Text des Beschlusses
BVerwG 4 B 18.06;
Verkündet am:
21.06.2006
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
Rechtskräftig: unbekannt!
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Klägerinnen beimessen.
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 21. Juni 2006 durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Halama, Prof. Dr. Rojahn und Gatz
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. November 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu je einem Fünftel.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 250 000 € festgesetzt.
Gründe:
1Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Klägerinnen beimessen.
2Das Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass für den Erlass des Bescheides vom 29. Juli 2004, mit dem der Beklagte die Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel widerrufen hat, eine Ermächtigungsgrundlage nicht erforderlich sei (UA S. 13). Sollte er einer Ermächtigungsgrundlage bedürfen, wäre er ebenfalls rechtmäßig. Er ließe sich auf § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG stützen (UA S. 25), unabhängig davon käme auch eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG in Betracht (UA S. 26), und schließlich könne § 49 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 BlnVwVfG) als Rechtsgrundlage herangezogen werden (UA S. 26). Mit ihrer in verschiedene Einkleidungen gewandete Frage möchte die Beschwerde rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, ob der Widerruf der Betriebsgenehmigung für einen Verkehrsflughafen auf Antrag des Flugplatzunternehmers einer Ermächtigungsgrundlage bedarf und bejahenden¬falls auf welche Ermächtigungsgrundlage er gestützt werden kann.
3Entgegen der Ansicht der Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Betriebsgenehmigung nicht alternativ begründet (vgl. Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte; Rn. 130 S. 55: „entweder deshalb oder deshalb, so dass unentschieden bleiben kann, ob …“), sondern kumulativ, weil sein Ergebnis durch ein „sowohl deshalb als auch deshalb“ gedeckt wird (vgl. Weyreuther, a.a.O. Rn. 129 S. 54). Während es im Fall einer alternativen Mehrfachbegründung ausreicht, dass die Beschwerde einen Begründungsteil in zulässiger Weise angreift (BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 1993 BVerwG 4 NB 3.93 NVwZ 1994, 269), kann im Fall einer kumulativen Mehrfachbegründung die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder Begründung ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1994 BVerwG 11 PKH 28.94 Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Die Beschwerde hätte deshalb darlegen müssen, dass jedes Begründungselement der vorinstanzlichen Entscheidung eine Frage aufwirft, die grundsätzlich klärungsbedürftig ist. Dieser Anforderung ist sie nicht gerecht geworden.
4Die Beschwerde scheitert jedenfalls daran, dass sie sich nicht dazu äußert, warum die Frage nach der analogen Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG, mit der das Oberverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit des Bescheides seine Entscheidung selbständig tragend bestätigt hat, grundsätzlich klärungsbedürftig sein soll. Darüber vermag der Hinweis auf das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung zur Frage der Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf einer luftrechtlichen Betriebsgenehmigung nicht hinwegzuhelfen. Vielmehr hätten die Gründe dargetan werden müssen, aus denen sich die Möglichkeit von Zweifeln an der Zulässigkeit der analogen Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG ergibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. März 1993 BVerwG 3 B 105.92 NJW 1993, 2825 ). Der Beschwerde scheint entgangen zu sein, dass das Oberverwaltungsgericht in § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG analog eine Rechtsgrundlage für den Widerrufsbescheid gesehen hat. Trotz der Formulierung „käme … in Betracht“ hat es die entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG nicht nur erwogen, sondern sich auf sie festgelegt; denn es hat keinen Grund dafür ausgemacht, warum die Aufhebung der luftrechtlichen Genehmigung anders zu beurteilen sei als ein Antrag auf deren Erteilung oder Änderung (UA S. 26).
5Der Beschwerde ist überdies vorzuhalten, dass sie zu § 49 VwVfG keinen entscheidungserheblichen Klärungsbedarf aufzeigt. Zwar mag die Frage, ob die allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Rücknahme- und Widerrufsvorschriften neben den Widerrufsvorschriften des LuftVG grundsätzlich anwendbar sind, angesichts ablehnender Stimmen im Schrifttum von fallübergreifender Bedeutung sein (vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1997 BVerwG 11 C 1.96 BVerwGE 105, 6 ). Das Oberverwaltungsgericht hat diese Frage aber offen gelassen, weil es die Anwendbarkeit des § 49 VwVfG mit dem wirksamen Verzicht der Beigeladenen auf Vertrauensschutz begründet hat. Dem tritt die Beschwerde nicht substanziiert entgegen. Mit der apodiktischen Behauptung, ein Verzicht auf Vertrauensschutz der Beigeladenen wirke sich auf die Ausschlusswirkung der Widerrufsvorschriften im Luftverkehrsrecht nicht aus, ist es nicht getan.
6Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab, da sie nicht zur Klärung der Voraussetzungen beitragen könnte, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
7Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Halama Prof. Dr. Rojahn Gatz-----------------------------------------------------
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