Text des Urteils
4 Sa 397/10;
Verkündet am:
07.10.2010
LAG Landesarbeitsgericht
München
Vorinstanzen:
14 Ca 11686/09
Arbeitsgericht
München;
Rechtskräftig: unbekannt!
Bonusansprüche („H.-Gruppe”): Auslegung des Arbeitsvertrages und einer dort in Bezug genommenen „Betriebsordnung” zur variablen Vergütung (als hier einseitiger Rechtssetzung der Arbeitgeberin) unter Berücksichtigung der Grundsätze der AGB-Kontrolle
Leitsatz des Gerichts:
§§ 305c Abs.1, 307 BGB
Bonusansprüche („H.-Gruppe”):
Auslegung des Arbeitsvertrages und einer dort in Bezug genommenen „Betriebsordnung” zur variablen Vergütung (als hier einseitiger Rechtssetzung der Arbeitgeberin) unter Berücksichtigung der Grundsätze der AGB-Kontrolle
In dem Rechtsstreit
M. H.
- Kläger, Berufungsbeklagter und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte/r:
gegen
Firma p. S. GmbH
- Beklagte, Berufungsklägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r:
hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger und die ehrenamtlichen Richter Schad und Kuska für Recht erkannt:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 23. März 2010 - 14 Ca 11686/09 - wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 23. März 2010 - 14 Ca 11686/09 - in den Ziffern 1. und 3. abgeändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten als seiner früheren Arbeitgeberin Bonusansprüche für die Jahre 2008 und (anteilig) 2009 geltend.
Nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten gehört sie zur H. R. E. G. (H.-Gruppe). Diese bestehe aus der H. R. E. H. AG als Finanzholdinggesellschaft und als deren operativen Bankentöchtern übergeordnetes Unternehmen sowie deren 100%igen Tochtergesellschaften H. R. E. B. AG - nunmehr: D. P. AG - und D. B. plc. D./I., weiter deren Tochtergesellschaften, darunter der Beklagten. Bis 29.06.2009 sei die H. R. E. H. AG Alleingesellschafterin der Beklagten gewesen; seit 30.06.2009 sei dies nunmehr die D. P. AG. Nach dem von der Beklagten vorgelegten Auszug aus dem Handelsregister (B) des Amtsgerichts Stuttgart vom 07.09.2009 (Anl. B 1, Bl. 68 bis Bl. 71 d. A.) besteht seit 28.08.2009 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Beklagten und deren nunmehriger Alleingesellschafterin D. P. AG.
Der Sitz der Beklagten - zuvor firmierend als: H. R. E. S. GmbH - befindet sich nunmehr in M. Sie verfügt über drei Betriebe zum einen in M. - in dem der Kläger beschäftigt war -, zum anderen in S. - wo allein ein Betriebsrat bestand - und in E. Die Beklagte ist nach ihrem weiteren, wiederum unbestritten gebliebenen, Vorbringen die IT-Dienstleisterin der H.-Gruppe und als solche für die Versorgung der Unternehmen der H.-Group mit IT-Dienstleistungen zuständig, wobei bereits im Jahr 2008 97,6 % der Umsatzerlöse der Beklagten Konzernunternehmen der H.-Gruppe betroffen hätten und sie im Jahr 2009 überhaupt kein Drittkundengeschäft mehr betrieben habe.
Der Kläger war auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 13.11.2006 (Anl. K 1, Bl. 4 bis Bl. 9 d. A.) seit 01.01.2007 bei der Beklagten als, so auch deren Vorbringen, „Business Analyst“ beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 13.11.2006 ist hinsichtlich der Vergütungsansprüche des Klägers u. a. Folgendes geregelt:
„…
II.
Vergütung
Sie erhalten ein jährliches Gesamtgehalt, das sich aus monatlichen Grundgehältern, Sonderzahlung sowie Bonus zusammensetzt.
Monatliche Grundgehälter und Sonderzahlung
Ihr fixes Jahresgehalt beträgt EUR 0,-- brutto.
Es wird in 13 gleichen Teilbeträgen von EUR 0,-- brutto jeweils monatlich sowie zusätzlich als Sonderzahlung mit den Dezemberbezügen ausbezahlt.
Bonus
Sie erhalten darüber hinaus einen Bonus. Dieser richtet sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Gesellschaft. Er wird jedes Jahr neu für das abgelaufene Jahr festgesetzt. Der Bonus wird derzeit mit dem Märzgehalt eines Jahres für das zurückliegende Kalenderjahr gezahlt. Sofern das Gesamtjahresgehalt unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung/Arbeitslosenversicherung liegt, wird der Bonus zur Vermeidung steuer- bzw. sozialversicherungsrechtlicher Nachteile mit dem Aprilgehalt ausbezahlt. Er kann zwischen 0 - 200 % Ihres Basiswertes betragen, der zurzeit bei EUR 5.500,-- brutto liegt.
Gesamtgehalt
Je nach Höhe Ihres Bonus wird Ihr Gesamtgehalt deshalb zwischen EUR 0,-- und EUR 0,-- brutto liegen.
Es bestehen keine Ansprüche auf Zulagen oder die Vergütung von Mehrarbeit. …“
Weiter ist in diesem Arbeitsvertrag unter Abschnitt V. bestimmt:
„…
Betriebsordnungen
Es gelten die Arbeitsordnung und die übrigen Betriebsordnungen der Gesellschaft (wie Betriebsordnung zur Flexiblen Arbeitszeit etc.) in den jeweils gültigen Fassungen.
…“
Gemäß Schreiben der Beklagten vom 20.12.2007 (Anl. B 4, Bl. 75 d. A.) wurden das monatliche Grundgehalt des Klägers ab 01.01.2008 auf € 0,-- brutto - somit ein-schließlich der Sonderzahlung Dezember auf ein Jahresgehalt von € 0,-- brutto - und der für ihn geltende „Bonusbasiswert“ auf € 10.000,-- brutto erhöht. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund Eigenkündigung des Klägers vom 18.02.2009 zum 30.06.2009 (Anl. B 2, Bl. 72 d. A.).
Die von der Beklagten vorgelegte „Betriebsordnung“ der „H. R. E. S. GmbH“ vom 01.04.2006 (Anl. B 5, Bl. 76 bis 80 d. A.) - bei der es sich nach ihren ergänzenden Einlassungen in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren um eine einseitige Rechtssetzung der Beklagten, ggf. mit dem Status einer Gesamtzusage, handle, da aufgrund Bestehens nur eines Betriebsrats in einem ihrer drei Betriebe eine unternehmensübergreifende kollektive Regelung nicht geschaffen habe werden können -, enthält unter dem Passus „B. Flexible Vergütung“ in Abschnitt II. („Die Vergütung der einzelnen Mitarbeitergruppen“) u. a. folgende Regelungen:
„…
1. Grundsatz
Das Festgehalt der Mitarbeiter besteht aus 12 Monatsgehältern und einer Sonderzahlung (13. Monatsgehalt) in Höhe eines Monatsgehalts. Die Sonderzahlung wird jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt ausbezahlt.
Der Basiswert des Bonus wird dem Mitarbeiter jeweils einzelvertraglich zugesagt. Der Anteil am Gesamtjahresgehalt richtet sich insbesondere nach der Funktion und dem Verantwortungsbereich des Mitarbeiters.
Bei unterjährigem Eintreten oder Ausscheiden werden Sonderzahlung (13. Monatsgehalt) und Bonus zeitanteilig vergütet. Dies gilt auch bei einem unterjährigen Wechsel von bzw. in ein ruhendes Arbeitsverhältnis oder (bezogen auf den Bonus) bei erfolgter Freistellung.
…
C. Mitarbeitergespräch
…
V. Festlegung der individuellen Höhe des Bonus
Die Höhe des individuellen Bonus hängt zum einen von der Höhe des jährlichen Bonustopfes ab. Dieser wird wiederum grundsätzlich vom Gesellschaftserfolg bestimmt.
Darüber hinaus honoriert der Bonus auch die Zielerreichung des Mitarbeiters. Die konkrete Höhe des individuellen Bonus ist damit - neben der Abhängigkeit vom Erfolg der Gesellschaft - auch abhängig von der durch die Führungskraft im Mitarbeitergespräch durchgeführten Gesamtbewertung.
