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Text des Beschlusses
1 BvR 1639/95;
Verkündet am: 
 12.03.1998
BVerfG Bundesverfassungsgericht
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Archiv - Kurzer Beschluß (ap)
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

des Herrn B...,

des Herrn Dr. F...,

des Herrn J...,

des Herrn Dr. Sch...,

des Herrn Dr. S...

- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Hildebrecht Braun und
Partner, Tal 13, München -

gegen

1. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 3 und 4, Art. 6 Abs. 4, Art. 7 Abs. 2 Satz 1 und 2, Art. 20 und 22 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) vom 24. August 1990 (GVBl S. 323) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes vom 8. Juli 1994 (GVBl S. 551),

2. § 2 des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen
Verfassungsschutzgesetzes vom 8. Juli 1994 (GVBl S. 551)

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den

Vizepräsidenten Papier, die Richter Grimm, Hömig

gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. März 1998 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Annahmegründe sind nicht gegeben. Zwar kommt der Frage, ob die Aufgaben des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz auf die Beobachtung von Bestrebungen und Tätigkeiten der organisierten Kriminalität erstreckt und insoweit auch die Befugnisse erweitert werden dürfen, grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil sie nicht den Begründungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG genügt.
1

Die für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde erforderliche Beschwerdebefugnis setzt voraus, daß sich aus dem Sachvortrag mit hinreichender Deutlichkeit die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung ergibt. Wird eine Verfassungsbeschwerde gegen gesetzliche Bestimmungen eingelegt, ist die gesonderte Darlegung einer eigenen, unmittelbaren und gegenwärtigen Betroffenheit erforderlich (BVerfGE 1, 97 <101 ff.>; 18, 1 <11 ff.>; 60, 360 <369 ff.>; 74, 297 <318 ff.>; 91, 294 <305>; stRspr). Kann ein Grundrechtsträger nach der gesetzlichen Ausgestaltung und nach dem tatsächlichen Geschehensablauf nicht wissen, ob er tatsächlich von den gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen betroffen ist, reicht es aus, wenn er darlegt, daß er mit einiger Wahrscheinlichkeit in seinen Grundrechten verletzt sei (BVerfGE 67, 157 <169 f.>). Dadurch werden die Anforderungen an die Begründung mit Rücksicht auf den erreichbaren Kenntnisstand modifiziert. Ein substantiiertes Vorbringen wird aber keineswegs in jeder Hinsicht entbehrlich.
2

Die Anforderungen an eine substantiierte Begründung erfüllt das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht. Zwar können sie mit Blick auf den - nicht als verfassungswidrig gerügten - Art. 11 Abs. 1 BayVSG, der einen Anspruch auf Auskunft über die beim Landesamt für Verfassungsschutz in Dateien oder Akten gespeicherten Informationen ausschließt und nur bei besonderem Interesse einer Person an einer Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten einen Anspruch auf Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen einräumt, vortragen, daß sie in der Regel nicht erfahren, ob das Landesamt für Verfassungsschutz über sie Informationen gewinnt und Daten speichert und nutzt. Im übrigen wird eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Grundrechten aber nicht substantiiert dargelegt. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG wird lediglich in der Einführung der Verfassungsbeschwerde benannt, in deren Begründung jedoch nur noch im Rahmen der - mangels Betroffenheit der Beschwerdeführer von vornherein unzulässigen - Rüge der Verfassungswidrigkeit des Art. 7 Abs. 2 BayVSG angeführt und im übrigen nicht mehr erwähnt. Die Beschwerdeführer beschränken sich darauf, auf objektivrechtliche Vorgaben des Grundgesetzes hinzuweisen. Daraus wird nicht hinreichend erkennbar, daß eine Verletzung ihrer Grundrechte mit dem genannten Maß an Wahrscheinlichkeit in Betracht kommt.
3

Das betrifft unter anderem die Rüge einer Verletzung des - in der Verfassungsbeschwerde mit Hinweis auf Art. 73 Nr. 10 Buchstabe b, 87 Abs. 1 Satz 2 GG und auf den sogenannten "Polizei-Brief" angeführten - Gebots der Trennung zwischen Verfassungsschutz und Polizei. Im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BayVSG werden lediglich das Trennungsgebot sowie Art. 31 GG, im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayVSG werden nur das Rechtsstaatsprinzip sowie der Vorbehalt des Gesetzes als verletzt gerügt. Die Rüge einer Verfassungswidrigkeit des Art. 6 Abs. 4 BayVSG ist zu unsubstantiiert. Die Herabsetzung der in Art. 7 Abs. 2 BayVSG geregelten Altersgrenze über die Speicherung personenbezogener Daten über das Verhalten von Minderjährigen betrifft die Beschwerdeführer nicht. Ebensowenig machen die Beschwerdeführer in ihrem Vortrag deutlich, inwiefern die nach ihrer Ansicht unzureichende Regelung der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes gegen ihre Grundrechte verstößt.
4

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
5

Papier Grimm Hömig
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