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Text des Beschlusses
BVerwG 4 BN 17.06;
Verkündet am: 
 22.06.2006
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
In der Normenkontrollsache


hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 22. Juni 2006 durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Halama, Prof. Dr. Rojahn und Gatz

beschlossen:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Februar 2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.


Gründe:


1Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2Das Oberverwaltungsgericht hat den Bebauungsplan Nr. 1 „Wohnpark Havelblick“ der Antragsgegnerin aus zwei Gründen wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 6 BauGB a.F. für unwirksam erklärt. Der Plan leide zum einen an einem Abwägungsdefizit, weil die Antragsgegnerin die durch die uneingeschränkte Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft (§ 9 Abs. 1 Nr. 18a BauGB a.F.) unmittelbar neben der Ausweisung eines allgemeinen Wohngebiets (§ 4 Abs. 1 BauNVO) auf dem Flurstück 58 entstehende Konfliktlage offenbar verkannt und auch nicht gelöst habe (UA S. 22). Der Plan sei zum anderen abwägungsfehlerhaft, weil er gegen das Gebot der Konfliktbewältigung verstoße (UA S. 25). Ist die vorinstanzliche Entscheidung wie hier auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1994 BVerwG 11 PKH 28.94 Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.

3Die Beschwerde, die dies zutreffend erkennt, greift beide Begründungselemente mit Zulassungsrügen an. Da diese bereits in Bezug auf die erste Begründung erfolglos bleiben, kann dahinstehen, ob hinsichtlich der zweiten Begründung ein Grund für die Zulassung der Revision aufgezeigt wird.

41. Die von der Beschwerde formulierten Fragen zur Zulässigkeit des Nebeneinanders von Wohn- und landwirtschaftlicher Nutzung rechtfertigen es nicht, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Dies gilt schon deshalb, weil sie auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zugeschnitten sind, nämlich auf den als gegeben behaupteten Sachverhalt, dass im Gebiet des Bebauungsplans und in dessen Nähe keine emittierenden landwirtschaftlichen Nutzungen und kein landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude vorhanden sind und die Antragstellerin im Bebauungsplanverfahren auch keine konkreten Nutzungsvorstellungen vorgetragen hat.

5Soweit das von der Beschwerde angesprochene Thema auf verallgemeinerungsfähige Fragen führt, lassen sich diese auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung im Sinne des angefochtenen Urteils beantworten. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Bauleitplanung regelmäßig verfehlt ist, wenn sie unter Verstoß gegen den Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG dem Wohnen dienende Gebiete anderen Gebiete so zuordnet, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die Wohngebiete nicht soweit wie möglich vermieden werden (BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2002 BVerwG 4 BN 3.02 BRS 65 Nr. 9). Dass der Trennungsgrundsatz nicht nur im Verhältnis von Wohngebieten zu Gewerbe- und Industriegebieten Geltung beansprucht, sondern auch bei einem Nebeneinander von Wohngebieten und landwirtschaftlichen Nutzflächen, versteht sich von selbst und bedarf nicht der Bekräftigung in einem Revisionsverfahren. Der Grundsatz der zweckmäßigen Zuordnung von unverträglichen Nutzungen ist ein wesentliches Element geordneter städtebaulicher Entwicklung und damit ein elementares Prinzip städtebaulicher Planung. Anders als bei einer durch ein bereits vorhandenes Nebeneinander konfliktträchtiger Nutzungen geprägten Gemengelage darf die Gemeinde deshalb nicht ohne zwingenden Grund selbst die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Vorbelastungen dadurch schaffen, dass sie in einen durch ein erhöhtes Immissionspotenzial gekennzeichneten Bereich ein störempfindliches Wohngebiet hineinplant und damit aus einem Wohngebiet in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht in Wahrheit ein Dorf- oder Mischgebiet macht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 2003 BVerwG 4 BN 5.03 Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 116). Ob und inwieweit ein mit der Wohnnutzung konfligierendes Immissionspotenzial zu einer Änderung des Gebietscharakters eines Wohngebiets führt, beurteilt sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls.

62. Die Divergenzrüge ist unbegründet. Das Normenkontrollurteil weicht nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab; denn es enthält keinen Rechtssatz, der in Anwendung derselben Rechtsvorschrift einem Rechtssatz in den Entscheidungen des Senats vom 10. November 1998 BVerwG 4 BN 44.98 (NVwZ RR 1999, 423) und 5. September 2000 BVerwG 4 B 56.00 (RdL 2000, 317) widerspricht.

7Das Oberverwaltungsgericht hat dem Rechtssatz im Senatsbeschluss vom 10. November 1998, unklare oder unverbindliche Absichtserklärungen hinsichtlich der Entwicklung eines landwirtschaftlichen Betriebs seien bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen nach § 1 Abs. 6 BauGB (a.F.) nicht zu berücksichtigen, keinen anders lautenden Rechtssatz gegenübergestellt. Einen Rechtssatz des Inhalts, auch vage und unbestimmte Nutzungsinteressen seien abwägungserheblich, enthält das Normenkontrollurteil weder ausdrücklich noch sinngemäß. Wenn das Oberverwaltungsgericht der Antragsgegnerin vorhält, sie hätte auch in Rechnung stellen müssen, dass das Flurstück 58 für einen landwirtschaftlichen Vollerwerb mit Viehhaltung genutzt werde (UA S. 23), so beruht dies nicht darauf, dass die Antragstellerin bekundet habe, sich eine solche Nutzung eventuell vorstellen zu können, sondern auf der Erwägung, dass eine derartige Nutzung im Rahmen einer normalen, von ständigem Anpassungsdruck gekennzeichneten Betriebsentwicklung liege.

8Eine Divergenz zum Senatsbeschluss vom 5. September 2000 scheidet schon deshalb aus, weil sich der Beschluss nicht zum Abwägungsgebot in der Bauleitplanung, sondern zu § 35 BauGB verhält.

9Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Halama Prof. Dr. Rojahn Gatz
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