Die Festlegung der genauen Höhe des Bonus erfolgt in einem separaten Prozess. Die jeweilige Höhe des Bonus ist gekoppelt an die Gesamtbewertung der Leistung. Daher gilt, dass Mitarbeiter, deren Leistung z. B. mit „weit übertroffen“ bewertet wurde, grundsätzlich einen prozentual höheren Bonus (bezogen auf den individuellen Basiswert) bekommen müssen als Mitarbeiter mit der Bewertung „voll erfüllt/leicht übertroffen“ usw. (sog. relative Kopplung). Innerhalb derselben Bewertungsstufe kann die Bonushöhe differieren.
…“
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Ansprüche auf Zahlung eines Bonus für das Jahr 2008 in Höhe des zuletzt für ihn geltenden Bonusbasiswerts von € 10.000,-- brutto sowie für das Jahr 2009 in Höhe von (anteilig - hälftig -) € 5.000,-- brutto, somit insgesamt einen Betrag von € 15.000,-- brutto, insbesondere mit der Begründung geltend, dass es nach der vorrangigen und deshalb insoweit maßgeblichen arbeitsvertraglichen Regelung auch bei einem schlechten Geschäftsergebnis der Gesellschaft nicht gerechtfertigt sei, seinen Bonusanspruch auf Null zu setzen; aufgrund des Ergebnisses des mit ihm geführten Mitarbeitergesprächs vom 27.01.2009 (Anlage B 9, Bl. 90 bis 94 d. A.) habe er seine individuellen Ziele, an denen sich sein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Bonuszahlung auch zu orientieren habe, zu 100 % erfüllt und somit einen entsprechenden Bonusanspruch in Höhe von 100 % des ihm zuletzt zugesagten Bonusbasiswertes von € 10.000,--/Jahr. Demgegenüber beruft die Beklagte sich im Wesentlichen darauf, dass es hinsichtlich eventueller Bonusansprüche des Klägers grundsätzlich - allein - auf die „Betriebsordnung“ ankomme - der gegenüber die dienstvertragliche Bestimmung zum Bonus keinen eigenständigen Regelungsgehalt habe -, und hiernach ein Bonusanspruch entfallen sei, da dort grundsätzliche Voraussetzung einer Bonuszahlung die Einrichtung eines „Bonustopfes“ durch die Geschäftsleitung sei. Die Beklagte habe in den Jahren 2008 und 2009 keinen Erfolg erzielt, sondern jeweils erhebliche Verluste geschrieben, da im September 2008 im Zusammenhang mit der Finanz- und Bankensystemkrise, auch infolge der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers, am Wochenende 27./28.09.2008 das erste Rettungspaket des Bundes, der Deutschen Bundesbank und eines Konsortiums der Deutschen Finanzindustrie geschnürt habe werden müssen, um den ansonsten drohenden Eintritt der Insolvenz der H.-Gruppe zu verhindern und dieser in der Folge - sodann insbesondere über den durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz am 17.10.2008 geschaffenen Sonderfond Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) - Liquiditätshilfen der Bundesrepublik Deutschland und eines privaten Bankkonsortiums in Höhe von (bisher) insgesamt 102 Mrd. € zur Verfügung gestellt hätten werden müssen, wobei durch einen aktienrechtlichen Squeeze-Out vom 05.10.2009 seit 13.10.2009 die Bundesrepublik Deutschland über den SoFFin nunmehr 100%ige Anteilseignerin der H. R. E. H. AG sei. Deshalb habe in der Folge der Beschluss gefasst werden müssen, dass es - außerhalb bereits zuvor zugesagter Zahlungen an Mitarbeiter u. a. - für das Jahr 2008 in der H.-Gruppe weltweit keinen „Bonustopf“ und damit auch keine Auszahlung diskretionärer variabler Vergütungen („Bonus“) geben würde, was der Vorstand der Beklagten bzw. deren nunmehriger Muttergesellschaft am 10.03.2009 final so beschlossen habe. Auch anderen Mitarbeitern der Beklagten seien ab Ende September 2008 in keinem Fall mehr Bonuszahlungen zugesagt worden.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie die Anträge der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 23.03.2010, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 08.04.2010 und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 07.04.2010 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses der Klage in der Sache im Umfang von 30 % der Klageforderung - bzw. 45 % der Bonusforderung für das Jahr 2008 - mit der Begründung stattgegeben hat, dass der Kläger einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Bonuszahlung habe, da die einschlägige Regelung des Arbeitsvertrages, wie deren Auslegung ergebe, eine eigenständige Rechtsgrundlage für Bonusansprüche enthalte, die von der Beklagten durchgeführte Leistungsbestimmung mit dem Abstellen allein auf den (nach ihrer Ansicht fehlenden) Erfolg der Gesellschaft hiernach nicht billigem Ermessen gem. § 315 BGB entspreche und es nicht gerechtfertigt sei, die persönliche Leistung des Arbeitnehmers überhaupt nicht zu berücksichtigen. Damit sei gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Leistungsbestimmung durch das Gericht zu treffen. Hiernach entspreche es billigem Ermessen, die drei im Arbeitsvertrag genannten Kriterien in zwei Kriteriengruppen zusammenzufassen - „individuelle Zielerreichung“ und „Teamverhalten“ einerseits sowie „Erfolg der Gesellschaft“ andererseits -, bewertet jeweils mit 50 % des Bonusanspruchs. Das Kriterium „individuelle Zielerreichung/Teamverhalten“ sei aufgrund des dokumentierten Ergebnisses des jährlichen Mitarbeitergesprächs 2008 mit dem Kläger insgesamt mit „Ziele zufriedenstellend erfüllt“ anzusetzen, was für das Jahr 2008 einen Bonusanspruch in Höhe von insgesamt 45 % des Basiswerts ergebe. Ein etwaiger Bonusanspruch des Klägers für das Jahr 2009 wäre jedenfalls noch nicht fällig.
Hiergegen richten sich die Berufung des Klägers mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 06.05.2010, am selben Tag zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, sowie die Berufung der Beklagten mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.04.2010, am 28.04.2010 wiederum zunächst per Telefax beim Landesarbeitsgericht München eingegangen.
Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung mit am 07.06.2010 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenem Schriftsatz vom 03.06.2010 insbesondere unter Verteidigung der Ausführungen des Arbeitsgerichts auf den Vorrang der arbeitsvertraglichen Regelung zum Bestehen eines eigenständigen Bonusanspruchs abgestellt und, unverändert, bestritten, dass die Beklagte keinen Gewinn erwirtschaftet habe, da es hier nicht um das Ergebnis der H. R. E. G. insgesamt, sondern um das Ergebnis spezifisch der Beklagten gehe, dieses im vorliegenden Fall damit nicht vom Gesellschaftserfolg abhänge. Der Kläger habe bereits erstinstanzlich ausgeführt, dass er bei der Bewertung der Zielerreichung bei insgesamt sechs Punkten die Ziele voll erfüllt bzw. leicht übertroffen und nur bei acht Punkten die Zielerreichung lediglich zufriedenstellend erfüllt habe, weshalb ihm für das Jahr 2008 ein Bonus von 100 % auszukehren sei - ebenso hinsichtlich des, nunmehr fälligen, (anteiligen) Bonusanspruchs für das Jahr 2009.
