbevollmächtigte:
Rechtssekretäre D.
DStraße, CStadt
gegen
Klinikum der Universität CStadt
EStraße, CStadt
Beklagter und Berufungsbeklagter
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte F.
FStraße, CStadt
hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2011 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Förschner und die ehrenamtlichen Richter Gauglitz und Onigbanjo für Recht erkannt:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 23.04.2008, Az. 7 Ca 11820/07, wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Zulage nach § 43 Nr. 8 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TVL) vom 12.10.2006.
Die am 24.11.1964 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Universitätsklinikum, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, seit dem 01.10.2001 als Arzthelferin im Bereich der neurophysiologischen Funktionsdiagnostik beschäftigt, zuletzt seit dem 01.01.2008 teilzeitbeschäftigt mit der Hälfte der Arbeitszeit der Vollbeschäftigten. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TVL), der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TVL und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜLänder) und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung Anwendung, solange der G. hieran gebunden ist. Die Klägerin erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b Teil II Abschnitt D der Anlage 1 a BAT.
Der mit „Sonderregelungen für die nichtärztlichen Beschäftigten in Universitätskliniken und Krankenhäusern“ überschriebene § 43 TVL bestimmt in seiner Nr. 8 „Regelungen zur Anwendung der Anlage 1 b zum BAT/BATO“ Folgendes:
„(1) Der Betrag nach der Protokollerklärung Nr. 1 Absatz 1 und Absatz 1 a zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT/BATO wird von 46,02 Euro auf 90,00 Euro erhöht. Die Zulage steht auch bei Erfüllung mehrerer Tatbestände nur einmal zu.
(2) Pflegepersonen im Sinne des Abschnitts A der Anlage 1 b zum BAT/BATO, denen die Leitung einer Station übertragen ist, erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von 45,00 Euro, soweit diesen Beschäftigten in demselben Zeitraum keine Zulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Absatz 1 oder Absatz 1 a zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT/BATO gezahlt wird. Dasselbe gilt für Beschäftigte in der Funktionsdiagnostik, in der Endoskopie, im Operationsdienst und im Anästhesiedienst“.
Mit Schreiben vom 07.03.2007 beantragte die Klägerin die Zahlung einer Zulage nach § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 TVL, was der Beklagte mit Schreiben vom 16.04.2007 ablehnte.
Daraufhin hat die Klägerin am 28.08.2007 Klage erhoben, mit der sie die Zahlung der Zulage nach § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 TVL für die Monate November 2006 bis Juli 2007 sowie die Feststellung einer entsprechenden Zahlungspflicht des Beklagten begehrte.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Zulage nach § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 TVL stehe nicht nur den Pflegepersonen, sondern allen Beschäftigten in den dort genannten Bereichen zu. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung, zumal im Rahmen der Redaktionsverhandlungen am 06.10.2006 in § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 TVL das Wort „Pflegeperson“ durch „Beschäftigte“ ersetzt worden sei, was auf eine Forderung der Gewerkschaft ver.di, auch Beschäftigungsgruppen wie medizinischtechnische Assistentinnen oder Arzthelferinnen mit einzubeziehen, zurückgehe.
Die Klägerin hat beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, € 405. nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB für jeweils € 45.seit dem 01.12.2006, seit dem 01.01.2007, seit dem 01.02.2007, seit dem 01.03.2007, seit dem 01.04.2007, seit dem 01.05.2007, seit dem 01.06.2007, seit dem 01.07.2007 und seit dem 01.08.2007 an die Klägerin zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin € 45.monatlich gem. § 43 Nr. 8 TVL zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 TVL sei eine Rechtsgrundverweisung und gewähre eine Zulage nur Pflegepersonen im Sinne des Abschnitts A der Anlage 1 b zum BAT/BATO in den dort genannten Bereichen. Die Tarifvertragsparteien hätten verhindern wollen, dass beim Pflegepersonal Unzufriedenheit entstehe, da die Pflegezulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 zur Anlage 1 b zum BAT/BATO nicht allen Pflegekräften gewährt und durch § 43 Nr. 8 Abs. 1 TVL noch erhöht worden sei. Es werde bestritten, dass in der Redaktionsverhandlung die Begrifflichkeit „Pflegeperson“ durch „Beschäftigte“ in beiderseitigem Einvernehmen ersetzt wurde mit der Intention, die Zulage allen Beschäftigten zukommen zu lassen
Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags wird auf die Schriftsätze der Parteien vom 27.08.2007 (Bl. 1 – 7 d. A.), 09.09.2007 (Bl. 10 d. A.), 13.09.2007 (Bl. 11 d. A.), 05.11.2007 (Bl. 27 – 29 d. A.), 13.12.2007 (Bl. 33 – 37 d. A.), 14.03.2008 (Bl. 56/57 d. A.), 09.04.2008 (Bl. 58 d. A.) und 07.04.2008 (Bl. 60/61 d. A.) samt ihren Anlagen verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 23.04.2008 die Klage abgewiesen und seine Entscheidung darauf gestützt, die Zulage nach § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 TVL setze eine Beschäftigung im Pflegebereich voraus. Zwar sei das dem § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 TVL bei einer isolierten Betrachtung nicht zwingend zu entnehmen, dafür spreche aber sowohl der Wortlaut bei einer Gesamtbetrachtung der Nr. 8 des § 43 TVL als auch der Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung. Ein eventueller Wille der Tarifvertragsparteien, auch Beschäftigtengruppen wie medizinischtechnischen Assistentinnen oder Arzthelferinnen die Zulage zukommen zu lassen, habe im Tarifwortlaut keinen Niederschlag gefunden und sei deshalb unbeachtlich. Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts vom 23.04.2008 (Bl. 72 – 76 d. A.) Bezug genommen.
