Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
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Sondertitel zu
§
172
HGB Handelsgesetzbuch:
Leistung einer Kommanditgesellschaft an eine andere Gesellschaft ist nur dann einem Kommanditisten als Einlagenrückgewähr zuzurechnen, wenn dieser an der anderen Gesellschaft beteiligt ist + auf ihre Geschäftsführung maßgeblichen Einfluss hat
Autor:
Franz-Anton Plitt, Chisinau - Internet entrepreneur
Text des Beschlusses
II ZR 99/08;
Verkündet am: 
 25.05.2009
BGH Bundesgerichtshof
 

Vorinstanzen:
12 U 1770/07
Oberlandesgericht
Nürnberg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Wird ein nach § 139 ZPO notwendiger Hinweis erst in der mündl. Verhandlung erteilt und kann nach den konkreten Umständen eine sofortige Stellungnahme der Partei nicht erwartet werden, muss die mündliche Verhandlung wiedereröffnet werden
Leitsatz des Gerichts:
ZPO § 139; HGB § 172 Abs. 4 Satz 1

a) Wird ein nach § 139 ZPO notwendiger Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung erteilt und kann nach den konkreten Umständen eine sofortige Stellungnahme der Partei nicht erwartet werden, muss die mündliche Verhandlung wiedereröffnet werden, wenn die Partei in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz auf den Hinweis hin Erhebliches vorträgt.

b) Die Leistung einer Kommanditgesellschaft an eine andere Gesellschaft ist nur dann einem Kommanditisten als Einlagenrückgewähr zuzurechnen, wenn dieser an der anderen Gesellschaft beteiligt ist und auf ihre Geschäftsführung einen maßgeblichen Einfluss hat.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Strohn, Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Drescher
beschlossen:


Auf die Beschwerde des Klägers wird das am 27. Februar 2008 verkündete Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 255.032,39 €



Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht.

2
Das Berufungsgericht hat, indem es die mündliche Verhandlung trotz des erst in dieser Verhandlung erteilten rechtlichen Hinweises geschlossen und den Vortrag des Klägers aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 8. Februar 2008 bei der Entscheidung nicht berücksichtigt hat, den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

3
Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger mache ausschließlich den Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der - an die R. & R. GmbH möglicherweise ausgezahlte - Einlage geltend, nicht dagegen auch den Anspruch gemäß §§ 128, 161 Abs. 2, § 171 Abs. 2, § 174 Abs. 4 Satz 1 HGB auf Erfüllung der Forderungen der Gesellschaftsgläubiger. Darauf musste das Berufungsgericht den Kläger gemäß § 139 Abs. 1 ZPO hinweisen, da sein Vortrag in dem Klagebegründungsschriftsatz insoweit zumindest missverständlich war. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht mitgeteilt hatte, welche Einzelforderungen er nach § 171 Abs. 2 HGB geltend machen wolle (siehe dazu Sen.Urt. v. 9. Oktober 2006 - II ZR 193/05, ZIP 2007, 79 Tz. 9 zu § 93 InsO). Denn auch auf diesen Gesichtspunkt musste das Berufungsgericht den Kläger hinweisen.

4
Den Hinweis auf die beabsichtigte Auslegung des Klagevortrags hat das Berufungsgericht erst in der mündlichen Verhandlung erteilt. Das war nach § 139 Abs. 4 ZPO zu spät und hatte zur Folge, dass die mündliche Verhandlung nicht sogleich geschlossen werden durfte (Sen.Beschl. v. 18. September 2006 - II ZR 10/05, WM 2006, 2328). Jedenfalls musste das Berufungsgericht nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die mündliche Verhandlung wiedereröffnen, als der Kläger in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vorgetragen hat, dass er die Haftung aus § 171 HGB geltend mache und welche Einzelforderungen er insoweit einklage.

5
Der Fehler ist entscheidungserheblich, weil nicht auszuschließen ist, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vortrags des Klägers aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 159 HGB war bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen (Insolvenzeröffnung: 1. Januar 2003, Klagezustellung: 12. Januar 2007).

6
Feststellungen dazu, ob die geltend gemachten Einzelforderungen in kürzerer Frist verjährten (s. § 159 Abs. 1 a.E.), fehlen. Deshalb muss die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Das Berufungsgericht wird ggf. auch Feststellungen zu den übrigen Voraussetzungen einer persönlichen Haftung des Beklagten zu treffen haben. Dabei geht das Berufungsgericht - wie in seinem Hinweisbeschluss zum Ausdruck gekommen - zutreffend davon aus, dass die Zurechnung einer Leistung der Kommanditgesellschaft an eine andere Gesellschaft im Rahmen der Einlagenrückgewähr und des § 172 Abs. 4 HGB als Leistung an den Kommanditisten eine Mehrheitsbeteiligung des Gesellschafters an der anderen Gesellschaft nicht voraussetzt, dass sie bei geringerer Beteiligung aber nur dann gerechtfertigt ist, wenn der Gesellschafter auf die Geschäftsführung der anderen Gesellschaft maßgeblichen Einfluss hat.

Goette Strohn Caliebe Reichart Drescher
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Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).
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