Text des Beschlusses
BVerwG 2 B 72.06;
Verkündet am:
26.07.2007
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
Rechtskräftig: unbekannt!
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kugele und Dr. Heitz
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. August 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 223,60 € festgesetzt.
Gründe:
1Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
2Das Berufungsgericht hat entschieden, dass die Versorgungsbezüge der Klägerin zu Recht gemäß § 85 Abs. 1 und 4 BeamtVG festgesetzt worden sind, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Übergangsregelung des § 85 Abs. 1 bis 3 BeamtVG weder durch Art. 3 Abs. 1 und 2 GG noch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts eingeengt war.
3Die Klägerin tritt dieser Entscheidung mit der als Fragestellung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO formulierten Begründung entgegen, das Berufungsgericht habe verkannt, dass die „mit Einführung des Versorgungsrechtsänderungsgesetzes verbundene Änderung in Bezug auf eine Steigerung des Ruhegehaltssatzes ab dem 01.01.1992 um lediglich eins vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, § 85 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG, für Beamtinnen und Beamte, die vor dem 01.01.1992 von der Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung und/oder der Beurlaubung aus familiären Gründen Gebrauch gemacht haben, einen Nachteil darstellt, der den Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfüllt bzw. gegen nationales Verfassungsrecht, mithin Art. 6 Abs. 1 und 2, Art. 3 Abs. 1 GG verstößt“. Da das Berufungsgericht diese Fragestellung nicht erkannt habe, sei die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Das Gleiche gelte für „die Frage, ob die unterschiedliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten sowohl im Vergleich von angestellten und verbeamteten Eltern als auch bei verbeamteten Eltern, deren Kinder vor dem 01.01.1992 und derjenigen, deren Kinder nach dem Stichtag geboren sind, gerechtfertigt ist“. Dieser Vortrag führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
4Grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen aufwirft, deren im künftigen Revisionsverfahren zu erwartende Entscheidung der Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts zu dienen geeignet ist (Beschluss vom 2. Oktober 1961 BVerwG 8 B 78.61 BVerwGE 13, 90 <91 f.>; stRspr). Das ist bei den von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen nicht der Fall.
5Zwar hat der Senat in der von der Beschwerde zitierten Entscheidung vom 23. April 1998 BVerwG 2 C 2.98 (Buchholz 239.1 § 14 BeamtVG Nr. 4) da¬rauf hingewiesen, dass die bisherige Ausgestaltung der Beamtenversorgung sowohl vor wie seit 1992 ebenso wie die bisherige Ausgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung im Ergebnis zu einer Benachteiligung der Familie, namentlich der Familie mit mehreren Kindern, führe. Diese Benachteiligung betreffe nicht nur die Versorgungsregelung auf der Grundlage der seit 1. Januar 1992 geltenden linearen Ruhegehaltstabelle (§ 14 Abs. 1 BeamtVG) sowie des Kindererziehungszuschlagsgesetzes, ferner nicht nur die Auswirkungen von Kindererziehungszeiten während eines fortbestehenden Beamtenverhältnisses, sondern auch vor dessen Beginn. Die Frage der verbesserten Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten brauche aber nicht beantwortet zu werden, weil nicht zu erwarten sei, dass der aufgrund der Anwendung alten Rechts erreichte Ruhegehaltssatz bei Anwendung verbesserten neuen Rechts übertroffen werde. So liegt der Fall auch hier:
6Die mögliche Benachteiligung wirkt sich bei der Klägerin nicht aus, so dass sie in einem Revisionsverfahren weder die Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG noch das Verbot der mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts i.S.d. Art. 3 Abs. 2 GG sowie des Gemeinschaftsrechts mit Erfolg geltend machen könnte. Denn der Beklagte hat die Versorgung der Klägerin unter Anerkennung des nach altem Recht erreichten Ruhegehaltssatzes gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ermittelt, und zwar ohne Anwendung der früheren, mittelbar diskriminierend wirkenden Regelung des Versorgungsabschlags nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 und 3 BeamtVG i.d.F. vom 12. Februar 1987 (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 25. Mai 2005 BVerwG 2 C 6.04 Buchholz 239.1 § 14 BeamtVG Nr. 10; hier nicht anzuwenden gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BeamtVG i.d.F. vom 16. März 1999), so dass sich die Klägerin mit einem Ruhe¬gehaltssatz von 50,35 % wesentlich besser stellt als mit einem Ruhegehaltssatz von 39,14 %, der sich bei Anwendung der linearen Ruhegehaltsskala des neuen Rechts ergeben hätte. Damit käme es in einem Revisionsverfahren auf die Rüge der Verfassungswidrigkeit des neuen Rechts nicht an, die Verfassungswidrigkeit des früheren Rechts kann sie ebenfalls nicht rügen, weil sich Fragen im Zusammenhang mit ausgelaufenem Recht i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO grundsätzlich nicht stellen.
7Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG (Zweijahresbetrag der begehrten monatlichen Erhöhung des Ruhegehalts <24 x 342,65 €>).
Albers Dr. Kugele Dr. Heitz-----------------------------------------------------
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