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Text des Beschlusses
BVerwG 7 B 58.06;
Verkündet am: 
 22.08.2006
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Klage gegen Gemeinde auf zukünftige Unterlassung der Einleitung von Oberflächenwasser (Flut der Mosel) auf Grundstück von Privatperson abgewiesen
In der Verwaltungsstreitsache


hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 22. August 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Neumann

beschlossen:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.


Gründe:


I

1Anfang des Jahres 2003 kam es im Moseltal zu außergewöhnlich starken Niederschlägen. Nachdem die Feuerwehr der beklagten Gemeinde von einer Nachbarin der Klägerin alarmiert worden war, leitete sie das von einem steil ansteigenden Gelände zuströmende Wasser gezielt über die Hoffläche der Klägerin ab.

Die Klägerin begehrt, die Gemeinde zu verurteilen, es in Zukunft zu unterlassen, Oberflächenwasser auf ihre Grundstücke zu leiten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung insbesondere ausgeführt, der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe nicht.

II

2Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts bleibt ohne Erfolg.

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO; vgl. 1.). Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen die Zulassung der Revision ebenfalls nicht (vgl. 2.).

31. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 BVerwG 8 B 78.61 BVerwGE 13, 90 ).

4Daran fehlt es hier.

Die Beschwerde macht geltend, es bedürfe einer grundsätzlichen Abgrenzung zwischen notwendiger und damit rechtmäßiger Gefahrenabwehr einerseits und rechtswidrigen Eingriffen in das durch Art. 14 GG geschützte Privateigentum andererseits.

Das Oberverwaltungsgericht hat in Anwendung und Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Landesrechts umfassend dargelegt, warum es zu dem Ergebnis gelangt ist, dass hier eine rechtmäßige Maßnahme der Gefahrenabwehr vorlag. Eine sich in diesem Zusammenhang stellende entscheidungserhebliche und über den Einzelfall hinausreichende Frage des Bundes(verfassungs)rechts wird mit dem unsubstantiierten Vortrag der Beschwerde, eine grundsätzliche Abgrenzung sei insoweit notwendig, nicht dargelegt.

52. Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) wird überwiegend nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 3. Mai 2006 (OVG-Akte Bl. 90 ff.) hat das Oberverwaltungsgericht eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Anschließend erhielt die Klägerin Gelegenheit, Anträge zu stellen. Einen Beweisantrag hat sie aber nicht gestellt. Eine Pflicht zur weiteren Beweisaufnahme hätte daher nur bestanden, wenn eine solche sich dem Berufungsgericht hätte aufdrängen müssen. Dies hätte die Beschwerde darlegen müssen. Dies ist nicht geschehen. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung angreift, indem sie vorträgt, das Berufungsgericht habe die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nicht hinreichend überprüft, wird ein Verfahrensmangel weder ausdrücklich noch sinngemäß bezeichnet.

6Soweit die Beschwerde meint, im Rahmen seiner Aufklärungspflicht hätte das Oberverwaltungsgericht den Wehrleiter als Zeugen vernehmen und ein Gutachten zu der Frage, ob eine „Wassergefahr“ vorgelegen hatte, einholen müssen, kann dahinstehen, ob ein Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß dargelegt wird; denn jedenfalls liegt ein solcher nicht vor.

Nach der maßgebenden materiellrechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts beurteilt sich die Rechtmäßigkeit eines Feuerwehreinsatzes danach, ob die Gefahrenlage im Zeitpunkt der Einsatzentscheidung in vertretbarer Weise eingeschätzt worden ist; selbst wenn die Einsatzleitung der Feuerwehr hinsichtlich der Gefährlichkeit des Wasserabflusses einer Fehleinschätzung unterlegen sein sollte, folge daraus noch nicht die Rechtswidrigkeit ihres Vorgehens. Das Oberverwaltungsgericht hat aus dem ihm vorliegenden Bericht des Wehrleiters gefolgert, dass dieser im Zeitpunkt der Einsatzentscheidung die Lage in vertretbarer Weise eingeschätzt hatte. Eine darüber hinausgehende Beweisaufnahme durch Vernehmung des Einsatzleiters als Zeugen musste sich dem Gericht daher nicht aufdrängen. Da es auf das objektive Vorliegen einer „Wassergefahr“ nicht entscheidungserheblich ankam, erübrigte sich auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage.

7Soweit die Klägerin rügt, das Oberverwaltungsgericht hätte die Berufung nicht „zur Gänze zurückweisen dürfen“, sondern dem Unterlassungsantrag insoweit stattgeben müssen, als er sich auf „Niederschlagswasser ohne Wassergefahr“ bezogen habe, kommt als Verfahrensfehler allenfalls ein Verstoß gegen das Überzeugungsgebot (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) oder die Begründungspflicht (§ 138 Nr. 6 VwGO) in Betracht. Beides trifft nicht zu. Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht etwa einen Teil des Klagebegehrens unbeschieden gelassen.

8Das Maß der gerichtlichen Begründungspflicht richtet sich nach dem zuletzt in der mündlichen Verhandlung zur Entscheidung gestellten Antrag (nicht wie die Beschwerde offenbar meint nach dem in der Klageschrift angekündigten Antrag). Im Streit waren aber nur Ableitungsmaßnahmen nach Starkregen, wie die Klägerin im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14. März 2005 (dort S. 3) und vom 18. Juli 2005 (dort S. 7) selbst einräumt; dies wird bestätigt durch die Erklärung der Beklagten (Schriftsätze vom 23. März 2005 und vom 5. Dezember 2005), bei einem „derartigen Abflussereignis“ werde auch künftig eine „Schadenminimierung durch analoge Maßnahmen“ in Betracht gezogen.

Unter diesen Umständen konnte das Oberverwaltungsgericht davon ausgehen, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nur auf Maßnahmen bei Starkregen bezog. Angesichts der im Berufungsurteil auf S. 10 wiedergegebenen Erklärung der Beklagten, nur bei einer „Wassergefahr“, also bei Starkregen, vergleichbare Ableitungsvorkehrungen vorzunehmen, würde im Übrigen für einen darüber hinausgehenden Unterlassungsanspruch wie ihn die Beschwerde jetzt formuliert das Rechtsschutzbedürfnis fehlen; dementsprechend hat das Oberverwaltungsgericht die Zulässigkeit der Klage auch nur mit Blick auf nicht auszuschließende „vergleichbare Ereignisse“, also einen „außergewöhnlichen Wasserabfluss“ (BU S. 7) bejaht.

9Den auf Starkregen bezogenen, allein zur gerichtlichen Entscheidung gestellten Unterlassungsanspruch hat das Oberverwaltungsgericht mit plausibler, sowohl dem Gebot des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO als auch des § 138 Nr. 6 VwGO genügenden Begründung erörtert.

10Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Sailer Krauß Neumann
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