Die Beklagte hat nach auf ihren Antrag erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 07.07.2010 mit am selben Tag eingegangenem Schriftsatz von diesem Tag zur Begründung ihrer Berufung näher ausgeführt, dass die H.-Gruppe infolge der weltweiten Finanzkrise Ende September 2008 vor der Insolvenz gestanden habe und ohne sofortige Liquiditätshilfen ihr Fortbestand nicht möglich gewesen wäre. Der H.-Gruppe seien 2008 bzw. 2009 Liquiditätshilfen des Bundes u. a. von insgesamt bis zu 102 Mrd. € zur Verfügung gestellt worden. Durch den auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 05.10.2009 erfolgten aktienrechtlichen Squeeze-Out sei die Bundesrepublik Deutschland nunmehr über den SoFFin 100%ige Anteilseignerin der H. R. E. H., damit auch der Beklagten. Nach der hierfür allein maßgeblichen „Betriebsordnung“ sei Voraussetzung für eine Bonuszahlung überhaupt, dass die Beklagte jeweils einen „Bonustopf“ für das Geschäftsjahr entsprechend dem Erfolg der Gesellschaft festlege. Die Beklagte und die H.-Gruppe hätten im Jahr 2008 - ebenso im Jahr 2009 - keinen Erfolg erzielt. Die Beklagte allein habe in diesem Jahr einen Fehlbetrag in Höhe von 917.294,54 € erwirtschaftet, weshalb kein „Bonustopf“ festgesetzt worden sei. Das gleiche Ergebnis würde sich ergeben, wenn nicht auf den Erfolg der Beklagten, sondern denjenigen der H.-Gruppe abzustellen wäre. Es entspreche auch der tatsächlichen Handhabung, dass gemäß der „Betriebsordnung“ - die im Wesentlichen der bei der nunmehrigen Muttergesellschaft der Beklagten bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarung zum nämlichen Thema entspreche (Anl. B 6, Bl. 81 bis 85 d. A.) - in einem ersten Schritt jeweils zunächst überhaupt ein „Bonustopf“ zur Verfügung gestellt werden müsse. Der Vorstand der Beklagten bzw. deren nunmehriger Muttergesellschaft habe am 10.03.2009, nachdem sich die existenzbedrohende finanzielle Entwicklung unwiderruflich gezeigt gehabt habe und ein Überleben der H.-Gruppe und damit auch der Beklagten ohne staatliche Hilfe in keiner Hinsicht möglich gewesen sei, schließlich final beschlossen, dass es für das Jahr 2008, ebenso dann für das Jahr 2009, weltweit keine Auszahlung variabler Vergütungen geben werde, was am 12.03.2009 den Mitarbeitern bekannt gegeben worden sei. Die Personalleiterin der Beklagten bzw. deren nunmehriger Muttergesellschaft habe bereits nach dem ersten Rettungswochenende 27./28.09.2008 das Bonusbudget grundsätzlich in Frage gestellt und deshalb die Mitarbeiter der Personalabteilung am 29.09.2008 per E-Mail angewiesen, ab sofort auch nach Eigenkündigungen keine Zusagen auf anteilige Bonuszahlungen an ausscheidende Mitarbeiter mehr zu machen. Nur bis zu diesem Zeitpunkt seien im Rahmen individueller Regelungen Mitarbeitern im Zusammenhang etwa von Aufhebungsverträgen noch Bonuszahlungen zugesagt worden. Seit diesem Zeitpunkt seien selbst anteilige Bonuszahlungen und entsprechende Zusagen grundsätzlich eingestellt worden. Dies schließe auch die Anwendung eines Gleichbehandlungsgrundsatzes aus. Jedenfalls könne der Kläger entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts keinesfalls einen Bonusanspruch in Höhe von 45 % des Bonusbasiswerts geltend machen, da seine individuelle Leistungsbeurteilung mit der Gesamtbewertung nach der Bewertungsstufe 2 - von 4 Stufen - („Ziele zufriedenstellend erfüllt“) keine solche Einstufung rechtfertigen würde. Selbst wenn angenommen würde, dass trotz Nicht-Zurverfügungstellung eines „Bonustopfes“ ein individueller Bonusanspruch entstanden wäre, müsste ein solcher nach den Grundsätzen der Störung bzw. des Wegfalls der Geschäftsgrundlage i. S. d. § 313 BGB entfallen, da Grundlage für die Bonusregelung bei der Beklagten die Erwartung gewesen sei, dass deren Ertragslage eine solche Bonuszahlung zulassen würde. Hier seien die Beklagte und mit ihr die gesamte H.-Gruppe seit September 2008 ohne fremde Hilfe wirtschaftlich überhaupt nicht überlebensfähig gewesen.
Der Kläger beantragt zur eigenen Berufung, unter Abänderung des am 23.03.2010 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts München zum Aktenzeichen 14 Ca 11686/09, zugegangen am 08.04.2010, die Beklagte zur Bezahlung weiterer 10.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2010 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt zu ihrer eigenen Berufung und zur Berufung des Klägers, das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 23.03.2010, Az.: 14 Ca 11686/09, abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger trägt zur Begründung seiner Anträge, insbesondere zur Berufung der Beklagten, ergänzend vor, dass diese ausweislich des Konzernabschlusses im Jahr 2009 einen Überschuss von 1,792 Mio. € erwirtschaftet habe und man ihm für 2009 nunmehr eine Bonuszahlung in Höhe von 1.100,00 € brutto angeboten habe. Eine andere Mitarbeiterin sei am 30.09.2008 aus dem Unternehmen der Beklagten ausgeschieden und habe eine Bonuszahlung erhalten, ebenso weitere Mitarbeiter. Nicht der „Bonustopf“ sei die Grundlage seiner Zahlungsansprüche, sondern vielmehr sein Arbeitsvertrag, der eine dreistufige Gliederung vorsehe. Wie bereits durch das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, handle es sich bei der Bezugnahme des Arbeitsvertrages auf die geltenden „Betriebsordnungen“ um einen allgemeinen und nicht um einen konkreten Verweis im Zusammenhang mit der Bonusregelung. Eine Betriebsvereinbarung gelte für den Kläger nicht. Die Ertragslage der Beklagten sei gerade nicht Geschäftsgrundlage für einen Bonusanspruch des Klägers, vielmehr hänge ein solcher ebenso von der arbeitsvertraglichen Regelung und seiner individuellen Arbeitsleistung ab. Hierbei müsse auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz abgestellt werden.
Die Beklagte führt zur Berufung des Klägers aus, dass der von diesem zuletzt vorgetragene, von der Beklagten im Jahr 2009 erwirtschaftete Überschuss von 1,792 Mio. €, mit der Folge eines hieraus resultierenden Bonusanspruchs, den im Konzernabschluss der H.-Gruppe für das Jahr 2009 ausgewiesenen Jahresüberschuss der Beklagten betreffe. Aus ihrer IT-Dienstleistungstätigkeit, bei der im Jahr 2009 98 % der Umsatzerlöse Konzernunternehmen betroffen hätten - seit 01.11.2009 werde überhaupt kein Drittkundengeschäft mehr ausgeführt -, habe die Beklagte als Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit einen Betrag von lediglich 285.552,81 € erwirtschaftet, der in voller Höhe zur Deckung von Verlusten aus dem Vorjahr - hier von 568.802,54 € - benötigt worden sei. Der im Konzernabschluss der H.-Gruppe ausgewiesene und an die Alleingesellschafterin - nunmehr: D. P. AG - abgeführte Jahresüberschuss in Höhe von 1,792 Mio. € habe im Wesentlichen auf deren vorausgegangenen, als außerordentlicher Ertrag verbuchten, freiwilligen Zuschuss vom 29.06.2009 in Höhe von 2,25 Mio. € beruht, den diese unter anderem deshalb geleistet habe, weil bei der Beklagten ein zusätzlicher Rückstellungsbedarf für Personalabbaumaßnahmen aufgrund eines Sozialplans vom 17.06.2009 in Höhe von eben 2,25 Mio. € bestanden habe. Ohne diesen freiwilligen Zuschuss der Alleingesellschafterin wäre kein Gewinn der Beklagten abgeführt worden, da dieser selbst nach Deckung von Verlusten aus dem Vorjahr durch den Ertrag aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit immer noch ein Verlust verblieben wäre, den die Alleingesellschafterin ausgleichen hätte müssen. Im Übrigen sei auf das Ergebnis der Alleingesellschafterin bzw. auf das Ergebnis der H.-Gruppe abzustellen. Das vom Kläger zuletzt angesprochene Angebot einer Zahlung von 1.100,00 € brutto habe nicht eine solche Bonuszahlung, sondern eine freiwillige einmalige Zahlung als Ersatz für die entfallene Bonuszahlung 2009 vor dem Hintergrund dargestellt, dass die Konzernunternehmen der H.-Gruppe in Deutschland sich mit dem Konzernbetriebsrat für das Jahr 2009 darauf verständigt hätten, als Ersatz für die entfallenen Bonuszahlungen eine freiwillige einmalige Zahlung vorzusehen, deren Auszahlung einen Verzicht auf etwaige Bonusansprüche voraussetze. Diese Ersatzzahlung sei unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg. Die Mittel für diese Ersatzlösung seien, in Abstimmung mit dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) und den Stakeholdern, gerade deshalb zur Verfügung gestellt worden, weil es eben keinen „Bonustopf“ für Bonuszahlungen nach dem Regelprozess gebe. Nur diejenigen ausgeschiedenen Mitarbeiter hätten eine (anteilige) abschließende Bonuszahlung bekommen, die vor dem 29.09.2008 bereits eine entsprechende Zusage durch die Beklagte oder die Deutsche P. AG erhalten gehabt hätten. Auch an aktive Mitarbeiter oder Vorstände habe die Beklagte in den Jahren 2008 und 2009 keine erfolgsbezogene variable Vergütung bezahlt. Da nach dem ersten Rettungswochenende des 27./28.09.2008 schnellstmöglichst neue und hochqualifizierte Vorstandsmitglieder für die H. R. E. H. AG und die D. P. AG gefunden hätten werden müssen, habe diesen ein Anreiz zur unverzüglichen Aufgabe ihrer bisheriger Anstellungen geboten werden müssen, weshalb drei Vorstandsmitgliedern für den Zeitraum von Oktober bis 31.12.2008 bzw. für das 1. Quartal 2009 variable Vergütungen garantiert und bezahlt worden seien, wobei diese sich bereit erklärt hätten, die Auszahlung der garantierten variablen Vergütung bis zu einem Zeitpunkt nach Abschluss der Restrukturierung und Neuausrichtung der H.-Gruppe nicht fällig zu stellen. Im Übrigen wiederholt die Beklagte ihre Ausführungen in ihrer Berufungsbegründung zur Auslegung der arbeitsvertraglichen Regelung durch die hier bestehende „Betriebsordnung“ bei der Beklagten, die arbeitsvertraglich einbezogen sei, und verweist weiter auf aktuelle, von ihr für einschlägig gehaltene, Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Hamburg sowie auch des Landesarbeitsgerichts München vom 06.10.2005.
