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Text des Urteils
6 Sa 394/99;
Verkündet am: 
 06.09.2000
LAG Landesarbeitsgericht
 

Erfurt
Vorinstanzen:
8 Ca 3525/98
Arbeitsgericht
Erfurt;
Rechtskräftig: unbekannt!
Für die Höhergruppierung eines angestellten Lehrers gem. eines höher bewerteten Funktionsamtes müssen neben einer freien Planstelle auch die übrigen beamtenrechtlichen Voraussetzungen vorliegen
Leitsatz des Gerichts:
1. Für die Höhergruppierung eines angestellten Lehrers gem. eines höher bewerteten Funktionsamtes (hier: Regelschulkonrektor nach BesGr A 14) müssen neben einer freien Planstelle auch die übrigen beamtenrechtlichen Voraussetzungen (Eignung, Laufbahn) vorliegen.

2. Übt der Freistaat das ihm bei der Besetzung von Beförderungsstellen zustehende Ermessen nicht aus, ist die nicht erfolgte Ermessensentscheidung, bei Vorliegen sämtlicher beamtenrechtlicher Voraussetzungen (Planstelle, Eignung, Laufbahn), durch gerichtliche Entscheidung vorzunehmen.
Entscheidungstenor


Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 27.04.1999, Az.: 8 Ca 3525/98, abgeändert.

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab 01.07.1996 Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT-O zu zahlen.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.


T a t b e s t a n d


Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers.

Der am 29.05.1958 geborene Kläger ist Diplomlehrer für die Fächer Mathematik und Physik. Er trat 1984 in den Schuldienst der DDR und ist seither als Lehrer tätig. Nach Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf den Beklagten unterrichtet er an der staatlichen Regelschule G., einer Schule mit mehr als 180 aber weniger als 360 Schülern.

Mit Schreiben vom 07.10.1992 wurde dem Kläger mit sofortiger Wirkung die Aufgabe des ständigen Vertreters des Schulleiters der staatlichen Regelschule übertragen.

Die Parteien sind tarifgebunden (BAT-O).

Nach Novellierung des Thüringer Besoldungsgesetzes nahm der Beklagte eine neue Einstufung der bei ihm beschäftigten Lehr- und Schulleitungskräfte vor. Im Ergebnis dieses Prozesses schlossen die Parteien am 25.02.1997 einen Arbeitsvertrag und vereinbarten die Anwendung des BAT-O. Nach diesem Arbeitsvertrag wird der Kläger als vollbeschäftigter angestellter ständiger Vertreter des Schulleiters einer Regelschule beschäftigt und rückwirkend ab 01.07.1995 in Vergütungsgruppe II a BAT-O eingruppiert.

Die Eingruppierung in Vergütungsgruppe II a/Besoldungsgruppe A 13 beruht auf dem Beschluß des Landespersonalausschusses Nr. 139/96 vom 16.12.1996, der den Funktionsstelleninhabern auf Antrag des Beklagten eine Übernahme in das Beamtenverhältnis im ersten oder zweiten Beförderungsamt ermöglichte.

Darüber hinaus erhält der Kläger eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen Vergütungsgruppe II a BAT-O und I b BAT-O.

Der Kläger machte zunächst mit Schreiben vom 02.09.1997 und, nach Ablehnung durch den Beklagten, mit der beim Arbeitsgericht erhobenen Klage, Vergütung ab 01.07.1995 nach der der Besoldungsgruppe A 14 entsprechenden Vergütungsgruppe I b BAT-O geltend.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe bereits deshalb Anspruch auf Besoldungsgruppe A 14, weil er die Tatbestandsvoraussetzungen erfülle. Auf weitergehende beamtenrechtliche Gesichtspunkte komme es nicht an, da es sich um ein Funktionsamt, welches nur einer Besoldungsgruppe zugeordnet sei, handele.

Im übrigen seien jedoch auch die beamtenrechtlichen Voraussetzungen gegeben. Insbesondere stehe seit dem 01.07.1995 eine der Vergütungsgruppe I b BAT-O entsprechende Angestellten- bzw. Beamtenstelle zur Verfügung.