Gegen das ihr am 08.05.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.05.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 08.08.2008 mit einem am 07.08.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin rügt eine fehlerhafte Auslegung des § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 TVL und hält an ihrer Auffassung fest, die Zulage stehe allen Beschäftigten in der Funktionsdiagnostik, in der Endoskopie, im Operationsdienst und im Anästhesiedienst zu. Nach seiner Überschrift normiere § 43 TVL Sonderregelungen nicht nur für Beschäftigte in der Pflege, sondern für alle nichtärztlichen Beschäftigten in Universitätskliniken und Krankenhäusern. Das gelte auch trotz seiner Überschrift „Regelungen zur Anwendung der Anlage 1 b zum BAT/BATO“ für § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 TVL, weil dort anders als in § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 TVL nicht von „Pflegepersonen“, sondern von „Beschäftigten“ die Rede sei. Im Rahmen der Redaktionsverhandlungen vom 04. 06.10.2006 in AStadt sei in § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL das Wort „Pflegeperson“ durch „Beschäftigte“ ersetzt worden. Dies gehe auf die Forderung der Gewerkschaft ver.di zurück, dass ausdrücklich auch Beschäftigtengruppen wie medizinischtechnischen Assistentinnen oder Arzthelferinnen eine Zulagenregelung eröffnet werden sollte. Die Änderung des Tarifvertragstextes sei einvernehmlich zwischen den Tarifvertragsparteien und nach vorangegangener Diskussion und Verdeutlichung der Forderung durch die Gewerkschaft ver.di, auch nicht pflegendes Personal aus den Bereichen Funktionsdiagnostik, Endoskopie, Operationsdienst und Anästhesiedienst sollte eine Zulage erhalten, erfolgt.
Die Klägerin beantragt unter Erhöhung des Zahlungsantrages für die Zeit vom 01.08.2007 31.10.2008 und Rücknahme des erstinstanzlichen Feststellungsantrags zuletzt:
1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 23.04.2008 Az. 7 Ca 11820/07 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.080. brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB für jeweils € 45. seit dem 01.12.2006, seit dem 01.01.2007, seit dem 01.02.2007, seit dem 01.03.2007, seit dem 01.04.2007, seit dem 01.05.2007, seit dem 01.06.2007, seit dem 01.07.2007, seit dem 01.08.2007, seit dem 01.09.2007, seit dem 01.10.2007, seit dem 01.11.2007, seit dem 01.12.2007, seit dem 01.01.2008, seit dem 01.02.2008, seit dem 01.03.2008, seit dem 01.04.2008, seit dem 01.05.2008, seit dem 01.06.2008, seit dem 01.07.2008, seit dem 01.08.2008, seit dem 01.09.2008, seit dem 01.10.2008 und seit dem 01.11.2008 zu zahlen.
Der Beklagte willigt in die Teilklagerücknahme ein und beantragt im Übrigen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergebe sich, dass auch für § 43 Nr. 8 Satz 2 TVL wie für Satz 1 ein Anspruch nur den Pflegepersonen im Sinne des Abschnitts A der Anlage 1 b zum BAT/BATO eingeräumt werde. Tatsächlich handle es sich bei den Bereichen Funktionsdiagnostik, Endoskopie, Operationsdienst und Anästhesiedienst um typische Tätigkeitsbereiche von Pflegepersonen, die sich mit entsprechender Bezeichnung bei den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 b der Vergütungsordnung fänden. Es sei bei der Redaktionsverhandlung vom 04. 06.10.2006 auch nicht der übereinstimmende Wille der Tarifvertragsparteien gewesen, die Zulage nicht nur den Pflegepersonen, sondern allen Beschäftigten in den genannten Bereichen zu eröffnen.