Wegen des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 03.06.2010 (Berufungsbegründung des Klägers), vom 07.07.2010 (Berufungsbegründung sowie Berufungsbeantwortung der Beklagten - in deren zuletzt vorgelegter Fassung), vom 12.08.2010 und vom 06.09.2010, nebst der jeweils damit vorgelegten Anlagen/Unterlagen, sowie auf ihre ergänzenden Einlassungen im Rahmen ihrer Parteianhörung in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren gemäß der entsprechenden Feststellungen in der Sitzungsniederschrift vom 09.09.2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg, anders als die Berufung der Beklagten.
I.
Die gem. § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers als ebenso die eigenständige Berufung der Beklagten sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit jeweils zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
Die Berufung der Beklagten ist begründet (dazu 1.), weshalb die Berufung des Klägers zurückzuweisen ist (dazu 2.).
1. Der Kläger hat bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf Bonuszahlung für die streitgegenständlichen Kalenderjahre 2008 und 2009 (anteilig).
a) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts im angefochtenen Endurteil vom 23.03.2010 (ebenso ArbG München, U. v. 28.11.2009, 26 Ca 11272/09 - nunmehr: LAG München, 3 Sa 235/10 - in einem gleichgelagerten Verfahren gegen die nunmehrige Muttergesellschaft der Beklagten D. P. AG) ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrages der Parteien vom 13.11.2006 nicht, dass dieser - unter Abschnitt II. („Vergütung“ - „Bonus“) - einen eigenständigen, von dem weiteren durch die „Betriebsordnung“ der Beklagten vom 01.04.2006 begründeten Bonusanspruch unabhängigen, somit isoliert konstitutiv geltenden Bonusanspruch enthält.
aa) Gem. § 157 BGB sind Verträge - zunächst außerhalb von bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachtenden besonderen Grundsätzen (dazu s. u. cc) - so auszulegen, wie dies Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern.
Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Die Auslegung hat ausgehend vom Wortlaut, der nach dem Sprachgebrauch der jeweiligen Verkehrskreise zu bewerten ist, sämtliche den Parteien erkennbaren Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen, zu berücksichtigen. Anhaltspunkte für das Gewollte können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte, dem Zweck des Vertrages und der bei Vertragsschluss vorliegenden Interessenlage sowie aus weiteren Äußerungen der Parteien im Zusammenhang mit der Erklärung ergeben (so etwa die bereits von der Beklagten zitierte Entscheidung des BAG vom 12.02.2003, 10 AZR 392/02, AP Nr. 3 zu § 611 BGB Tantieme - II. 2. lit. b) der Gründe -; vgl. auch U. v. 31.07.2002, 10 AZR 513/01, NZA 2003, S. 100 f).
bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen enthält die Vergütungs-/Bonusregelung unter Abschnitt II. des Arbeitsvertrages der Parteien vom 13.11.2006 zwar eine konstitutive Grundlage für einen hierdurch individualrechtlich begründeten Bonusanspruch - dort ist festgehalten, dass der Kläger zusätzlich zu einem dort davorstehend normierten Jahresgehalt (zunächst: 61.750,00 € brutto) einen Bonus „erhält“, dessen Höhe jährlich nachträglich unter Berücksichtigung der drei dort genannten Parameter - zwei subjektive Faktoren („individuelle Zielerreichung“ und „Teamverhalten“) und der „Erfolg der Gesellschaft“ als objektiver Tatbestand - in einer Größenordnung zwischen 0 % und 200 % des dort ebenfalls festgehaltenen „Bonusbasiswertes“ (5.500,00 € brutto - gemäß Schreiben der Beklagten vom 20.12.2007: ab 2008 dann 10.000,00 € brutto/Jahr) durch die Beklagte festzusetzen sein sollte (damit, wie das Arbeitsgericht insoweit zutreffend ausführt, jeweils unter Beachtung der Grundsätze des § 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB).
Der Arbeitsvertrag begründet nach Wortlaut, immanenter Vertragssystematik sowie Sinn und Zweck damit dem Grunde nach konstitutiv einen grundsätzlichen Bonusanspruch, einen solchen „an sich“ (aA ArbG München im vorgelegten Urteil vom 29.04.2010, 36 Ca 11452/09, hier Anl. B 18, Bl. 243 f d. A.).
Jedoch verweist der Arbeitsvertrag, weitergehend, gleichzeitig auch auf die Geltung - die einzelvertragliche Einbeziehung - der „Arbeitsordnung“ und der übrigen „Betriebsordnungen“ der Beklagten (Abschnitt V. - „Betriebsordnungen“ -), damit grundsätzlich auch auf die „Betriebsordnung … zur flexiblen Vergütung und zum Mitarbeitergespräch“ vom 01.04.2006. Dort sind entsprechend der Bezeichnung dieser „Betriebsordnung“ die Vergütungsmodalitäten hinsichtlich der Ermittlung der jeweiligen konkreten Höhe der flexiblen Vergütung qua individuellen „Bonus“ (Abschnitt B. II. 1. und Abschnitt C. IV.) und damit zusammenhängend die Durchführung des grundsätzlich jährlich stattfindenden Mitarbeitergesprächs (Abschnitt C. I. bis IV.) - als die eine, zwingende, Voraussetzung für die individuelle Bonushöhe - verfahrenstechnisch, prozedural, geregelt, die Bewertungsgrundsätze - die Bewertungstatbestände - und die Bewertungs(noten)stufen sowie der Prozess der hierauf aufbauenden individuellen Bonusermittlung festgehalten.