Wegen der übrigen richterlichen Feststellungen und des Vorbringens der Parteien sowie der gestellten Anträge wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, allein das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen nach Besoldungsgruppe A 14 rechtfertige eine entsprechende Eingruppierung nicht. Vielmehr müsse eine besetzbare Planstelle vorhanden sein. Hiervon sei nicht auszugehen. Der Kläger habe seiner diesbezüglichen Darlegungslast nicht genügt.

Gegen dieses ihm am 12.05.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.06.1999 Berufung beim Thüringer Landesarbeitsgericht eingelegt und die Berufung mit dem am 13.07.1999 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger hält den Anspruch für begründet. Insbesondere vertritt er die Auffassung, er habe seine Darlegungslast bzgl. des Vorhandenseins einer freien Planstelle erfüllt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 27.04.1999 - 8 Ca 3525/98 - zu ändern und festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab 01.07.1995 Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT-O zzgl. 4 % Zinsen auf die rückständigen Nettodifferenzbeträge ab Rechtshängigkeit und für die Zeit danach ab ihrer jeweiligen Fälligkeit zu zahlen;

die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, ein Anspruch auf Einstufung in Besoldungsgruppe A 14 bestehe selbst dann nicht, wenn der Kläger seiner Darlegungslast hinsichtlich einer freien Planstelle genügt habe. Es fehle an den laufbahnrechtlichen Voraussetzungen. Bei einer fiktiven Betrachtungsweise - stünde der Kläger im Beamtenverhältnis - sei der Kläger bei regelmäßigem Verlauf des Werdegangs eines Beamten in der Laufbahn des gehobenen Dienstes sogar noch in Besoldungsgruppe A 12 eingestuft.

Darüber hinaus komme eine Beförderung auch aufgrund des Prinzips der Ämterstaffelung nicht in Betracht. Da der Schulleiter der staatlichen Regelschule G. lediglich in Besoldungsgruppe A 14 eingestuft sei, könne der Kläger daher nur in die nächstniedrigere Besoldungsgruppe A 13 eingestuft werden.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e


Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und damit insgesamt zulässige Berufung ist zum Teil begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT-O für die Zeit ab dem 01.07.1996 zu. Hinsichtlich des davor liegenden Zeitraumes und der Zinsen ist die Berufung zurückzuweisen.

I.


Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, für die ein besonderes rechtliches Interesse i. S. von §256 Abs. 1 ZPO besteht.

Das gilt auch, wenn wie im vorliegenden Fall, die Vergütung aus der angestrebten höheren Vergütungsgruppe bereits durch die Gewährung einer Zulage erreicht wird.

Denn das Feststellungsinteresse einer Eingruppierungsfeststellungsklage reicht über die Vergütungsansprüche hinaus. Mit dem Feststellungsurteil wird vielmehr der gesamte rechtliche "Status" des Arbeitnehmers bestimmt, der für die Zukunft Bedeutung haben kann (BAG, Urteil vom 26.04.1995 - 4 AZR 97/95 - BAGE 80, 61 - 73 m. w. N.).

II.


1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ergänzenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung. Damit gelten für die Eingruppierung des Klägers folgende Bestimmungen:

a) § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 08.05.1991

...
Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die
...

als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 I I fallen, beschäftigt sind. Diese Angestellten sind - gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien - in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. ...

b) Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 I I BAT-O)

Nr. 1 Zu §§ 1 und 2 - Geltungsbereich

Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen).
...

Protokollnotiz:

Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.
...

Nr. 3 a Zu §§ 22 bis 25 - Eingruppierung

Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben.
...

c) Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21.06.1991

§ 7
Besoldungsordnungen


(1) Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung. ...


Anlage 1


Ämter für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen
Besoldungsgruppe A 12

LEHRER 1) 2)

- als Diplomlehrer im Unterricht der Klassen 5 - 10 an einer allgemeinbildenden Schule -
...


1) Mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung

2) Als Eingangsamt.

d) Thüringer Besoldungsgesetz in der Fassung vom 22.08.1995

Anlage 1 Thüringer Besoldungsordnung A
...

Besoldungsgruppe A 12
...

"Regelschullehrer 3) 10)"


...
3) Als Eingangsamt.
...

