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Text des Beschlusses
BVerwG 5 B 70.05;
Verkündet am: 
 19.06.2006
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Vorinstanzen:
VGH 7 S 263/03
Verwaltungsgerichtshof
Baden-Württemberg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. Mai 2006 hat keinen Erfolg.
In der Verwaltungsstreitsache


hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 19. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Säcker und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Franke und Prof. Dr. Berlit

beschlossen:

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe:


1Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. Mai 2006 hat keinen Erfolg.

2Die Revision ist nicht wegen der ihr von der Beigeladenen beigemessenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3Die von der Beschwerde aufgeworfene, als klärungsbedürftig bezeichnete Frage nach dem „Rangverhältnis des § 10a Abs. 2 Satz 1 gegenüber dem § 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG“ bzw. die Frage, ob „§ 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG als lex specialis der Bestimmung des Satzes 1 vorgeht“, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie lässt sich ohne Durchführung des Revisionsverfahrens schon nach dem Wortlaut des Gesetzes, jedenfalls auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahin beantworten, dass die Zuständigkeitsregelung des Satzes 3 des § 10a Abs. 2 AsylbLG, soweit ihre Anwendungsvoraussetzungen vorliegen, als speziellere Regelung der des Satzes 1 vorgeht. § 10a Abs. 2 AsylbLG ist § 97 Abs. 2 BSHG (in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) nachgebildet (s.a. BTDrucks 13/2746, 18); zu dieser Vorschrift hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 6. Februar 2003 ( BVerwG 5 C 9.02 FEVS 54, 385) ausgeführt:

„Nach dieser Regelung hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Hilfe unverzüglich zu entscheiden und ‚vorläufig’ einzutreten, wenn nicht spätestens innerhalb von vier Wochen feststeht, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist. Die Verweisung auf den ‚nach Absatz 1 zuständige(n) Träger der Sozialhilfe’, also den Träger, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger tatsächlich aufhält, ergänzt die in § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 BSHG getroffenen Zuständigkeitsregelungen und ist keine Rechtsgrundverweisung. Sie dient im Interesse einer schnellen, effektiven Hilfegewährung der eigenständigen Bestimmung des nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG zur unverzüglichen Entscheidung und vorläufigen Leistungsgewährung örtlich zuständigen Trägers der Sozialhilfe, so dass sich in den von dieser Regelung erfassten Fällen die örtliche Zuständigkeit nicht originär, sondern kraft Verweisung nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG richtet.

…

Die Pflicht, ‚vorläufig einzutreten’, ist keine nur vorläufige Pflicht. Sie ist vielmehr im Verhältnis zum Hilfeempfänger dann eine dauerhafte, wenn nach § 97 Abs. 2 Satz 1 oder 2 BSHG zuständige Träger nicht rechtzeitig geleistet haben und deshalb nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG unverzüglich zu entscheiden und vorläufig einzutreten war. Damit gehen Zweifel in Bezug auf eine Zuständigkeit nach § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 BSHG nicht zu Lasten des Hilfeempfängers.

Gleichwohl bleibt die Leistungserbringung nach § 97 Abs. 2 Satz 3 eine ‚vorläufige Leistungsgewährung’. Denn dem nach dieser Vorschrift Eintrittspflichtigen sind die dafür aufgewendeten Kosten von einem anderen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 BSHG von einem anderen örtlichen, nach § 103 Abs. 1 Satz 2 BSHG von dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe zu erstatten, belasten ihn also nicht endgültig.“

4Nach diesen Erwägungen, die auf die nahezu wort- und im Übrigen inhaltsgleiche Regelung des § 10a Abs. 2 AsylbLG zu übertragen sind, ist geklärt, dass in den Fällen, in denen wie von dem Berufungsgericht angenommen die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 für eine vorläufige Eintrittspflicht der nach Absatz 1 zuständigen Behörde vorliegen, diese im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten nicht auf die vermeintlich oder tatsächlich vorrangige Zuständigkeit einer anderen Behörde nach Absatz 2 Satz 1 verweisen kann und die nach Absatz 1 zuständige Behörde des Zuweisungs- oder des tatsächlichen Aufenthaltsortes, die nach Absatz 2 Satz 3 vorläufig zu leisten hat, auf eine Erstattung der Aufwendungen zu verweisen ist. Ob das Berufungsgericht zu Recht einen Fall des § 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG angenommen hat, betrifft eine rechtsgrundsätzlicher Klärung nicht zugängliche Frage der einzelfallbezogenen Rechtsanwendung unter Würdigung des Sachverhalts.

5Bei dieser Sachlage bedarf es nicht der Entscheidung, ob eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch aus den Gründen des Beschlusses des Senats vom 22. März 2005 BVerwG 5 B 55.04 (dazu Hinweisschreiben vom 2. März 2006) zu verneinen ist.

6Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Nicht zu entscheiden ist, ob das Vorbringen in dem Schriftsatz vom 2. August 2005, das Berufungsgericht habe sich gegen die Bewertung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Aufnahme im Diakonissenkrankenhaus ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des beklagten Landkreises gehabt, „überraschend auf die nicht nachvollziehbare Position zurückgezogen, der Aufenthalt der Klägerin zum Zeitpunkt der Einweisung in das Diakonissenkrankenhaus sei noch immer ungeklärt“, den an die Darlegung eines Verfahrensmangels (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) zu stellenden Mindestanforderungen genügt und das Vorbringen in den nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen vom 14. Oktober 2005 und 24. März 2006 als lediglich ergänzende Begründung einer fristgerecht erhobenen Verfahrensrüge zu werten ist. Denn das Berufungsgericht hat seine Bewertung, dass die örtliche Zuständigkeit hier nach § 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG zu beurteilen sei, sowohl darauf gestützt, dass es sich um einen Eilfall i.S.d. § 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG handele (Entscheidungsgründe III. 2. a) aa), Urteilsabdruck S. 8 f.), als auch darauf, dass „auch die zweite Alternative des § 10a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG erfüllt“ sei, weil „ein für die Bestimmung der Zuständigkeit ausreichender gewöhnlicher Aufenthalt (…) nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von vier Wochen nach Eintritt des Bedarfsfalls“ feststand (Entscheidungsgründe III. 2. a) bb), Urteilsabdruck S. 9 f.). Die beanstandeten Erwägungen sind von dem Berufungsgericht nur als weitere selbständig tragende Begründung („Hinzu kommt …“; „auch die zweite Alternative … erfüllt“) der die Entscheidung insoweit selbständig tragenden Begründung hinzugefügt worden, es handele sich um einen Eilfall. Dazu verhält sich die Verfahrensrüge nicht. Ist ein Urteil des Berufungsgerichts auf mehrere selbständig tragende Erwägungen gestützt, so darf die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund vorliegt (stRspr s. etwa BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 1998 BVerwG 11 B 37.97 NVwZ 1998, 850).

7Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

Dr. Säcker Dr. Franke Prof. Dr. Berlit
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