(1) Der Rechtsstatus dieser, einzelarbeitsvertraglich einbezogenen, „Betriebsordnung“ ist im vorliegenden Zusammenhang irrelevant: Dass es sich um keine (Gesamt-)Betriebsvereinbarung handelt - handeln kann -, wie der Kläger mehrfach (und überflüssigerweise) betont, liegt auf der Hand. Nach ihrem unbestritten gebliebenen Vorbringen bestand nur in einem der drei Betriebe der Beklagten (in S.) überhaupt ein Betriebsrat, ein solcher jedenfalls nicht im Beschäftigungsbetrieb des Klägers in M. Eine, naheliegende, unternehmensübergreifende kollektivrechtliche Regelung im förmlichen Sinne konnte bei der Beklagten damit nicht geschaffen werden, zumal vor diesem Hintergrund auch kein Gesamtbetriebsrat bestehen konnte (§ 47 Abs. 1 BetrVG). Es mag naheliegen, dieser unternehmensweit geltenden „Betriebsordnung“ als damit mitbestimmungsfreier Rechtssetzung der Beklagten den Status einer „Gesamtzusage“ (vgl. näher zuletzt etwa BAG, U. v. 17.11.2009, 9 AZR 765/08, AP Nr. 88 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = NZA-RR 2010, S. 293 f - Rz. 19, m. w. N. -; ErfK-Preis, 10. Aufl. 2010, § 611 BGB, Rz. 218 f m. w. N. zur einschlägigen Rspr.) oder auch einer betrieblichen Einheitsregelung sonst zuzuerkennen, da es hierbei ersichtlich nicht um eine genuine Zusage im Sinne von die Arbeitnehmer begünstigenden Regelungen, sondern im Wesentlichen um einheitliche verfahrenstechnische Präzisierungen der Festlegung der einzelvertraglichen Vergütungsregelungen der individuellen Höhe nach geht, was jedoch im vorliegenden Zusammenhang deren Auslegung, immanent und zusammen mit dem Arbeitsvertrag der Parteien, qua dortiger Verweisung, entscheidungsunerheblich ist.
(2) Nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang beider Regelungen sowie Sinn und Zweck dieser Bestimmungen gemäß vorstehend genannter Auslegungsgrundsätze können der Arbeitsvertrag der Parteien und die dort ausdrücklich in Bezug genommene „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006 zur „Flexiblen Vergütung …“ nach Auffassung der Berufungskammer nur im Zusammenhang, in ihrer Einheit, betrachtet und verstanden werden. Anders als offensichtlich vom Arbeitsgericht angenommen enthalten nicht beide Regelungen - der Arbeitsvertrag einerseits und die „Betriebsordnung“ andererseits - parallel jeweils eigenständige, nebeneinander stehende, (individualrechtliche) Bonusregelungen, vielmehr konkretisiert die „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006 in verfahrenstechnischer Form vor allem die Ermittlung des konkreten jährlichen Bonusanspruchs und damit dessen Höhe. Der Arbeitsvertrag einerseits enthält die grundlegende Zusage eines Bonusanspruchs und dessen grundsätzlicher Höhe (im Rahmen von 0 % bis 200 % dessen dort ebenfalls festgelegten „Basiswertes“), die „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006 normiert andererseits die genaueren prozesstechnischen Bestimmungen zur Ermittlung der konkreten jährlichen individuellen Bonushöhe. In der „Betriebsordnung“ ist, anders als im Arbeitsvertrag, erstmals vom jährlichen Mitarbeitergespräch als „Voraussetzung für die Auszahlung des Bonus“ (Abschnitt C. II. Satz 2 dort) die Rede, mit näherer Festlegung des „Prozess(es) des Mitarbeiter-Gesprächs“ und der Bewertungsstufen (auch der Kläger wendet sich nicht gegen den Inhalt des Protokolls des mit ihm am 27.01.2009 für das Kalenderjahr 2008 geführten Mitarbeitergesprächs gemäß Formblattformalisierung auf der Grundlage der „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006 und auch nicht gegen die dort festgehaltenen Einzelbewertungen (Anl. B 9, Bl. 79 bis 93 d. A.) - der Kläger problematisiert im vorliegenden Rechtsstreit lediglich die dortigen Bewertungsergebnisse hinsichtlich der weiteren Frage deren Auswirkungen auf die prozentuale Zielerfüllungsquote im Rahmen eines Bonusanspruchs der Höhe nach). Nur in der „Betriebsordnung“ sind ein „separater Prozess“ zur Festlegung der genauen Höhe des Bonus nebst Hinweis auf jährliche „Umsetzungsrichtlinien“, einer „relativen Kopplung“ der sich aus dem jährlichen neu festzulegenden jeweiligen „Bonustopf“ ergebenden Bandbreiten und die jährliche Information hierüber usw. (Abschnitt C. V. dort) geregelt.
Die arbeitsvertragliche Individualregelung, die lediglich einen grundsätzlichen Bonusanspruch als solchen und dessen „Basiswert“, mit einer Bandbreite des konkreten jährlichen Bonusanspruchs von 0 % bis 200 % dieses Basiswerts, normiert, und die näheren verfahrenstechnischen Modalitäten zur jährlichen Ermittlung des individuellen Bonus in der „Betriebsordnung“ der Beklagten, auf deren (ergänzende) Geltung im Arbeitsvertrag auch ausdrücklich verwiesen ist, können hinsichtlich Grund und Höhe des Bonusanspruches deshalb nur im Zusammenhang gelesen werden. Insoweit gilt nichts anderes als beim, in der Praxis verbreiteten und üblichen, Verweis/der Bezugnahme im Einzelarbeitsvertrag auf die Geltung einschlägiger tarifvertraglicher (u. ä.) Regelungen im Übrigen.
cc) Sowohl der Arbeitsvertrag als auch die „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006 jeweils immanent, für sich, als auch beide Regelungen im systematischen Zusammenhang betrachtet, halten einer AGB-Kontrolle stand.
(1) Dass es sich sowohl beim Arbeitsvertrag der Parteien vom 13.11.2006 als auch bei der, von der Beklagten einseitig (wohl als Gesamtzusage) gesetzten, „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006 um Allgemeine Geschäftsbedingungen im rechtlichen Sinne handelt (§§ 305 Abs. 1, 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BGB), liegt auf der Hand - wird auch von den Parteien nicht in Zweifel gezogen.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind, tendenziell abweichend von den Grundsätzen der vordergründig einzelfallbezogenen Auslegung von Individualverträgen, nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normaler Weise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grund zu legen sind (vgl. etwa BAG, U. v. 24.09.2008, 6 AZR 76/07, AP Nr. 11 zu § 305c BGB m. Anm. Singer/Hake - Rz. 23, m. w. N. -).
(3) Dass die (knappen) Grundsatzregelungen zum Bonusanspruch unter Abschnitt II. des Arbeitsvertrages vom 13.11.2006 und/oder die Bestimmungen der „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006 insgesamt oder - letztere Regelung - hinsichtlich des Verfahrens bei der individuellen jährlichen Bonusermittlung zunächst jeweils für sich, immanent, betrachtet im Hinblick auf das Vorliegen von „Überraschungsklauseln“ - mit der Folge, dass diese insoweit nicht Vertragsbestandteil geworden wären (§ 305 c Abs. 1 BGB) – problematisch oder, auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), wegen unangemessener Benachteiligung des Klägers rechtsunwirksam sein sollten (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB), ist nicht zu erkennen - wird auch vom Kläger nicht näher geltend gemacht. Die Beklagte verweist hierzu nachvollziehbar auch darauf, dass der Inhalt der hier maßgeblichen „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006 weitestgehend, sogar bis in die Einzelheiten des jeweiligen Wortlauts, der förmlichen Gesamtbetriebsvereinbarung vom 13.10.2005 bei der Muttergesellschaft der Beklagten zum nämlichen Regelungsinhalt („… zur flexiblen Vergütung und zum Mitarbeitergespräch“) entspricht (hier Anl. B 6, Bl. 81 bis 85 d. A., so im Ergebnis auch ArbG München, U. v. 29.04.2010, 36 Ca 11452/09).