Ergänzend wird wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz Bezug genommen auf den Schriftsatz der Klägerin vom 07.08.2008 (Bl. 90 – 107 d. A.) und den Schriftsatz des Beklagten vom 16.09.2008 (Bl. 116 – 123 d. A.) sowie das Sitzungsprotokoll vom 11.11.2008.
Mit Urteil vom 11.11.2008 hat das Landesarbeitsgericht München die Berufung zurückgewiesen. Mit Urteil vom 24.02.2010 hat das Bundesarbeitsgericht das Urteil aufgehoben und an das Landesarbeitsgericht München zurückverwiesen. Gemäß dem Geschäftsverteilungsplan war der Rechtsstreit dann einer anderen Kammer zugeteilt.
Im weiteren Berufungsverfahren wurde Beweis erhoben durch die schriftliche Einvernahme der Zeugen A. und B.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Stellungnahmen vom 15.09.2010 (Bl. 195 – 198 d. A.) und vom 20.09.2010 (Bl. 206 – 233 d. A.) verwiesen.
Die Parteien interpretieren diese Stellungnahme jeweils in ihrem Sinne und verfolgen ihren jeweiligen Rechtsstandpunkt weiter. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien vom 15.10.2010 (Bl. 242 – 244 d. A.), 21.10.2010 (Bl. 249 – 252 d. A.), 27.10.2010 (Bl. 253/254 d. A.), 29.10.2010 (Bl. 255 – 256 d. A.) und vom 04.11.2010 (Bl. 257/258 d. A.) samt ihren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie frist und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Zulage nach § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL, da dieser keine Ansprüche für Beschäftigte, die nicht Pflegepersonen sind, begründet.
1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln.
Ausgehend vom Tarifwortlaut ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Erlaubt der Tarifwortlaut kein abschließendes Ergebnis, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und oft nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm ermittelt werden kann. Ergänzend können weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung herangezogen werden. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. Übereinstimmende Stellungnahmen der Tarifvertragsparteien können bei der objektiven Ermittlung des Tarifinhalts hilfreich sein. Sich widersprechende Auskünfte der Verhandlungsführer sind dagegen ohne zusätzliche Aussagekraft. Es verbleibt dann bei der Auslegung des Tarifvertrags nach allgemeinen Grundsätzen. (vgl. BAG, Urteil vom 20.01.2010 – 9 AZR 699/07, Rn. 35)
1.1. Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem im vorliegenden Rechtsstreit ergangenen Urteil vom 24.02.2010 – Az. 10 AZR 1035/08 bereits ausführlich festgestellt hat, führt die Auslegung des § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL nach Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie Praktikabilität zu keinem eindeutigen Ergebnis hinsichtlich der Frage, ob nichtärztliche Beschäftigte in der Funktionsdiagnostik auch dann Anspruch auf eine monatliche Zulage in Höhe von 45 € haben, wenn sie nicht Pflegeperson i.S.d. Abschn. A der Anlage 1 b zum BAT/BATO sind.
Der Wortlaut ist nicht eindeutig. Der tarifliche Gesamtzusammenhang, insbesondere die Systematik der weitergeltenden Vergütungsordnung und die Überschrift zu § 43 Nr. 8 TVL sprechen dafür, dass sich die Zulagengewährung auf den Kreis der Pflegepersonen beschränkt. Weder der Zweck der Regelung noch Praktikabilitätserwägungen führen dazu, dass einer Auslegung der Vorzug zu geben ist. Insoweit wird vollumfänglich auf das Urteil des BAG vom 24.02.2010 – Az. 10 AZR 1035/08, Rn. 15 – 27 verwiesen.
1.2. Auch die Entstehungsgeschichte des § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL führt nicht zu einem Anspruch der Klägerin.
Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass es der übereinstimmende Wille beider Tarifvertragsparteien war, den anspruchsberechtigten Personenkreis in § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL auch auf Nichtpflegepersonen zu erstrecken. Die Stellungnahmen von Frau A. und Herrn B. stimmen darin überein, dass Grundlage für die Formulierung des § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL zum einen die bereits erfolgte Tarifeinigung und zum anderen ein Formulierungsvorschlag der TdL war, in welchem die TdL für § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL die Formulierung vorschlug: „Dasselbe gilt für Pflegepersonen in der Funktionsdiagnostik, in der Endoskopie, im Operationsdienst und im Anästhesiedienst“. Übereinstimmung besteht auch insoweit, als bei den Redaktionsverhandlungen darüber diskutiert wurde, ob der Anwendungsbereich des § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL auf andere, in der Tarifeinigung nicht genannte Tätigkeitsbereiche (Dialyse, Ambulanz, Notaufnahme) ausgedehnt wird, was die TdL ablehnte. Weiter stimmen die Stellungnahmen dahingehend überein, dass man sich, abweichend vom ursprünglichen Vorschlag der TdL auf die Formulierung „Beschäftigte“ in § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL verständigt hat.
Beiden Stellungnahmen kann nicht entnommen werden, dass die Frage, den Anspruch nach § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL auch für nichtpflegendes Personal einzuführen, Gegenstand der Willensbildung der Tarifvertragsparteien war. Herr B. betont ausdrücklich, dass über diese Frage nicht diskutiert wurde. Frau A. führt aus, dass Ver.di vor dem Hintergrund des Formulierungsvorschlags der TdL zu Abs. 2 S. 2 „Dasselbe gilt für Pflegepersonen in der Funktionsdiagnostik, in der Endoskopie, im Operationsdienst und im Anästesiedienst“ forderte, die Aufzählung um Ambulanz, Notfall und Dialysebeschäftigte zu erweitern, was die TdL ablehnte. Dass eine inhaltliche Erweiterung der nach dem klaren Wortlaut des Formulierungsvorschlags von der TdL nur auf Pflegepersonen bezogenen Regelung nicht nur auf weitere Tätigkeitsbereiche sondern auch auf nichtpflegende Personen diskutiert wurde, kann auch der Stellungnahme der Frau A. nicht entnommen werden.
Die Stellungnahmen von Frau A. und Herrn B. weichen voneinander ab bei der Frage, was der Hintergrund der Wahl des Wortes „Beschäftigen“ war. Herr B. erklärt, dass lediglich aus redaktionellen, sprachlichen Gründen der Begriff „Beschäftigte“ gewählt wurde und damit keine materielle Erweiterung der Anspruchsberechtigung auf NichtPflegepersonen gewollt war. Nachdem das Wort „Beschäftigte“ bereits in § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 1 TVL verwendet worden sei, sei es nur konsequent gewesen, es auch in S. 2 wieder zu verwenden, zumal es unproblematisch eine geschlechtsneutrale Formulierung ermögliche. Nur unter diesem Gesichtspunkt habe die TdL die Ersetzung des Wortes „Pflegepersonen“ durch „Beschäftigte“ in Abs. 2 S. 2 akzeptiert. Eine Erweiterung des Kreises der Zulagenberechtigten sei nach dem Willen der TdL mit der Textänderung nicht verbunden gewesen. Frau A. führt als Begründung für die Wahl des Wortes „Beschäftigten“ in § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL an, dass in den dort genannten Tätigkeitsbereichen nicht ausschließlich Pflegepersonen eingesetzt seien und diese bei Ausübung der gleichen Tätigkeit auch Anspruch auf die gleiche Zulage haben sollten. Der Stellungnahme von Frau A. kann aber nicht entnommen werden, dass diese Intention mit der TdL diskutiert wurde und somit gemeinsamer Wille bei der Formulierung des Abs. 2, S. 2 war. Selbst wenn man dies aber zugunsten der Klägerin unterstellen wollte führt dies nicht zur Begründetheit der Klage. In jedem Fall liegen übereinstimmende Stellungnahmen der Tarifvertragsparteien des Inhalts, dass eine Ausdehnung der Zulagenregelung auch auf nichtpflegendes Personal gewollt war, nicht vor. Die von der Klägerin behauptete Entstehungsgeschichte des § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL ist nicht bestätigt worden. Es ist deshalb wegen des nicht eindeutigen Wortlauts der Regelung vorrangig der Tarifzusammenhang zu berücksichtigen. Aus diesem ergibt sich, dass der Zulagenanspruch auf Pflegepersonen i.S.d. Abschn. A der Anlage 1 b zum BAT/BATO beschränkt ist. (vgl. BAG, Urteil vom 23.02.2010 – 10 AZR 1035/08, Rn. 31)
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.
3. Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, weil die Auslegung des § 43 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 TVL über den entschiedenen Fall hinaus grundsätzlich Bedeutung hat.
Dr. Förschner Gauglitz Onigbanjo-----------------------------------------------------
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