10) Für Diplomlehrer und vergleichbare Lehrkräfte mit einer nach dem Recht der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erworbenen und auch im neuen Schulsystem anerkannten Lehrbefähigung für zwei Fächer der polytechnischen Oberschule (Klassen 5 bis 10).
....

Besoldungsgruppe A 13
...

"Regelschullehrer 10), 11)"
...

10) Fußnote 10 zur Besoldungsgruppe A 12 gilt entsprechend

11) Für dieses Amt dürfen höchstens 40 v. H. der Stellen für Lehrer im Regelschulbereich ausgewiesen werden.
...

Besoldungsgruppe A 14
...

"Regelschulkonrektor"

- als der ständige Vertreter des Leiters einer Regelschule mit mehr als 180 bis zu 360

Schülern - 3)
- ...

"Regelschulrektor"

- einer Regelschule mit bis 180 Schülern - 3),
- einer Regelschule mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern - 2) 3),
...


...
2) Erhält eine Amtszulage nach Anlage 3.
3) Fußnote 10 zur Besoldungsgruppe A 12 gilt entsprechend.
...

2. Der Kläger ist Lehrkraft im Sinne der tariflichen Bestimmungen. Er unterrichtet an der staatlichen Regelschule in G., einer allgemeinbildenden Schule, Mathematik und Physik. Mangels anderweitigen Sachvortrags ist auch davon auszugehen, daß die Tätigkeit des Klägers von dieser Lehrtätigkeit und nicht von der des stellvertretenden Schulleiters geprägt wird.

Damit ist gemäß § 2 Nr. 3 S. 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 für die Eingruppierung des Klägers die Anlage 1 a zum BAT-O nicht anzuwenden.

Die Eingruppierung erfolgt gem. § 2 Nr. 3 S. 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vielmehr in die Vergütungsgruppe, die nach § 11 S. 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingruppiert wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde.

Die tarifliche Verweisung auf beamtenrechtliche Vorschriften ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig (vgl. z. B. Urteil vom 24.03.1999, 10 AZR 292/98, NV., m. w. N.). Für die Einstufung des Klägers als Beamter in Thüringen sind die ab 01.07.1995 in kraft getretenen Bestimmungen des 1. Gesetzes zur Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes, welches die 2. BesÜV abgelöst hat, anzuwenden.

3. Der Kläger hat ab 01.07.1996 Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT-O, da er, stünde er im Beamtenverhältnis, ab diesem Zeitpunkt in die Besoldungsgruppe A 14 einzustufen gewesen wäre.

a) Der Kläger erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen der Besoldungsgruppe A 14.

Er ist der ständige Vertreter des Leiters der Regelschule in G., einer Schule mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern.

Er ist Diplomlehrer nach dem Recht der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik mit der auch im neuen Schulsystem anerkannten Lehrbefähigung für die Fächer Mathematik und Physik.

b) Der Kläger erfüllt auch die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für eine Einstufung in Besoldungsgruppe A 14.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts müssen die angestellten Lehrkräfte nach der tariflichen Regelung in § 2 Nr. 3 S. 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 nicht nur die in den Besoldungsgruppen genannten fachlichen und pädagogischen Anforderungen erfüllen. Außerdem ist erforderlich, daß sie in die Besoldungsgruppe auch tatsächlich eingestuft worden wären, wenn sie im Beamtenverhältnis stünden (vgl. BAG, Urteil vom 21.11.1996- 6 AZR 451/95 - AP Nr. 53 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer, m. w. N.).

Das setzt voraus, daß eine entsprechende Planstelle tatsächlich im Haushalt zur Verfügung steht (BAG, Urteil vom 13.06.1998 - 6 AZR 858/94 -, BAGE 83, 201 - 213, m. w. N.), daß der Bewerber aufgrund seiner bisherigen Leistungen für das Beförderungsamt geeignet erscheint (BAG, Urteil vom 16.10.1997 - 6 AZR 113/96 - NV) und daß die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen vorliegen (BAG, Urteil vom 24.06.1998 - 10 AZR 225/97 - NV; BAG, Beschluß vom 05.08.1999 - 6 AZN 306/99 -; BAG, Urteil vom 10.06.1998 - 10 AZR 103/97 - AP Nr. 72 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).