(4) Auch der ergänzende Verweis, die Bezugnahme, auf die Geltung der „übrigen Betriebsordnungen“ bei der Beklagten unter Abschnitt V. („Betriebsordnungen“) des Arbeitsvertrages vom 13.11.2006 stellt weder ein überraschende Klausel i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB noch eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 BGB dar:
Eine Ungewöhnlichkeit einer Vertragsbestimmung im i. S. d. § 305c Abs. 1 BGB kann sich sowohl aus dem Inhalt einer solchen (Verweisungs-)Klausel als auch aus deren Ort ergeben, an dem sie sich im Vertragstext befindet - hierfür erforderlich ist, dass der Klausel, auch nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertragstextes, deshalb ein Überraschungs- oder Überrumpelungseffekt innewohnt, dass zwischen den durch die konkreten Umstände bei Vertragsschluss begründeten berechtigten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt ein deutlicher Widerspruch besteht (vgl. etwa BAG, U. v. 25.09.2008, 8 AZR 717/07, AP Nr. 39 zu § 307 BGB - Rz. 24 m. w. N. -; BAG, U. v. 09.05.2007, 4 AZR 319/06, AP Nr. 8 zu § 305 c BGB - Rz. 21 m. w. N. -).
Eine ergänzende Bezugnahme auf andere Regelungen - auf Tarifverträge, auch auf (insoweit deklaratorisch) Betriebsvereinbarungen, hier auf (aus kollektivrechtlichen Gründen nahezu zwangsläufig) einseitige einheitliche Rechtssetzungen der Arbeitgeberin in Form von „Betriebsordnungen“ - ist, wie vorstehend bereits erwähnt, in Arbeitsverträgen nicht ungewöhnlich und überraschend. Dynamische Verweisungen auf anderweitige Rechtsgrundlagen sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument derart verbreitet, dass ihre Aufnahme in Formulararbeitsverträge keinesfalls als überraschend anzusehen ist (BAG, etwa U. v. 24.09.2008, 6 AZR 76/07, aaO - Rz. 20 -). Gerade weil im vorliegenden Fall kollektivrechtliche Regelungen wie Tarifverträge offensichtlich keine Rolle spielen und auch förmliche Betriebsvereinbarungen mangels Vorhandenseins eines Betriebsrats im Beschäftigungsbetrieb in M. nicht existieren (können), können eine einseitige überbetriebliche/überindividuelle Rechtssetzung in Form von „Betriebsordnungen“ - ergänzende Einheitsregelungen zu individualvertraglich nicht näher normierten Gegenständen/Prozessen - und der, dynamische, arbeitsvertragliche Verweis hierauf keinesfalls als ungewöhnlich oder gar als überraschend angesehen werden.
Dies gilt auch hinsichtlich der formalen Stellung der Verweisungsklausel am Ende des Abschnittes V. des Arbeitsvertrages:
Dort ist der dynamische Verweis auf die Geltung der „Betriebsordnungen“ der Gesellschaft in deren jeweils gültiger Fassung unter der durch Fettdruck herausgehobenen Überschrift „Betriebsordnungen“ enthalten, wobei sich unter diesem Abschnitt mehrere sonstige, ergänzende, Bestimmungen (zum Direktionsrecht, zur Nebentätigkeit, zu Nutzungsrechten und „Compliance-Richtlinien“ u. a.) befinden. Dies ist nach dem äußeren Erscheinungsbild des Arbeitsvertrages somit nicht versteckt oder ungewöhnlich platziert normiert - vielmehr in der Überschrift sogar drucktechnisch hervorgehoben.
(5) Diese dynamische Verweisungsklausel auf die bei der Beklagten bestehenden „Betriebsordnungen“ ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot oder unangemessener Benachteiligung des Klägers sonst im i. S. d. § 307 BGB, insoweit (§ 306 Abs. 1 BGB), unwirksam. Der, wie ausgeführt, in der Praxis sehr verbreitete - wenn nicht nahezu durchgängig übliche - Verweis auf die (ergänzende) Geltung sonstiger Vorschriften, insbesondere kollektivrechtlicher Regelungen (hier eben zwangsläufig einseitiger Einheitsfestsetzungen der Beklagten), ist keinesfalls unklar oder unverständlich - intransparent i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB -. Das Bestimmtheitsgebot als maßgebliche Ausprägung des Transparenzgebots verlangt lediglich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für die Verwendung keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und der Gefahr vorgebeugt wird, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird.
Bezugnahmeklauseln sind, auch in dynamischer Form, im Arbeitsrecht eben weit verbreitet, entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar, was ausreichend ist (vgl. etwa BAG, U. v. 06.05.2009, 10 AZR 390/08, AP Nr. 44 zu § 307 BGB - Rz. 26 m. w. N. -).
Es ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass der dynamische Verweis auf die Geltung der „übrigen Betriebsordnungen“ der Beklagten hinsichtlich der Verweisungsobjekte überhaupt unklar gewesen sein sollte und insbesondere die hier maßgebliche, beim Arbeitsvertragsabschluss bereits vorhandene, „Betriebsordnung … zur flexiblen Vergütung und zum Mitarbeitergespräch“ vom 01.04.2006 vom Kläger nicht ausreichend identifiziert hätte werden können.
Es fehlt auch sonst an einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB.
Zum einen kann offen bleiben, ob einer Vertragsinhaltskontrolle hierzu nicht überhaupt § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB entgegenstehen müsste, wonach eine solche Vertragskontrolle hiernach nur bei einer Abweichung von Rechtsvorschriften stattfindet. Die maßgebliche „Betriebsordnung“ vom 01.03.2006 enthält keine Abweichung von „Rechtsvorschriften“, weil es förmliche solche bei der Beklagten ersichtlich nicht gibt (diese im Übrigen eben inhaltlich nahezu identisch ist mit der förmlichen Gesamtbetriebsvereinbarung vom 13.10.2005 bei der Muttergesellschaft der Beklagten zum selben Regelungsbereich - welche eine „Rechtsvorschrift“ i. S. d. §§ 307 Abs. 3 Nr. 1, 310 Abs. 4 Nr. 3 BGB darstellen würde … -).
Eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu beurteilen, wobei das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse der Vertragspartners an der Ersetzung der Klausel durch das Gesetz abzuwägen und bei der wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner, auch grundrechtlich geschützter Rechtspositionen, ein genereller, typisierender, Maßstab anzulegen ist (vgl. etwa BAG, U. v. 06.05.2009, 10 AZR 443/08, AP Nr. 43 zu § 307 BGB - Rz. 13 m. w. N. -). Hierbei sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen (§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB).
Hiervon kann bei der arbeitsvertraglichen Verweisung auf die Geltung der „Betriebsordnungen“ der Beklagten keine Rede sein. Die hier maßgebliche „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006 konkretisiert lediglich im Wesentlichen verfahrenstechnisch den Prozess der jährlichen Bestimmung der Höhe des individuellen Bonusanspruchs auf der dort normierten Grundlage eines ebenfalls jährlich durchzuführenden Mitarbeitergesprächs mit individueller Leistungsbeurteilung (s. o.).
Wenn in dieser „Betriebsordnung“, gegenüber der allgemeinen Bonusregelung im Arbeitsvertrag, erstmals von einem „Bonustopf“ die Rede ist, ist auch dies nicht essenziell neu oder mögliche Ansprüche des Klägers erstmalig in Frage stellend. Bereits der Arbeitsvertrag legt fest, dass sich der Anspruch auf nachträgliche jährliche Bonuszahlung, neben subjektiven Voraussetzungen („individuelle Zielerreichung“ und „Teamverhalten“), auch nach dem „Erfolg der Gesellschaft“ richte und zwischen 0 % und 200 % des dort individuell festgelegten „Basiswerts“ liegen könne. Bereits hiernach konnte somit, unabhängig von einer näheren relativen und absoluten Gewichtung der für den konkreten Bonusanspruch relevanten Parameter, ein Bonusanspruch „Null“ betragen, also gänzlich entfallen. Sinn und Zweck einer Bonusregelung ist, auf der Hand liegend (siehe hier auch den Inhalt der Präambel der „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006), zum einen ein Leistungsanreiz, zum anderen eine Partizipation am Gewinn - „Erfolg“ - der Arbeitgeberin.
