Text des Beschlusses
10 W 4/10;
Verkündet am:
09.08.2010
OLG Oberlandesgericht
Naumburg
Vorinstanzen:
21 O 155/09
Landgericht
Stendal;
Rechtskräftig: unbekannt!
Im Rahmen des vorbeugenden Brandschutzes haben Einsatzübungen das Ziel, im Interesse des Gemeinwohls die Brandbekämpfung und Hilfeleistung wirksamer zu gestalten
Leitsatz des Gerichts:
Im Rahmen des vorbeugenden Brandschutzes haben Einsatzübungen das Ziel, im Interesse des Gemeinwohls die Brandbekämpfung und Hilfeleistung wirksamer zu gestalten. Sie dienen der Festigung und Vervollkommnung von Fähigkeiten und Fertigkeiten der Einsatz- und Führungskräfte sowie der an der Übung beteiligten Behörden und Einrichtungen. Feuerwehrleute handeln bei einer solchen Übung in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes. Eine persönliche Haftung aus Anlass eines bei einer solchen Übung eingetretenen Schadensfalles scheidet somit aus
In dem Rechtsstreit
…
wegen Forderung auf Schmerzensgeld
hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert als Vorsitzenden, der Richterin am Oberlandesgericht Göbel und des Richters am Oberlandesgericht Schubert-Wulfmeyer als beisitzende Richter am 09. August 2010 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Stendal vom 22. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe:
Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Prozesskostenhilfe ist unbegründet.
I.
Der Kläger begehrt Schmerzensgeld wegen eines Unfalls im Rahmen einer Feuerwehrübung am 30. Juni 2006.
Die Beklagten sind Mitglieder der Berufsfeuerwehr - Abteilung Höhenrettungsgruppe – der Stadt M. . Als Feuerwehrleute hatten sie an der Übung aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der Freiwilligen Feuerwehr K. teilgenommen, die vom Bürgermeister der Gemeinde K. genehmigt worden war und als Einsatzübung unter Beteiligung mehrerer Feuerwehren, Sanitätszüge, Rettungshundestaffeln und eines Rettungshubschraubers insbesondere die Folgen eines Kleinflugzeugabsturzes simulierte.
Die vom Kläger für seine Rechtsverfolgung beantragte Prozesskostenhilfe hat das Landgericht Stendal mit Beschluss vom 22. Dezember 2009 zurückgewiesen und dies mit dem Ausschluss einer persönlichen Haftung der Beklagten nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG begründet.
Dieser Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 28. Dezember 2009 zugestellt worden, gegen den Beschluss hat der Kläger am 11. Januar 2010 Beschwerde eingelegt. Der Kläger begründet diese im Wesentlichen mit der Auffassung, es handele sich bei der Übung nicht um einen hoheitlichen Einsatz der Feuerwehr.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 12. Januar 2010 nicht abgeholfen, das Verfahren vielmehr dem Senat als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig.
Gegen die Zurückweisung der Prozesskostenhilfe ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO), als solche ist die Beschwerde des Klägers auszulegen. Dessen sofortige Beschwerde ist danach in Verbindung mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch form- und fristgerecht gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 Abs. 1 und 2 ZPO eingelegt worden.
In der Sache selbst hat die sofortige Beschwerde des Klägers aber keinen Erfolg.
Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet nicht die notwendige hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO.
Der Kläger hat bei der danach gebotenen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage keinen Anspruch auf Schmerzensgeld gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB gegen die Beklagten, wie es das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zu Recht ausgeführt hat. Die Rechtslage ist insofern eindeutig, weshalb zunächst zur Begründung auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen werden kann.
Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass Voraussetzung für einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagten persönlich wäre, dass die Beklagten als Mitglieder der Berufsfeuerwehr bei der Feuerwehrübung nicht „in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes” gehandelt hätten (vgl. Art. 34 GG). Die entgegenstehende Auffassung des Klägers ist nicht zutreffend.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich schon seit jeher die Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne des Art. 34 GG anzusehen ist, danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn die Person tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist - und ob bejahendenfalls zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls noch als dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss (vgl. BGHZ 42, 176, 179; 68, 217, 218; 69, 128, 130 f; 108, 230, 232; zu alledem ausführlich: BGH, Urteil vom 21.03.1991 - II ZR 77/90 - zitiert nach juris). Dies entsprach im Übrigen auch schon ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts (vgl. etwa RGZ 124, 159 ff. zur Frage der Amtshaftung freiwilliger Feuerwehren; dazu BGH, Urteil vom 23.04.1956 - III ZR 299/54 - zitiert nach juris). Dies hat das Landgericht für die Beklagten im Streitfall rechtsfehlerfrei bejaht.