Entgegen der Auffassung des Klägers müssen diese Voraussetzungen auch vorliegen, wenn es sich, wie beim Kläger, um die Einstufung in ein Funktionsamt handelt.

In seinem Urteil vom 12.08.1998 ( 10 AZR 329/97 - AP Nr. 73 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer) hat das Bundesarbeitsgericht im Fall der Eingruppierung eines Förderschulkonrektors (Funktionsamt) entschieden, die Wahrnehmung der Funktion allein gebe keinen Anspruch auf Besoldung aus diesem Amt. Da die tarifliche Regelung in § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O der vergütungsrechtlichen Gleichbehandlung von angestellten und beamteten Lehrkräften diene, sei auch für die Höhergruppierung eines angestellten Lehrers gemäß einer höher bewerteten Funktionsstelle eine freie und besetzbare Planstelle erforderlich.

Das Bundesarbeitsgericht hat sich in dieser Entscheidung zwar nur mit dem Erfordernis einer besetzbaren Planstelle auseinandergesetzt (daran scheiterte der Anspruch des Klägers bereits). Aus der Begründung folgt jedoch, daß auch die übrigen beamtenrechtlichen Voraussetzungen (Eignung und Laufbahn) vorliegen müssen. Denn nur bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen kann dem der tariflichen Regelung vom Bundesarbeitsgericht entnommenen Grundsatz der vergütungsrechtlichen Gleichbehandlung von angestellten und beamteten Lehrkräften entsprochen werden.

Über die Erfüllung der haushaltsrechtlichen, persönlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen hinaus liegt es dann schließlich im personalwirtschaftlichen Ermessen des Dienstherrn, ob dem Beamten das entsprechende Amt übertragen wird. Es besteht kein Anspruch des Beamten auf Übertragung des Beförderungsamtes, sondern lediglich auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Dienstherrn in dieser Hinsicht. Einen der Tarifautomatik des BAT-O entsprechenden Aufstieg in ein höher besoldetes Amt kennt das Beamtenrecht nicht (BAG, Urteil vom 13.06.1996 - 6 AZR 858/94 - a. a. O.).

aa) Es ist davon auszugehen, daß eine entsprechende Planstelle ab 01.07.1995 im Haushalt zur Verfügung stand.

Nach der Rechtsprechung des 6. Senats (Urteil vom 13.06.1996 - 6 AZR 858/94 a. a. O.) genügt der Kläger für die Darlegung der haushaltsmäßigen Voraussetzungen für einen Aufstieg zunächst seiner Darlegungslast, wenn er vorträgt, daß im Haushalt Planstellen für vergleichbare beamtete Lehrer zur Verfügung standen und besetzt wurden (§ 138 Abs. 1 ZPO). Wird dies vom Beklagten bestritten, so muß der Beklagte substantiiert darlegen, inwieweit Planstellen für vergleichbare beamtete und ggf. angestellte Lehrkräfte im Haushalt überhaupt nachgewiesen und ggf. besetzt sind (§ 138 Abs. 2 ZPO). Ein pauschaler Vortrag des für die Aufstellung und Durchführung des Haushaltsplanes zuständigen und daher insoweit im Vergleich zum Kläger sachnäheren Landes, es stünden keine Stellen zur Verfügung, würde nicht ausreichen, da der Kläger dann keine Gelegenheit hätte, zum Sachvortrag des Beklagten im einzelnen Stellung zu nehmen.

Ergibt sich, daß keine freien Planstellen zum Zeitpunkt der begehrten Höhergruppierung oder zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung standen, ist die Klage unbegründet.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger seiner Darlegungslast genügt. Er hat behauptet, für die Einstufung des Klägers in Vergütungsgruppe I b BAT-O stehe seit dem 01.07.1995 eine entsprechende Angestelltenstelle bzw. Beamtenstelle zur Verfügung.

Diesem Vortrag ist der Beklagte zu keinem Zeitpunkt entgegengetreten, mit der Folge, daß die Voraussetzung als gegeben anzusehen ist.

bb) Der Kläger ist für das Beförderungsamt geeignet.