Der arbeitsvertragliche Verweis auf die „Betriebsordnungen“ - hier diejenige vom 01.04.2006 (zur „Flexiblen Vergütung und zum Mitarbeitergespräch“) - als insbesondere verfahrenstechnischer, prozeduraler, Bestimmung der nachträglichen jährlichen Bonusermittlung stellt damit keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB dar.
(6) Ein Zurückgreifen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur AGB-Kontrolle von Freiwilligkeitsvorbehalten bei Sonderzahlungen (vgl. zuletzt etwa U. v. 30.07.2008, 10 AZR 606/07, NZA 2008, S. 1173 f; U. v. 10.12.2008, 10 AZR 1/08 und AZR 3/08, AP Nr. 40 und 41 zu § 307 BGB; U. v. 21.01.2009, 10 AZR 219/08, NZA 2009, S. 310 f; U. v. 18.03.2009, 10 AZR 289/08, NZA 2009, S. 535 f) scheidet aus, da hier keine Freiwilligkeit der Bonuszahlung als solche normiert ist, diese vielmehr als grundsätzlich festgelegter Anspruch an näher definierte, subjektive und objektive, Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft ist.
Ebenso wenig stellt die Bezugnahmeklausel hier im Ergebnis einen Widerrufsvorbehalt der Beklagten dar (§ 308 Nr. 4 BGB), der damit an den Voraussetzungen der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hierzu zu messen wäre (U. v. 10.11.2006, 5 AZR 721/05, AP Nr. 6 zu § 308 BGB). Es geht hier nicht um den Widerruf eines einmal entstandenen Anspruchs - also der Ausübung eines Gestaltungsrechts -, sondern dessen Entstehen und konkrete Höhe, abhängig von mehreren Tatbestandsparametern, die jährlich nachträglich individuell festzulegen sind.
Auch liegt keine monatlich zu zahlende (Leistungs-)Zulage vor, bei der die Möglichkeit zur grundlosen, erklärungslosen, Einstellung der Zahlung die Interessen des Klägers unangemessen nach § 307 Abs.1 BGB benachteiligen würde (BAG, U. v. 25.04.2007, 5 AZR 627/06, AP Nr. 7 zu § 308 BGB). Hier geht es um einen normierten grundsätzlichen Rechtsanspruch auf die jährliche Bonuszahlung, wenngleich eben abhängig von der Erfüllung einzelner Kriterien.
dd) Hiernach erweist sich die Gesamtregelung zum Bonusanspruch im Arbeitsvertrag der Parteien vom 13.11.2006 und in der einschlägigen „Bonusordnung“ vom 01.04.2006 auch im Hinblick auf die gesetzlichen AGB-Kontrollregelungen als rechtswirksam.
b) aa) Nach den Bestimmungen zur Bonuszahlung im Arbeitsvertrag vom 13.11.2006 und in der „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006 hängt dieser Anspruch nach beiden Bestimmungen (jeweils) - auch - vom „Erfolg der Gesellschaft“ ab, der die Höhe des jährlichen „Bonustopfes“ bestimmt.
Zwar könnte die Diktion der einschlägigen Regelungen sowohl des Arbeitsvertrages als auch der hier maßgeblichen „Betriebsordnung“ im Ergebnis die Annahme nahelegen, dass im Vordergrund der jährlichen Bonusfestsetzung dessen jeweilige Höhe, dessen „Wie“ im Sinne der konkreten Verteilung, stand, weil davon ausgegangen worden sein mag, dass es eigentlich immer einen „jährlichen Bonustopf“ („Betriebsordnung“) geben dürfte, die Frage des „Ob“ eines „Bonustopfes“ überhaupt als Voraussetzung jeglicher Bonusfestsetzung damit ggf. als eher virtuelle Frage angesehen worden sein dürfte. Andernfalls könnte die „Betriebsordnung“ nicht ohne Weiteres normieren, dass neben dem „jährlichen Bonustopf“ in Abhängigkeit vom Geschäftserfolg, also letztlich des Vorliegens „Schwarzer Zahlen“, auch „die Honorierung der individuellen Zielerreichung“ - des Ergebnisses der jeweiligen Leistungsbewertung - die konkrete Höhe des individuellen Bonus, bestimme: Letzteres wäre als eigenständiges Kriterium von vornherein obsolet, wenn es mangels „Gesellschaftserfolges“ im bonusrelevanten Jahr dann überhaupt keinen „Bonustopf“ geben sollte.
Andererseits legen sowohl der Arbeitsvertrag als auch die „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006 eindeutig fest, dass ein Bonusanspruch entfällt, wenn kein „Bonustopf“ zur Verfügung steht, weil ein „Gesellschaftserfolg“ nicht gegeben ist: Wie ausgeführt normiert bereits der Arbeitsvertrag immanent, dass auch unter Berücksichtigung der dort undifferenziert nebeneinander gestellten subjektiven und objektiven Tatbestandsvoraussetzungen für einen Bonusanspruch - „individuelle Zielerreichung“, „Teamverhalten“ und „Erfolg der Gesellschaft“ - die Bonuszahlung 0 % betragen könne. Dies ist jedoch nur verständlich, wenn gleichzeitig davon ausgegangen wird, dass auf der ersten Ebene überhaupt ein Verteilungsvolumen („Bonustopf“ gemäß der „Betriebsordnung“) zur Verfügung steht, also allererst Bonusmittel überhaupt zu verteilen sind: Wäre der „Erfolg der Gesellschaft“ nur eines der drei dort parallel aufgelisteten Bonusparameter, müsste auch bei fehlendem Gesellschaftserfolg - „Roten Zahlen“, Verlustsituation - und nicht völlig negativer subjektiver Leistungsbewertung, individueller Zielerreichung, ein Bonusanspruch bestehen/entstehen, etwa gemäß einer isolierten prozentualen Einzelquotierung dieser Bonusvoraussetzungen, wie sie das Arbeitsgericht hier vorgenommen hat (mit insgesamt 50 % immanenten Wertansatzes für die beiden kumulierten subjektiven Bonusparameter gemäß Arbeitsvertrag, mit wiederum eher phantasievoller Binnenbewertung aufgrund Übersetzung der vorliegend gegebenen Leistungsbewertungsergebnisse in angenommene Zielerfüllungsquoten … !?). Dies würde aber bereits der arbeitsvertraglichen Regelung zur Möglichkeit eines Entfalls eines Bonusanspruchs überhaupt (0 %) widersprechen (da der Fall, dass, wie vom Arbeitsgericht offensichtlich angenommen, alle drei auf gleicher Ebene maßgeblichen Bonuskriterien dann konsequent jeweils mit „Null“ zu bewerten waren - sowohl gänzlich fehlender Gesellschaftserfolg als auch katastrophales subjektives Leistungs-/Teamverhalten - als wohl virtuell auszuschließen sein dürfte).
Deshalb kann nach den obigen Grundsätzen bereits die arbeitsvertragliche Bonusregelung für sich nur so ausgelegt werden, dass ohne „Erfolg der Gesellschaft“ und damit grundsätzlich zur Verfügung stehenden Mitteln für Bonuszahlungen (deren „Ob“) zwangsläufig eine Verteilung („Wie“) unter erst dann möglicher Berücksichtigung der subjektiven Bonuskriterien von vornherein entfallen muss - beide Tatbestände zum einen des Vorhandenseins eines „Gesellschaftserfolges“ überhaupt und damit allererst vorhandener Mittel für eine Bonusausschüttung und zum anderen der subjektiven Verteilungskriterien hierarchisch eine Kausalbeziehung bilden („erst wenn - dann“). Nur unter dieser Voraussetzung gewinnt die arbeitsvertragliche Bonusregelung immanent, für sich betrachtet, Sinn.
