Text des Beschlusses
IX ZB 36/05;
Verkündet am:
30.03.2006
BGH Bundesgerichtshof
Rechtskräftig: unbekannt!
Beschluss - Kurz
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter, Kayser und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Fischer am 30. März 2006
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 20. Januar 2005 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 als unzulässig verworfen.
Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 25.170 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Durch Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - Zweibrücken vom 20. März 2003 wurde ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin mangels Masse abgewiesen. Der Beschluss wurde rechtskräftig. Im Handelsregister wurde eingetragen, dass die Schuldnerin aufgelöst sei; am 25. September 2003 wurde die Bestellung des jetzigen Liquidators eingetragen.
Am 6. Dezember 2004 stellte der Liquidator erneut Insolvenzantrag. Er verwies darauf, dass die Schuldnerin aus einem Prozess einen Betrag von 25.170 € erhalten habe, der nun ordnungsgemäß verteilt werden müsse. Mit Beschluss vom 7. Dezember 2004 ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Der (weitere) Beteiligte zu 1 ist aufgrund einer Abtretung vom 18./21. November 2004 Inhaber einer titulierten Forderung gegen die Schuldnerin in Höhe von 25.896,72 € (einschließlich Kosten und Zinsen bis 10. November 2004). Die Zedentin hatte zuvor die Vorpfändung der Forderung der Schuldnerin bewirkt, auf welche der Betrag von 25.170 € gezahlt worden ist. Am 13. Dezember 2004 hat der Beteiligte zu 1 "Rechtsmittel" gegen den Eröffnungsbeschluss eingelegt. Seiner Ansicht nach steht die Rechtskraft des die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ablehnenden Beschlusses vom 20. März 2003 dem jetzigen Eröffnungsbeschluss entgegen. Die Vermögenslage der Schuldnerin habe sich seither nicht geändert. Insbesondere sei die Forderung, die nun im Prozesswege beigetrieben worden sei, seinerzeit schon bekannt gewesen und bei der Entscheidung darüber, ob eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse vorhanden sei, berücksichtigt worden. Das Landgericht - Einzelrichterin - hat die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 den Antrag auf Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses und Zurückweisung des Eröffnungsantrags weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist bereits unstatthaft.
1. Gemäß § 574 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie zugelassen hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Gesetz eine Anfechtung der Entscheidung ausschließt. Die Befugnis zur Rechtsbeschwerde setzt daher grundsätzlich voraus, dass die sofortige Beschwerde statthaft war (BGHZ 144, 78, 82; 158, 212, 214). Das war hier nicht der Fall. Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung dies ausdrücklich vorschreibt (§ 6 InsO). Gemäß § 34 Abs. 2 InsO steht nur dem Insolvenzschuldner die sofortige Beschwerde gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu.
2. Der Ausschluss eines Rechtsmittels verstößt nicht gegen die aus Art. 19 Abs. 4 GG und dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende Garantie effektiven Rechtsschutzes. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, unter Abwägung und Ausgleich der verschiedenen betroffenen Interessen zu entscheiden, ob es bei einer Instanz bleiben soll oder ob mehrere Instanzen bereitgestellt und unter welchen Voraussetzungen sie angerufen werden (BVerfG NJW 2003, 1924; BGH, Beschl. v. 16. Oktober 2003 - IX ZB 599/02, WM 2003, 2390, 2392). Der Gläubiger ist nach der Insolvenzordnung - wie schon gemäß § 109 KO - nicht berechtigt, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen seines Schuldners mit der sofortigen Beschwerde anzugreifen. Diese Wertentscheidung des Gesetzgebers hat der Beteiligte zu 1 hinzunehmen.
3. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ändert trotz der grundsätzlichen Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an die Zulassungsentscheidung nichts daran, dass die Rechtsbeschwerde nicht statthaft ist (vgl. BGH, Beschl. v. 12. September 2002 - III ZB 43/02, WM 2003, 455; Beschl. v. 8. Oktober 2002 - VI ZB 27/02, NJW 2003, 211, 212). Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich gegeben ist. Sie wird aber nicht in den Fällen eröffnet, in denen die Anfechtbarkeit einer Entscheidung gesetzlich ausgeschlossen ist (BGH, Beschl. v. 8. Oktober 2002, aaO; für die Revision bereits BGHZ 3, 244, 246 ff). Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch den Ausspruch eines Gerichts der Anfechtung unterworfen werden.
4. Die Rechtsbeschwerde führt schließlich nicht deswegen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil diese unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen wäre. Zwar hätte die Einzelrichterin das Verfahren wegen der von ihr angenommenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung allein kann ein Rechtsmittel jedoch nicht gestützt werden (§ 568 Satz 3 ZPO). Eine dem Kollegium vorbehaltene, den Senat bindende Zulassungsentscheidung (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO) liegt nicht vor, weil die Rechtsbeschwerde nicht statthaft ist (zum ähnlichen Fall der Zulassung einer bereits kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde vgl. BGH, Beschl. v. 25. September 2003 - IX ZB 24/03, ZVI 2003, 606 f).
Ganter Kayser Vill Lohmann Fischer
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