Der Kläger zieht demgegenüber mit seiner Beschwerde den Umfang hoheitlicher Tätigkeit in diesem Sinne zu eng, wenn er die Aufgabe der Feuerwehr etwa auf die Löschung von Bränden, auf die Bergung von Hab und Gut, auf die Rettung von Menschen aus Feuergefahr oder auf die Bekämpfung von Katastrophenfällen beschränkt sehen will. Aufgabe der Feuerwehr war und ist vielmehr insbesondere nach § 2 des Brandschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (BrSchG) auch der vorbeugende Brandschutz im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 BrSchG, der im Übrigen danach eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde darstellt, wobei deren Berufsfeuerwehren gemäß § 7 Satz 2 BrSchG aus hauptberuflich tätigen Feuerwehrleuten bestehen. Demzufolge haben im Rahmen dieses vorbeugenden Brandschutzes auch Einsatzübungen das Ziel, im Interesse des Gemeinwohls die Brandbekämpfung und Hilfeleistung wirksamer zu gestalten. Sie dienen der Festigung und Vervollkommnung von Fähigkeiten und Fertigkeiten der Einsatz- und Führungskräfte sowie der an der Übung beteiligten Behörden und Einrichtungen (vgl. hierzu RdErl. des MI vom 06.07.1998 in MBl. LSA Nr. 33/1998, S. 1154 f.). Dass daneben wie im Streitfall auch Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird, ist selbstverständlicher und willkommener Nebenzweck nicht zuletzt auch in dem öffentlichen Interesse einer Personalgewinnung der Feuerwehren. Lebensfremd ist nach alledem die Annahme des Klägers, eine derartige Feuerwehrübung diene allein Demonstrationszwecken, mithin nur der Volksbelustigung und -unterhaltung. Es handelte sich bei der Tätigkeit der Beklagten vielmehr im Ergebnis um schlicht-hoheitliche Verwaltung im Rahmen vorbeugenden Brandschutzes, bei der nicht notwendigerweise hoheitliche Machtmittel eingesetzt werden müssen (hierzu BGH, Urteil vom 07.06.1971 - II ZR 63/68 - zitiert nach juris). Die Beklagten sind damit am 30. Juni 2006 nicht privat, sondern zum Zwecke des vorbeugenden Brandschutzes tätig gewesen und deshalb in Ausübung ihres öffentlichen Amtes als Feuerwehrleute.
Damit greift im Streitfall Art. 34 GG als haftungsverlagernde Norm ein, womit eine Eigenhaftung der Beklagten ausscheidet.
Vorsorglich weist der Senat für das weitere Verfahren noch darauf hin, dass der Streitverkündete „Kommunaler Schadensausgleich der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Konrad-Wolf-Straße 91/92, 13055 Berlin“ nicht in das Rubrum dieses Beschlusses aufzunehmen war, da dieser Streitverkündete keine eigene Parteifähigkeit im Sinne des § 50 Abs. 1 ZPO innehat und die Beschwerdeinstanz nicht den Zulassungsstreit betrifft, auch steht ihm als unzulässig in Anspruch genommene Nebenpartei für die Beschwerdeinstanz ohnehin kein Kostenerstattungsanspruch zu. Denn dieser „Kommunale Schadensausgleich“ kann nicht klagen und verklagt werden und auch nicht Nebenpartei eines Prozesses sein, weil es sich hierbei um einen nichtrechtsfähigen Zusammenschluss von Gemeinden und Gemeindeverbänden im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 3 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) handelt. Die Streitverkündung war deshalb insofern ohne Weiteres unzulässig, auch wenn dies wegen der Zurückweisung der Prozesskostenhilfe insgesamt für diese keine eigenständige Bedeutung mehr hat.
Nach alledem war die sofortige Beschwerde des Klägers jedenfalls zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO.
gez. Schubert gez. Göbel gez. Schubert-Wulfmeyer-----------------------------------------------------
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