Gleiches ergibt sich zur Überzeugung der Berufungskammer aus der Regelung zur „Festlegung der individuellen Höhe des Bonus“ unter Abschnitt C. IV. der „Betriebsordnung“ vom 01.04.2006: Auch hier ist Voraussetzung für die Bonuszahlung, dass überhaupt ein „jährlicher Bonustopf“, wie dort wörtlich festgehalten, vorhanden ist, dessen Existenz wiederum „grundsätzlich vom Gesellschaftserfolg bestimmt“ wird. Erst dann kann es zur Frage dessen Verteilung nach dem Ergebnis der individuellen Leistungsbewertung und den jährlich neu festzulegenden „Umsetzungsrichtlinien“ (usw.) kommen. Im Umkehrschluss heißt dies wiederum: Ohne Vorhandensein eines „Bonustopfes“ kann es vornherein zu keiner Verteilung hieraus kommen. Gibt es keinen „Bonustopf“, ist hieraus auch nichts zu verteilen.
bb) Die Beklagte hat von der Bildung eines „Bonustopfes“, von der Zurverfügungstellung von Mitteln - eines Etats - für Bonuszahlungen, sowohl für das Kalenderjahr 2008 als auch für das Kalenderjahr 2009, zu recht abgesehen, da es in diesen beiden hier streitgegenständlichen Jahren an der hierfür sowohl nach dem Arbeitsvertrag als auch der „Betriebsordnung“ einschlägigen grundlegenden Voraussetzung eines vorhandenen „Gesellschaftserfolges“ evident gefehlt hat:
Die Beklagte ist unbestritten eine 100%ige Tochtergesellschaft vormals der H. R. E. H. AG bzw., seit 30.06.2009, der H. R. E. B. AG (nunmehr: D. P. AG). Mit Letzterer hat sie, auch ausweislich des vorgelegten Auszugs aus dem Handelsregister (B) des Amtsgerichts Stuttgart, mit Wirkung vom 28.08.2009 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen, bildet also mit dieser offensichtlich einen Konzern i. S. d. §§ 18 Abs. 1, 291 Abs. 1 AktG. Sowohl die H. R. E. H. AG als frühere Muttergesellschaft/Alleingesellschafterin der Beklagten als auch die H. R. E. B. AG (D. P. AG) als nunmehrige Alleingesellschafterin/Muttergesellschaft der Beklagten waren jedenfalls ab Ende September 2008 faktisch in vollem Umfang insolvent und wurden nur durch, insbesondere, Staatsbeteiligungen und Staatsgarantien, zuletzt über den SoFFin, von (zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren … !) ca. 102 Mrd. € aus übergeordneten wirtschafts-/globalpolitischen Erwägungen vor dem Untergang gerettet, etwa ein Jahr später vollständig verstaatlicht. Dies wird auch vom Kläger nicht grundsätzlich bestritten und ist im Übrigen gerichtsbekannt.
Der Ausweis eines bilanziellen Jahresüberschusses der Beklagten von 1,279 Mio. € im Konzernabschluss der H.-Gruppe für das Jahr 2009, auf den der Kläger in der Berufung zuletzt abgehoben hat, beruhte nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Beklagten hierzu (§ 138 Abs. 3 ZPO) auf einem freiwilligen, bei der Beklagten als außerordentlicher Ertrag verbuchten, Zuschuss ihrer Muttergesellschaft und Alleingesellschafterin D. P. AG von 2,25 Mio. € insbesondere im Hinblick auf den durch einen personalabbaubedingten Sozialplan bei der Beklagten vom 17.06.2009 erforderlichen Rückstellungsbedarf in gleicher Höhe.
Angesichts dessen und der Situation bei der Beklagten insgesamt als vollständiger Bestandteil der nur durch einen staatlichen „Schutzschirm“ und letztlich nur durch eine vollständige Verstaatlichung vor der sofortigen Insolvenz geretteten H.-Gruppe kann kein vernünftiger Zweifel an jeglichem Fehlen irgendeines „Gesellschaftserfolges“ als Voraussetzung für jegliche Bonuszahlung überhaupt bestehen. Die Beklagte durfte - musste (auch aufgrund „politischer“ Vorgaben ihrer nunmehrigen (Allein-)Gesellschafterin) - Bonuszahlungen damit auch für das Jahr 2008 einstellen und deren Entstehen grundsätzlich ablehnen.
cc) Offen soll damit weiter bleiben, ob nicht im vorliegenden Fall, unter den vorliegenden besonderen Umständen, hier zugunsten der Beklagten ausnahmsweise ein (Teil-) Wegfall der Bonusansprüche nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 bis Abs. 3 BGB) anzunehmen wäre, ausgehend davon, dass die Beklagte hier im September 2008 nur aus übergeordneten global-/makrowirtschaftspolitischen Erwägungen durch staatliches Eingreifen und sodann ihre völlige Verstaatlichung vor der sofortigen Insolvenz - der Kläger damit vor einer anzunehmenden, längerfristigen, Insolvenzforderungsquote von 0,00 % (!) - gerettet wurden, wie dies das Landesarbeitsgericht Hamburg im vorgelegten Urteil vom 10.02.2010, 3 Sa 83/09, (dort aE, Seite 17, hier Anl. B 19, Bl. 259 f/275 d. A.) in einem durchaus vergleichbaren Fall fehlender wirtschaftlicher Überlebensfähigkeit einer Bank ohne fremde (staatliche) Hilfe mit nachvollziehbaren Überlegungen angenommen hat.
c) Auf den Gleichbehandlungsgrundsatz kann der Kläger seine Bonusansprüche für die Kalenderjahre 2008 und 2009 zunächst dem Grunde nach erkennbar keinesfalls stützen:
Es stellt in keiner Weise eine fehlerhafte - sachwidrige - Ungleichbehandlung zunächst hinsichtlich der erfolgten Gruppenbildung dar, wenn die Beklagte unwiderlegt ausführt, dass sie nach dem Wochenende 27./28.09.2008, an dem die H.-Gruppe insbesondere durch Staatseingriffe/-garantien vor dem sonst unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch - vor ihrer Insolvenz - gerettet wurde, grundsätzlich keinerlei Bonuszusagen mehr erteilt habe, wenngleich sie, nach ihrem Vorbringen etwa in Aufhebungsverträgen, bis dahin erteilte Bonuszusagen naturgemäß auch danach noch zu erfüllen hatte.
Auf eine konzernbezogene Gleichbehandlung mit Vorstandsmitgliedern, und der Muttergesellschaft der Beklagten - somit nicht dieser selbst! -, kann der Kläger sich weiter bereits mangels deren Arbeitnehmerstatus - und der ebenso unwiderlegt vorgetragenen Rechtfertigung einzelfallbezogener abwerbungsrelevanter Bonizusagen in diesen besonderen Fällen - nicht stützen.
d) Auch das Angebot einer „freiwilligen einmaligen Zahlung“ - „Ersatzlösung für diskretionäre variable Vergütung 2009“ - gemäß Schreiben der Beklagten vom 26.07.2010 (Bl. 288 d. A.) kann naturgemäß keinen eigenständigen Anspruch auf die streitgegenständlichen Bonuszahlungen insbesondere für 2009 begründen.
e) Wegen Fehlens von Bonusansprüchen dem Grunde nach kommt es nicht mehr auf deren etwaige Höhe und damit die Fragen an, ob das Vorbringen des Klägers zum einen hinsichtlich der von ihm angenommenen Zielerfüllungsquote und damit eines 100%igen Bonusanspruchs für das Jahr 2008 und zum anderen die offensichtlich ohne Weiteres erfolgte Fortschreibung dieser Voraussetzungen in das anteilige Jahr 2009 - bzw. eines entsprechenden Schadenersatzanspruchs - überhaupt ausreichend schlüssig wäre, ob weiter die Überlegungen des Arbeitsgerichts zum Bonusanspruch 2008 und dabei zur Binnenbewertung der Bonusparameter - 50 % für den „Gesellschaftserfolg“ und 50 % für die subjektiven Kriterien kumuliert (?) - und die zusätzliche prozentuale Binnenquotierung der subjektiven Parameter gemäß dem Ergebnis der, vom Kläger nicht als solcher in Frage gestellten, Leistungsbeurteilung 2008 (90 %?) als nachvollziehbar und überzeugend anzusehen wären.
2. Damit ist die Berufung des Klägers unbegründet.
3. Deshalb sind auf die Berufung der Beklagten das arbeitsgerichtliche Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
III.
Der Kläger hat damit die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen (§§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
IV.
Da dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.
Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gem. § 72 a ArbGG der Kläger hingewiesen wird, zulassen sollte.
Burger Schad Kuska-----------------------------------------------------
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