Seit dem 07.10.1992 übt er die Funktion des stellvertretenden Leiters der Regelschule G. aus. Da der Beklagte die Wahrnehmung und Ausübung des Amtes nicht beanstandet hat, ist davon auszugehen, daß der Kläger aufgrund seiner bisherigen Leistungen und Fähigkeiten für eine Beförderung geeignet erscheint.

cc) Der Kläger erfüllt auch die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für einen Aufstieg in Besoldungsgruppe A 14.

Nach Anlage I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 2 c und 3 b Einigungsvertrag konnten die Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung der neuen Bundesländer zu Beamten auf Probe ernannt werden. Grundlage waren das Beamtenrechtsrahmengesetz und das Bundesbeamtengesetz in der nach den Maßgabebestimmungen des Einigungsvertrages übergeleiteten Fassung und ab 01.07.1994 das Thüringer Beamtengesetz vom 10.06.1994 (GVBl. S. 589) ab. Da die Bewerber aus den neuen Bundesländern aufgrund ihrer Ausbildung in der DDR die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen konnten, konnte die Laufbahnbefähigung gemäß oben genannter Vorschriften durch eine Bewährung auf einen Dienstposten, der nach Schwierigkeit mindestens der zu übertragenden Funktion entsprochen hat, ersetzt werden. Hinsichtlich der Voraussetzungen der die Laufbahnbefähigung ersetzenden Bewährung galt gem. Nr. 3 e EV zunächst die Verordnung über die Bewährungsanforderungen für die Einstellung von Bewerbern aus der öffentlichen Verwaltung im Beitrittsgebiet in ein Bundesbeamtenverhältnis vom 09.01.1991, in Kraft seit dem 27.01.1991 (BGBl. I, 123), und danach ab 10.03.1993 die Thüringer Verordnung über die Bewährungsanforderungen für die Einstellung von Bewerbern aus dem Beitrittsgebiet in ein Beamtenverhältnis (Thüringer Bewährungsanforderungsverordnung) vom 02.02.1993 (GVBl. S. 173).

Nach diesen inhaltlich weitgehend gleichlautenden Verordnungen dauerte die Bewährungszeit für die Laufbahn des gehobenen Dienstes - wie beim Kläger - mindestens drei Jahre, wobei nach § 3 Abs. 1 der Bundes- bzw. Landespersonalausschuß (BPA, LPA) Ausnahmen zulassen konnte. Mindestens sechs Monate der Bewährungszeit sollten nach dem 03.10.1990 in der öffentlichen Verwaltung zurückgelegt werden. Es kann dahinstehen, ob die sechsmonatige Bewährungszeit nach dem 03.10.1990 bereits ab diesem Zeitraum zu laufen beginnt oder ob diese in der neuen Schulstruktur, die in Thüringen zu Beginn des Schuljahres 1991/1992 am 01.08.1991 geschaffen wurde, zurückgelegt werden mußte (so Thüringer LAG, Urteil vom 22.02.1995 - 9/2 Sa 109/94; vom 13.11.1995 - 8 Sa 1504/94).

Denn selbst wenn der Kläger bei der für ihn ungünstigsten fiktiven Betrachtungsweise frühestens am 01.02.1992 zum Beamten auf Probe hätte ernannt und eingestellt werden können, erfüllt er die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen.

Nach Abschn. III Nr. 3 b EV, § 6 Abs. 1 Thüringer Bewährungsanforderungsverordnung beträgt die Probezeit nach Einstellung in ein Beamtenverhältnis auf Probe drei Jahre, kann vom BPA bzw. LPA aber auf mindestens zwei Jahre abgekürzt werden.

Die Abkürzung der Probezeit um bis zu 12 Monate war gemäß Beschluß des LPA vom 15.03.1993 (Beschluß Nr. 330/93, Thüringer Staatsanzeiger 1993, 878) jedoch an überdurchschnittliche Leistungen gebunden, welche der Kläger nicht behauptet.

Der Kläger hätte daher ab 01.02.1992 eine Probezeit von drei Jahren absolvieren müssen und somit am 01.02.1995 zum Beamten auf Lebenszeit angestellt werden können.

