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Text des Beschlusses
BVerwG 1 WB 12.05;
Verkündet am: 
 27.04.2005
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Vorbeiflug einer Ehrenformation; Trauerfeier; eigene Rechte; Maßnahme.
Leitsatz des Gerichts:
1. Ein Soldat hat unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch darauf, dass eine Trauerfeier für verunglückte Kameraden gerade in der von ihm für angemessen erachteten Weise durchgeführt wird.

2. Zu den von der Pflicht zur Kameradschaft erfassten Rechten gehört kein Anspruch auf Vorbeiflug einer Ehrenformation von Kampfflugzeugen.
Der Antragsteller im Dienstrang eines Majors wendet sich nach Zurückweisung seiner Beschwerde durch den Bundesminister der Verteidigung in seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Nichtgenehmigung des Vorbeifluges einer Ehrenformation von Tornado-Kampfflugzeugen ("lost Man Formation") anlässlich einer Trauerfeier für zwei tödlich verunglückte Kameraden. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen.


Gründe:


Die durch den Befehlshaber Luftwaffenführungskommando erfolgte Ablehnung des Antrages des stellvertretenden Kommodore des Jagdbombergeschwaders sowie das entsprechend dem Geschwaderbefehl erfolgte Unterbleiben des Vorbeifluges einer Ehrenformation von Tornado-Kampfflugzeugen anlässlich der Trauerfeier auf dem Flugplatz L. waren keine an oder gegen den Antragsteller gerichtete dienstliche Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO. Sie wirkten auch ersichtlich nicht in die Rechtssphäre des Antragstellers hinein, sodass eine Verletzung eigener Rechte des Antragstellers, namentlich der von ihm geltend gemachten Pflichten aus § 10 SG, der Pflicht zu Kameradschaft (§ 12 Satz 2 SG), seiner Menschenwürde (§ 6 SG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) oder seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 6 SG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG), ausgeschlossen ist. Die getroffene Entscheidung, den Vorbeiflug einer Ehrenformation für Trauerfeiern auch im vorliegenden Fall nicht (mehr) zuzulassen, betraf eine besondere Form der Ausgestaltung des Dienstes. Sie lag in der Kompetenz der dafür zuständigen Vorgesetzten. Diese und nicht der Antragsteller hatten darüber zu befinden, ob Bundeswehr-Flugzeuge im Rahmen der Trauerfeier für zwei tödlich verunglückte Kameraden des Antragstellers eingesetzt werden sollten oder nicht. Ihnen oblag insbesondere auch die Verantwortung zu entscheiden, ob aus diesem Anlass die mit Formations- und Vorbeiflügen typischerweise verbundenen Risiken eingegangen werden sollten oder nicht. Ein rechtlich geschütztes individuelles Interesse oder ein eigenes Recht an der Ausgestaltung der Trauerfeier gerade unter Einschluss eines Vorbeifluges einer Ehrenformation von Tornado-Kampfflugzeugen stand und steht dem Antragsteller ersichtlich nicht zu.

1

Darauf, ob sich der Antragsteller wie er vorträgt durch die angegriffene Entscheidung und die Nichtdurchführung des Vorbeifluges in seinem „Traditionsverständnis“ verletzt fühlt, kommt es nicht an. Er hat unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt einen rechtlichen Anspruch darauf, dass die zuständigen Vorgesetzten sein (individuelles) „Traditionsverständnis“ oder seine (individuelle) Auffassung von „einem sozialtypischen und durch Kameradschaft geprägten Verhalten“ teilen. Dies gilt auch dann, wenn er sich bei seiner Einschätzung in Übereinstimmung mit anderen Soldaten oder anderen Personen weiß. Zu den nach § 12 Satz 2 SG von der Kameradschaftspflicht erfassten Rechten („die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden“) gehört kein Anspruch auf Vorbeiflug einer Ehrenformation von Kampfflugzeugen.

2

Auch die vom Antragsteller geltend gemachte „persönliche Betroffenheit“ über die erfolgte Nichtgenehmigung und Nicht-Durch¬führung des von ihm gewünschten Vorbeifluges einer Ehrenformation von Tornado-Kampfflugzeugen anlässlich der Trauerfeier vermag unter keinem in Betracht kommenden Gesichtspunkt eine Verletzung seiner Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) oder seines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) als möglich erscheinen lassen. Der Antragsteller hat unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt einen Rechtsanspruch darauf, dass die Trauerfeier für verstorbene Kameraden gerade in der von ihm gewünschten und für angemessen erachteten Weise durchgeführt wird. Es fehlt an jedem Anhaltspunkt dafür, dass der durch Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete grundrechtliche Schutz der Menschenwürde oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht beinhalten, militärische Vorgesetzte eines Soldaten verpflichten zu können, einen Überflug/Vorbeiflug einer Ehrenformation von Kampfflugzeugen anlässlich einer Trauerfeier für verunglückte Kameraden zu genehmigen, anzuordnen oder durchzuführen.

3

Soweit der Antragsteller vorträgt, dass er das Beschwerdeverfahren im (vermeintlichen) Interesse seiner verunglückten Kameraden betreibe, ergibt sich daraus nichts anderes. Insoweit fehlt dem Antragsteller bereits die Beschwerdebefugnis. Denn im Wehrbeschwerde-Verfahren kann er wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO unmissverständlich ergibt lediglich eine Verletzung „seiner“ Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten „ihm gegenüber“ geltend machen. Es ist angesichts dieser klaren gesetzlichen Regelung auch nicht Sache des Antragstellers, etwaige diesbezügliche reale oder vermeintliche Erwartungen von Hinterbliebenen der verunglückten Soldaten oder anderer Personen mit einer Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung geltend zu machen.

4

Rechtlich ohne Bedeutung ist des Weiteren, ob sich der Antragsteller vor, während oder nach der Trauerfeier wie er vorträgt dafür „geschämt“ hat, dass diese ohne den von ihm für erforderlich und angemessen gehaltenen Vorbeiflug einer Ehrenformation von Tornado-Kampfflugzeugen stattfand.

5

Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, durch den unterbliebenen Vorbeiflug sei er in seinen „Vorgesetztenpflichten“ verletzt worden, fehlt es dafür an jedem Anhaltspunkt.

6

Dr. Frentz Prof. Dr. Widmaier Dr. Deiseroth Schwarz Köhn
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