Gemäß § 10 Abs. 5 Bundeslaufbahnverordnung (BLV), § 9 Abs. 1 der in Thüringen am 21.12.1995 in Kraft getretenen Thüringer Laufbahnverordnung (ThürLbVO) vom 07.12.1995 (GVBl. S. 382 ff) erfolgt die Anstellung der Beamten im Eingangsamt der Laufbahn.

Eine Beförderung kann sodann erst nach Ablauf der einjährigen Sperrfrist nach § 12 Abs. 4 Nr. 3 BLV, § 11 Abs. 3 Nr. 2 ThürLbVO erfolgen. Gemäß § 12 Abs. 3 BLV, § 11 Abs. 2 ThürLbVO dürfen Ämter, die regelmäßig zu durchlaufen sind, nicht übersprungen werden. Gemäß § 12 Abs. 5 BLV, § 11 Abs. 4 ThürLbVO darf ein Amt in der Besoldungsgruppe A 13 der Besoldungsordnung A in der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes erst verliehen werden, wenn der Beamte eine Dienstzeit von mindestens acht Jahren zurückgelegt hat. Ausnahmen von diesen regelmäßigen laufbahnrechtlichen Werdegang können nach § 44 Abs. 1 BLV, § 58 Abs. 1 ThürLbVO vom BPA bzw. LPA zugelassen werden.

Nach Nr. 2 der Gemeinsamen Grundsätze für die Beförderung von Beamtinnen und Beamten der Staatskanzlei, der Ministerien und der diesen nachgeordneten Behörden (Festlegung von Mindestdienstzeiten) vom 11.06.1996 beläuft sich die Mindestdienstzeit eines Beamten im gehobenen Dienst auf Beförderung nach A 13, der mit dem Gesamturteil "hervorragend" oder "sehr tüchtig" abschließt, auf fünf Jahre. Hiervon können die obersten Landesbehörden gemäß Nr. 4 Ausnahmen zulassen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten kann sich dieser bei der tariflich geforderten fiktiven Betrachtungsweise weder auf den Grundsatz der Einstellung des Beamten im Eingangsamt seiner Laufbahn, noch auf das Verbot des Überspringens von Ämtern, noch auf die achtjährige Dienstzeit für die Übertragung eines Amtes in der Besoldungsgruppe A 13 und auch nicht auf die Gemeinsamen Grundsätze vom 11.06.1996 berufen. Denn tatsächlich hat der Beklagte eine Ausnahmeregelung zugunsten des Klägers getroffen. Gemäß § 58 Abs. 1 ThürLbVO hat der LPA mit Beschluß Nr. 139/96 vom 16.12.1996 einem Antrag des Beklagten, Funktionsstelleninhabern eine Übernahme in das Beamtenverhältnis im ersten oder zweiten Beförderungsamt zu ermöglichen, zugestimmt. Aufgrund dieses Beschlusses wurde der Kläger abweichend von den allgemeinen Grundsätzen bereits mit Wirkung vom 01.07.1995 in Besoldungsgruppe A 13 eingestuft.

Eine Beförderung von A 13 nach A 14 wäre, stünde der Kläger im Beamtenverhältnis, jedoch erst nach Ablauf der einjährigen Sperrfrist gem. § 12 Nr. 3 BLV, § 11 Abs. 3 Nr. 2 ThürLbVO möglich. Der Kläger hätte folglich zum 01.07.1996 in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 befördert werden können.

dd) Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger habe selbst bei Vorliegen der beamtenrechtlichen Voraussetzungen keinen Anspruch auf Übertragung des Beförderungsamtes, sondern lediglich auf ermessensfehlerfreie Entscheidungen des Dienstherren.

Denn anders als in den vom BAG am 10.06.1998 (10 AZR 103/97, a. a. O.) und 21.11.1996 (6 AZR 451/95, a. a. O.) entschiedenen Fällen hat der Beklagte vorliegend von dem ihm kraft Gesetzes (Beamtenrecht) eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht.

Der Beklagte hat bisher weder besondere Laufbahnvorschriften für Beamte in Lehr- und Schulleitungsämtern, noch anderweitige Regelungen oder Richtlinien, wie etwa zum Nachweis der Eignung oder zur Festlegung der Probezeiten gem. § 10 ThürLbVO, geschaffen, obwohl er hierzu nach Bewältigung der Aufbauschwierigkeiten, jedenfalls ab dem streitgegenständlichen Zeitraum, in der Lage gewesen wäre.

Die Gemeinsamen Grundsätze vom 11.06.1996 können auch nicht herangezogen werden. Es kann dahinstehen, ob diese Regelungen inhaltlich dem dem Dienstherrn eingeräumten Ermessen entsprechen, denn der Beklagte hat in diesen Grundsätzen keine Mindestdienstzeiten für Sonderbeförderungsämter - wie beim Kläger - innerhalb der Laufbahn des gehobenen Dienstes von A 13 nach A 14 festgelegt.

Die Entscheidung des Beklagten, den Kläger allein deshalb nicht zu befördern, weil der Rektor der staatlichen Regelschule in G. bereits in Besoldungsgruppe A 14 eingestuft ist und der Kläger daher nach "dem Prinzip der Ämterstaffelung" lediglich Besoldungsgruppe A 13 beanspruchen könne, ist rechtswidrig.

Die Ermessensausübung durch den Dienstherrn erfolgt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Besoldungs- und Haushaltsrechts. Nach dem Thüringer Besoldungsgesetz sind sowohl der Regelschulkonrektor als auch der Regelschulrektor einer Regelschule mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern in Besoldungsgruppe A 14 eingestuft, wobei der Regelschulrektor eine Amtszulage erhält. Daraus folgt nicht zwingend, daß der Regelschulkonrektor immer so wie der Regelschulrektor einzustufen ist. Denn wie bereits dargelegt, steht dem Dienstherrn bei der Entscheidung der Einstufung bzw. Beförderung des Beamten ein Ermessen zu. Die Ermessensausübung hat jedoch dort ihre Grenzen, wo sie auf Dauer zu einem rechtswidrigen Zustand führt. Dies ist vorliegend der Fall. Denn nach dem vom Beklagten angewandten sogenannten Prinzip der Ämterstaffelung könnten, entgegen den gesetzlichen Regelungen des Thüringer Besoldungsgesetzes, Regelschulkonrektor und Regelschulrektor in derselben Schule nie in dieselbe Besoldungsgruppe eingestuft werden. Eine derartige Praxis entspricht nicht dem Thüringer Besoldungsgesetz, das letztlich Ausfluß des hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums der einseitigen, öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung der Beamtenverhältnisse durch den Staat ist, sondern führt vielmehr zu dessen nachträglicher Korrektur. Der Beklagte verkennt überdies, daß einer etwaigen "Ämterstaffelung" im Thüringer Besoldungsgesetz durch die Gewährung der Amtszulage an Regelschulrektoren Rechnung getragen wurde.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß der Beklagte die Beförderung des Klägers zu Unrecht abgelehnt und das ihm bei der Besetzung von Beförderungsstellen zustehende Ermessen nicht ausgeübt hat. Die Ermessensentscheidung ist daher entsprechend § 315 Abs. 3 S. 2 BGB durch Urteil vorzunehmen (Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 10.10.1995 - 9 Sa 1548/94 - Bibliothek BAG), allerdings erst zu dem Zeitpunkt, in dem auch die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Nach alledem kann der Kläger vom Beklagten ab 01.07.1996 eine der Besoldungsgruppe A 14 entsprechende Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT-O verlangen.

Für den davorliegenden Zeitraum erweist sich das Höhergruppierungsverlangen als unbegründet, so daß die Berufung insofern zurückzuweisen ist.

Gleiches gilt für den auf die rückständigen Nettodifferenzbeträge geltend gemachten Zinsanspruch. Da der Kläger durch die Gewährung der Zulage bereits eine der Vergütungsgruppe I b BAT-O entsprechende Vergütung erhalten hat, sind tatsächlich keine Differenzbeträge aufgelaufen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Dem Beklagten sind trotz Teilunterliegens des Klägers die gesamten Prozeßkosten aufzuerlegen, denn die Zuvielforderung des Klägers ist, bezogen auf die voraussichtliche Dauer der Beschäftigung bis zum Ruhestand des Klägers, gerechnet ab 01.07.1995, verhältnismäßig geringfügig und hat keine Mehrkosten veranlaßt.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache für beide Parteien zuzulassen.
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